Matthias Suhr, CEO EuroAirport, im Interview

Matthias Suhr, CEO EuroAirport, im Interview
Matthias Suhr, CEO EuroAirport. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Suhr, wann sind Sie das letzte Mal ab dem EuroAirport geflogen?

Matthias Suhr: Letztmals flog ich letzten Herbst nach Lissabon in die Ferien. Geschäftlich bin ich hauptsächlich in Paris tätig, da nehme ich aber den Zug.

Wie haben Sie die letzten Monate mit praktisch null Passagierverkehr, Grenzkontrollen und geschlossenen Restaurants und Shops erlebt?

Es war eine sehr ungewohnte, noch nie dagewesene Situation: der Terminal menschenleer, die Flugzeuge am Boden und auf den sonst prall gefüllten Parkplätzen gähnende Leere. Aber der Flughafen war stets offen, die ungarische Fluggesellschaft Wizz Air war die ganze Zeit über aktiv. Auch der Frachtverkehr konnte weitergeführt werden, hier war die Nachfrage teilweise höher als vorher. Das lag auch an den vielen Transportflügen mit medizinischem Material.

«Das Passagiergeschäft wird sich im zweiten Halbjahr auf niedrigem Niveau erholen.»
Matthias Suhr, CEO EuroAirport

Spätestens wenn EasyJet den Betrieb wieder aufnimmt, dürfte so etwas wie Normalität einkehren. Im April und Mai verzeichnete der EuroAirport einen Passagierrückgang von 99,8%. Inwieweit lässt sich dieser noch aufholen?

Aufholen lässt sich dieser gewaltige Einbruch nicht so schnell. Wir rechnen mit einem Rückgang der Passagierzahlen bis Ende Jahr um etwa 50 bis 80% im Vergleich zum Vorjahr. Das Passagiergeschäft wird sich im zweiten Halbjahr auf niedrigem Niveau erholen.

Wie präsentiert sich der Sommerflugplan im Vergleich zum Vorjahr?

In Bezug auf die angebotenen Destinationen ist bereits ein respektabler Flugplan vorhanden. Indessen sind die Frequenzen im Vergleich zum Vorjahr noch ausgedünnt. Gemäss den heute publizierten Flugplänen der Airlines können im Sommer rund 80 Destinationen angeboten werden, die von einem guten Dutzend Airlines bedient werden.

Wie sieht die «neue Normalität» des Fliegens am EuroAirport aus? Wie können Sie der Verunsicherung der Reisenden entgegenwirken?

Der Schutz der Gesundheit für Passagiere, Besucher und für unsere Mitarbeitenden ist uns sehr wichtig. Wir haben die Vorschriften und Empfehlungen der Europäischen Kommission und der jeweiligen staatlichen Gesundheitsbehörden umgesetzt. Dazu gehören insbesondere Massnahmen zur Einhaltung des gebotenen Abstandes, die Zurverfügungstellung von Desinfektionsmitteln, die intensivierte Reinigung sowie das Anbringen von Trennwänden. Sämtliche Massnahmen und Hinweise sind auf unserer Website aufgeschaltet. Hinzukommen weitere Schutzmassnahmen der Fluggesellschaften, die diese selber bestimmen.

All diese Vorkehrungen können zu Verzögerungen führen. Deshalb wird den Passagieren empfohlen, sich auch bei ihrer Fluggesellschaft zu erkundigen und sich frühzeitig am Flughafen einzufinden.

«Gemäss den heute publizierten Flugplänen der Airlines können im Sommer rund 80 Destinationen angeboten werden, die von einem guten Dutzend Airlines bedient werden.»

Der EuroAirport will trotz dem Einbruch der Einnahmen ohne staatliche Hilfe auskommen. Mit welchen Massnahmen konnte in den letzten Monaten die Liquidität gesichert werden?

Der Passagierverkehr ist in den letzten Monaten nahezu zum Stillstand gekommen. Damit ist auch der grösste Teil unserer Einnahmen weggebrochen. Aus diesem Grund mussten wir kurzfristig unsere Kosten substantiell reduzieren. Das Instrument der Kurzarbeit hat uns dabei geholfen. Zudem haben wir die Investitionen, die dieses Jahr vorgesehen waren, deutlich reduziert. Wir haben in den letzten Jahren gute Zahlen geschrieben und Gewinne erzielt, davon können wir nun zehren, weshalb eine staatliche Unterstützung derzeit kein Thema ist.

