Mike Kurt, CEO & Co-Founder I believe in you AG, im Interview

Mike Kurt, CEO & Co-Founder I believe in you AG, im Interview
Mike Kurt, Co-Founder der "I believe in you AG". (Foto: zvg)

Mike Kurt, CEO & Co-Founder I believe in you AG. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Kurt, Sie haben 2013 zusammen mit dem Fechter Fabian Kauter und dem Online-Spezialisten Philipp Furrer «I believe in you» gegründet, die sehr erfolgreiche Crowdfunding-Plattform für Sportprojekte. Wie kam es dazu?

Mike Kurt: Als Kanute musste ich selber während meiner Karriere viel Geld auftreiben für die Finanzierung meines Sports. Ich arbeitete zudem parallel zu meiner sportlichen Tätigkeit Teilzeit im Bereich der Mittelbeschaffung für Non-Profit-Organisationen und kam so mit der Thematik früh in Kontakt. Die Idee, das Konzept von Crowdfunding auch in dem Bereich der Finanzierung von Sportprojekten zu etablieren, geisterte deshalb schon länger in meinem Kopf herum. Konkret wurde es aber nach den Olympischen Spielen in London 2012. Fabian Kauter und ich verpassten beide die erhoffte Olympiamedaille und waren so in die Debatte rund um die Schweizer Sportförderung involviert. Zusammen mit Philipp Furrer, welcher für Swiss Olympic in London im Einsatz war, entschlossen wir uns, zu handeln und das Konzept umzusetzen.

Welche Rolle nimmt ibelieveinyou.ch mittlerweile in der Schweizer Sportförderung ein?

Unser Ziel war es, eine Brücke zwischen der Sportwelt und den privaten Geldgebern zu bilden und sozusagen als «digitaler Sponsorenlauf» den Sportlern Zugang zu zusätzlichen finanziellen Mitteln zu geben. Dies ist uns in kurzer Zeit gelungen und heute ist ibelieveinyou.ch eine wichtige alternative Finanzierungsform für die ganze Breite des Schweizer Sports geworden. Wir sehen I believe in you als «Hilfe zur Selbsthilfe» und geben der Schweizer Sportwelt die einmalige Möglichkeit, die Bevölkerung zu involvieren und mit einem kleinen Beitrag an ihren spannenden Geschichten teilzuhaben.

«Ich persönlich bin überzeugt, dass die Leute künftig immer weniger bereit sind, einer Organisation Geld zu geben. Vielmehr wollen sie ihren Zuspruch einem konkreten Menschen und seinem Projekt geben.»
Mike Kurt, CEO & Co-Founder I believe in you AG

2015 war ein sehr erfolgreiches Jahr für ibelieveinyou.ch. 1,3 Mio Franken wurden gesammelt, über 200 Projekte konnten so finanziert werden und mit einer Erfolgsrate von 77 % ist ibelieveinyou.ch das weltweit erfolgreichste Sport-Crowdfunding. Welche Erklärung haben Sie für den grossen Erfolg?

Als einzige der erfolgreichen Crowdfunding-Plattformenin der Schweiz fokussieren wir uns ausschliesslich auf die Zielgruppe «Sport». Ganz nach unserem Motto «von Sportlern für den Sport» arbeiten mittlerweile vier Olympiateilnehmer bei I believe in you. Das gibt uns nicht nur viel Glaubwürdigkeit, sondern stellt auch sicher, dass wir die Bedürfnisse der Zielgruppe sehr gut kennen. Wir können dank unserer homogenen Zielgruppe bei der Vermarktung ganz neue Wege gehen. Partnern wie die PostFinance oder Ochsner Sport bieten wir so eine attraktive (Online-) Plattform, um CSR zu betreiben und bestehende Sponsoring-Partnerschaften online zu aktivieren.

Was macht Crowdfunding für Sie insgesamt erfolgreich?

Ganz allgemein liegt die Stärke des «Crowdfunding»-Konzepts im direkten Bezug zu einem konkreten Projekt. Ich persönlich bin überzeugt, dass die Leute künftig immer weniger bereit sind, einer Organisation Geld zu geben. Vielmehr wollen sie ihren Zuspruch einem konkreten Menschen und seinem Projekt geben. Das Anliegen soll sie dabei im Moment emotional berühren und wenn möglich in irgendeiner Form involvieren. Die Geschwindigkeit und die Unmittelbarkeit der Sozialen Medien spielen dabei eine wichtige Rolle und sind sicher auch ausschlaggebend, wieso I believe in you so gut funktioniert.

Wann ist ein Projekt erfolgreich, wann eher nicht? Spielt zum Beispiel die Sportart eine Rolle?

