Matthias Reinhart, CEO und Hauptaktionär der VZ Gruppe, im Interview

Matthias Reinhart, CEO und Hauptaktionär der VZ Gruppe, im Interview
Matthias Reinhart, CEO und Hauptaktionär der VZ Gruppe. (Foto: zvg)

Matthias Reinhart, CEO und Hauptaktionär der VZ Gruppe. (Foto: zvg)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Reinhart, wieder ein Rekordjahr für die VZ Gruppe, aber wieso sind Sie mit Ihrem Ausblick so vorsichtig?

Matthias Reinhart: Das Marktumfeld ist anspruchsvoller geworden. Heute stammen rund 70 Prozent unserer Erträge aus den Aktivitäten in der Vermögensverwaltung. Kurzfristig beeinflussen die aktuell grossen Turbulenzen an den Finanzmärkten diese Erträge. Seit rund einem Jahr hat dieser Druck auf den Vermögensverwaltungsbeständen zugenommen. Die Erfahrung zeigt zudem, dass Kunden in unsicheren Zeiten zögern und lieber abwarten. Deshalb bin ich eher vorsichtig.

Bei um 13 Prozent gestiegenen Assets under Management müssten Sie doch fast schon überoptimistisch auf Ihr Geschäft blicken?

Vor einem Jahr verzeichneten wir hier ein Plus von 20 Prozent. Das zeigt, dass es schwieriger geworden ist. Aber klar: Unsere Wachstumsdynamik hat sich nicht verändert. Wir rechnen auch künftig mit einem unverändert wachsenden Zustrom von Kunden.

«Wir sind vor gut 20 Jahren auf der grünen Wiese gestartet und arbeiten in vielen Bereichen effizienter und günstiger als andere Finanzdienstleister.»
Matthias Reinhart, CEO und Hauptaktionär der VZ Gruppe

Ihre Kostenquote liegt nur knapp über 50 Prozent. Die VZ Gruppe ist also ein schlankes Unternehmen. Andererseits setzen Sie stark auf Beratung. Wie passt das zusammen?

Wir schaffen hohe Beratungsexpertise und stellen unseren Kunden kostengünstige Umsetzungs-Plattformen zur Verfügung. Damit liefern wir ihnen einen messbaren Mehrwert – aus diesem Grund suchen Kunden uns auf. Wesentliche Vertriebs- und Marketingkosten fallen so praktisch weg. Das unterscheidet uns von den Mitbewerbern. Auch beschäftigen uns keine Altlasten, die mit hohen Kosten verbunden sind. Wir sind vor gut 20 Jahren auf der grünen Wiese gestartet und arbeiten in vielen Bereichen effizienter und günstiger als andere Finanzdienstleister.

Gerade in der Vorsorgeberatung haben Sie die Zeichen der Zeit erkannt: Dort gibt es in einer alternden und wohlhabenden Bevölkerung ungemein viel Neugeld abzuholen. Wird dieser VZ-Teilbereich am meisten wachsen?

Unsere Beratungsexpertise konzentriert sich auf alle finanziellen Aspekte rund um das Thema Pensionierung. Der typische Kunde sucht uns im Alter zwischen 55 und 65 Jahren – die demografische Entwicklung sorgt dafür, dass diese Zielgruppe noch einige Jahre wächst. Gleichzeitig bieten wir Plattformen an, über die unsere Beratungskunden die Umsetzung der Beratungsergebnisse einfach und günstig realisieren können. So bietet die VZ Depotbank günstigere Konditionen als andere Banken an. Das Hypothekenzentrum bringt etwa Hausbesitzer mit institutionellen Anlegern zusammen, die in erstklassige Hypotheken investieren wollen. Oder über unsere Vorsorgestiftungen können KMU ihre Mitarbeiter in der Schweiz günstiger versichern. Mit jeder Dienstleistung, die sie über uns beziehen, sparen Kunden Jahr für Jahr viel Geld.

Sie prägen den Begriff „regelbasierte Geldanlage“. Das klingt aber stark nach steifem Automatismus…

Dieser Anlagestil basiert auf „intelligenten“ Regeln. Wer diese Regeln konsequent anwendet, verhindert Fehlentscheide aufgrund von Emotionen wie Gier oder Panik. Eine einfache Regel ist zum Beispiel das Rebalancing: Für eine All-in-Gebühr von 0,55 Prozent werden die Gewichtungen der Anlageklassen nach klaren Regeln auf die Zielstrategie zurückgeführt, wenn sie zu stark davon abweichen. Bis vor kurzem setzten vor allem Profis auf regelbasierte Geldanlagen. Mit den günstigen Indexfonds und den tieferen Transaktionsgebühren im elektronischen Handel sind sie heute auch für kleinere Depots von Privatanlegern attraktiv geworden. Sie sparen enorme Kosten gegenüber klassischen Anlagefonds und können im Extremfall hohe Verluste vermeiden.

«Der Leistungsausweis vieler Profis, die Stock Picking betreiben, ist ernüchternd – nur ein kleiner Teil schafft es, den entsprechenden Aktienindex zu schlagen.»

Sind erfolgreiche Anleger nicht doch eher opportunistisch?

Wenn Sie das Stock Picking meinen, kann das sein. Ernüchternd ist allerdings der Leistungsausweis vieler Profis, die diesen Ansatz verfolgen – nur ein kleiner Teil schafft es, den entsprechenden Aktienindex zu schlagen. Entscheidend ist ein anderer Punkt: Das Depot vieler Privatanleger ist häufig zu klein, um effizient mit Einzeltiteln bewirtschaftet zu werden. Deshalb raten wir, das Schwergewicht auf eine breit diversifizierte Aufteilung in verschiedene Anlageklassen zu legen – statt günstigen Kauf- oder Verkaufszeitpunkten einzelner Titel nachzujagen.