Und wie geht es weiter? Was passiert mit dem Erweiterungsprojekt?

Angesichts der unklaren Prognosen analysieren wir alle Investitionsprojekte. Entscheide sind indessen noch nicht gefallen.

Der EuroAirport will die Lärm-Immissionen für die Bevölkerung proaktiv mit einer Ausdehnung des Nachtflugverbots und einer Korrektur der Südabfluglinien verringern. Wie sehen die Pläne aus, wie würden sie sich für die Bevölkerung konkret auswirken?

Das Nachtflugverbot zwischen 24.00 und 05.00 Uhr für Landungen bzw. bis 06.00 Uhr für Starts bleibt unangetastet. Was wir der DGAC beantragen ist, keine geplanten Starts nach 23.00 Uhr bis Mitternacht mehr zuzulassen. So würden – gerechnet auf der Basis der Zahlen von 2019 – ca. 80% aller Starts entfallen. Ferner sollen Flugbewegungen von lärmintensiven Flugzeugen in den sensiblen Nachtstunden verboten werden. Diese beiden Massnahmen bedeuten eine deutliche und wahrnehmbare Lärmminderung für die Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens.

Bereits am 18. Juni wurden die Südabfluglinien ab der Piste 15 reduziert. Wer profitiert davon am meisten?

Die Korrektur der Flugverfahren bei Starts ab Piste 15 wurde nötig, weil der Flughafen festgestellt hat, dass sich die Flugspuren um einige 100 Meter nach Süden verschoben hatten. Mit der Korrektur sollen die Starts nach Westen nun wieder – wie in der ursprünglichen Planung vorgesehen – über möglichst wenig dicht besiedeltes Gebiet zurückgeführt werden. Dies führt zu einer Entlastung insbesondere in den Gemeinden Allschwil (CH), Schönenbuch (CH) und Hagenthal (F). Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend.

«Wird diese Lenkungsabgabe eingeführt, ist aufgrund der grossen Preisdifferenz tatsächlich davon auszugehen, dass die bisher unter Schweizer Verkehrsrechten operierenden Flüge neu unter französischen Verkehrsrechten fliegen werden.»

Das CO2-Gesetz sieht Zuschläge von 30 Franken auf Kurzstrecken und 120 Franken auf Langstrecken aus der Schweiz vor. Besteht nicht die Gefahr, dass die Airlines am EuroAirport künftig nur noch von französischer Seite aus abfliegen wollen?

Tatsache ist, dass seit 1. Januar 2020 für Flüge mit französischen Verkehrsrechten eine Ecotaxe in Höhe von 1.50 Franken für Europaflüge gilt. Gemäss dem schweizerischen CO2-Gesetz soll für Flüge mit schweizerischen Verkehrsrechten eine Lenkungsabgabe von mindestens 30 Franken erhoben werden. Wird nun diese Lenkungsabgabe eingeführt, ist aufgrund der grossen Preisdifferenz tatsächlich davon auszugehen, dass die bisher unter Schweizer Verkehrsrechten operierenden Flüge neu unter französischen Verkehrsrechten fliegen werden. Konkret heisst das, dass auf dem Ticket das Passagiers nicht BSL für Basel sondern MLH für Mulhouse stehen würde. Ansonsten würde sich für den Passagier nichts ändern. Das heisst aber auch, dass der EuroAirport im Vergleich zu den anderen schweizerischen Flughäfen attraktiver wird. Das kann aber nicht Sinn und Zweck einer Lenkungsmassnahme sein.

Letzte Frage: Der Messeplatz Basel ist in arger Bedrängnis. Was bedeuten das faktische Ende der Baselworld oder auch die Verschiebung der Art Basel für den EuroAirport?

Sowohl der EuroAirport als auch die auf dem Flughafen tätigen Firmen haben in den vergangenen Jahren von den diversen Anlässen profitiert. Zudem sind die Baselworld und die Art Basel Aushängeschilder der Region, was selbstredend auch dem Flughafen zugute kam. Wir würden es deshalb sehr begrüssen, wenn der Messeplatz Basel mittelfristig wieder gestärkt wird.

Herr Suhr, besten Dank für das Interview.

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