Wieviel „Klicks“ generiert eigentlich das VZ-Finanzportal pro Monat?

Wichtiger als die Klicks sind die einzelnen Besucher. Im letzten Monat waren es rund 200‘000 sogenannte Unique Visitors.

Mit Depotgebühren von 0,1 Prozent pro Jahr liegen Sie im Mittelfeld der Schweizer Banken und Broker, mit 0,2% Guthaben-Zinsen eher in der Topklasse. Werden Sie diese Gebührenstruktur beibehalten?

Wir vergleichen uns primär mit den Grossbanken und den grossen Kantonalbanken. Bei diesen zahlen Anleger mit einem Wertschriftendepot von 600‘000 Franken im Durchschnitt 1650 Franken Depotgebühren – beim VZ sind es nur 600 Franken, also zweieinhalb mal weniger. Unsere Kunden sparen also viel Geld, das kommt direkt der Rendite zugute. Deshalb sehen wir keinen Grund, unsere Gebührenstruktur zu ändern.

Bei den Börsencourtagen gibt es in der Schweiz aber deutlich günstigere Anbieter…

Das stimmt so nicht. Wir fokussieren uns auf Kunden mit einem Volumen von rund 30‘000 Franken pro Transaktion. Für eine Transaktion zahlen sie bei uns im Durchschnitt 100 Franken Courtagen – dreimal weniger als bei den Grossbanken. Und vergessen Sie nicht: Das VZ gibt alle Retrozessionen ungefragt zurück. Sie gehören den Kunden und werden alle drei Monate transparent ausgewiesen. Im Einzelfall führt das sogar dazu, dass Kunden unter dem Strich etwas zurückbekommen, statt Depotgebühren und Courtage zu bezahlen.

«Wir fokussieren uns auf Kunden mit einem Volumen von rund 30‘000 Franken pro Transaktion.»

Bei den freien Anlagen, bei der 2. und 3. Säule, überall setzt das VZ zu Recht stark auf ETF. Ist es nicht ein Armutszeugnis für unsere Banken, dass sich immer mehr Anleger für die Tiefgebührstrategie mit weitgehend passiven Geldanlagen entscheiden?

Es ist vor allem ein Armutszeugnis für die Fondsmanager. Eine neue VZ-Studie zeigt, dass gut 70 Prozent der untersuchten Fonds im Schweizer Aktienmarkt an ihrem Vergleichsindex kleben. Orientieren sich Fonds zu stark am Vergleichsindex, können sie seine Rendite nach Abzug ihrer Kosten praktisch nicht übertreffen. Die Gebühren betragen in der Regel 1,5 bis 2 Prozent pro Jahr. So ist es für Anleger oft attraktiver, direkt auf den entsprechenden Vergleichsindex zu setzen.

Das Versicherungsgeschäft wird immer undurchsichtiger. Da dürften Sie als Versicherungsbroker offene Türen für Ihre Kunden einrennen. In letzter Zeit häufen sich Klagen wegen bestrittener Leistungen. Wie schützt das VZ seine Kunden vor solchen „Leistungskürzern“?

Beim VZ bezahlen Kunden weniger, ohne Abstriche bei den Leistungen zu machen. Wir schliessen regelmässig Kollektivverträge mit Versicherern ab, die überdurchschnittliche Leistungen besonders günstig anbieten. Letztes Jahr sind wir zudem mit dem Versicherungspool gestartet und bieten attraktive Prämien für Privatkunden. Das ist möglich, weil die Vertriebskosten und Provisionen praktisch wegfallen, die gewöhnlich rund 20 Prozent der Prämien auffressen.

Was halten Sie von Alain Bersets Plan, den Vorbezug von Vorsorgegeldern der 2. Säule zu beschränken?

Das ist aus ordnungspolitischer Sicht sehr bedenklich. Mit einer Beschränkung der Kapitalbezüge im BVG-Obligatorium öffnet man jenen Kräften Tür und Tor, die die Verbindung von AHV und zweiter Säule anstreben, um kommende Defizite der AHV mit dem BVG-Obligatorium zu decken. Ich denke, das sollte man auf keinen Fall zulassen.

Zur Person
Matthias Reinhart ist Mehrheitsaktionär der VZ Holding AG sowie Vorsitzender der Geschäftsleitung der VZ-Gruppe. Bevor Matthias Reinhart 1992 das VZ gründete, war er fünf Jahre lang Associate und Engagement Manager bei McKinsey & Co. in Zürich und Chicago. Sein Betriebswirtschaftsstudium an der Hochschule St. Gallen schloss er 1986 als lic. oec. HSG ab.

Zum Unternehmen:
Das VZ ist ein unabhängiger Schweizer Finanzdienstleister. Die VZ Holding AG ist seit März 2007 an der SIX Swiss Exchange kotiert. Das Unternehmen hat sich vornehmlich auf die Bereiche Pensionierungsberatung, Vermögensverwaltung sowie Versicherungs- und Pensionskassenverwaltung für Unternehmen spezialisiert. Seine Dienstleistungen sind auf vermögende Privatkunden ab 50 Jahren und auf Unternehmenskunden mit mehr als 20 Beschäftigten fokussiert. Das VZ vertreibt keine eigenen Finanzprodukte und ist kein Produktevermittler, sondern finanziert sich aus Beratungshonoraren und Verwaltungsgebühren. Mittlerweile zählt das Unternehmen über 800 Mitarbeitende.

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