Auf ibelieveinyou.ch wurden Projekte aus über 80 verschiedenen Sportarten erfolgreich finanziert. Wir stellen fest, dass die Disziplin und deren Popularität eine untergeordnete Rolle spielen, ob ein Projekt den Zielbetrag erreicht oder nicht. Im Gegenteil, oftmals gelingt es den kleineren Sportarten erstaunlich gut, Sympathisanten aus der ganzen Schweiz für ihr Projekt zu begeistern und ihre «Community» zu mobilisieren. Viel wichtiger als die Sportart ist das persönliche Engagement des Projekterstellers, die Geschichte hinter dem Projekt, die Kreativität der Umsetzung und ob jemand seinen finanziellen Bedarf glaubwürdig darstellen kann.

Es geht darum, die Menschen mit einem kleinen Beitrag an einem Sporttraum teilhaben zu lassen und möglichst viele Leute aus dem eigenen Umfeld zu mobilisieren. Gelingt es einem Projektinitianten seinen Bedarf plausibel aufzuzeigen und den Menschen einen Grund zu geben, Teil des Projekts werden zu wollen, erreichen die Initianten auch Menschen ausserhalb des Bekanntenkreises und damit fast immer auch das Finanzierungsziel. Aber es ist ähnlich wie beim Erreichen von sportlichen Zielen – ohne Eigeninitiative des Initiators geht es auch bei der Finanzierung nicht.

«Viel wichtiger als die Sportart ist das persönliche Engagement des Projekterstellers, die Geschichte hinter dem Projekt, die Kreativität der Umsetzung und ob jemand seinen finanziellen Bedarf glaubwürdig darstellen kann.»

Erklären Sie uns doch kurz den Ablauf eines Projekts.

Grundsätzlich kann jeder mit finanziellem Bedarf und einem sportbezogenen Ziel selber ein Projekt auf IBIY starten. Sei dies der Amateurverein der neue Trikots braucht oder der Olympiasportler, der Geld für einen Mentalcoach benötigt. Ein Projektersteller erzählt mit einem kurzen Video, einem Beschrieb und mit emotionalen Bildern seine Geschichte und wieso die Menschen gerade ihm Geld geben sollen. Er definiert eine Projektdauer von wahlweise 30, 50, 80 Tagen. Während dieser Zeit sammelt er Geld und offeriert den potentiellen Unterstützern für die Beiträge eine Gegenleistung. Dies kann ein Kuchen sein, eine Postkarte oder ein privates Training. Erreicht er den Zielbetrag in der ausgewählten Zeit, erhält er das Geld. Verfehlt er diesen, geht er leer aus. Das nennt man «alles oder nichts», was Crowdfunding zu einem solch dynamischen Fundraising-Instrument macht. Wir begleiten den Initiator während dem ganzen Prozess und stehen im beratend zur Seite.

Welche der vielen bisher zu Stande gekommenen Projekte haben bei Ihnen einen besonderen Eindruck hinterlassen?

Die Vielzahl und die Vielfalt der Projekte als Gesamtes beeindrucken mich am meisten. Es gibt immer wieder Projekte, denen ich einfach nicht wiederstehen kann und sie daher selbst unterstütze. Das ist natürlich sehr persönlich, aber bei mir ist dies immer dann der Fall, wenn ich emotional berührt oder einfach beeindruckt werde von der Eigeninitiative und der Geschichte des Athleten.

Bereits 2014 sind Sie mit dem Konzept nach Österreich expandiert. Läuft es dort ähnlich erfolgreich?

Wir sind auch auf dem Österreichischen Markt die klare Nr. 1 im Bereich der Online-Finanzierung von Sportprojekten. Crowdfunding steckt in Österreich aber noch in den Kinderschuhen, weshalb wir uns bewusst waren, dass es wohl etwas länger dauert, bis wir die gleichen Sammelziele erreichen wie in der Schweiz. Das hat sich im ersten Jahr bestätigt und wir konnten nach einem tollen Start nicht mehr ganz so schnell wachsen wie in der Schweiz. Zusammen mit unseren Partner, dem Österreichischen Olympischen Komitee und der Sporthilfe, werden wir nun die Ressourcen vor Ort verstärken. Wir sind zuversichtlich, dass wir 2016 auch in Österreich die Summe der Gelder nochmals verdoppeln können.

«Nach den ersten Erfahrungen in Österreich haben wir nun beschlossen, dieses Jahr 2-4 weitere Länder zu erschliessen.»

Wie sehen Ihre weiteren Expansionspläne aus?

Nach den ersten Erfahrungen in Österreich haben wir nun beschlossen, dieses Jahr 2-4 weitere Länder zu erschliessen. Unser Ziel ist es, die Länder zusammen mit lokalen Sportförderern und Sportler aufzubauen. Der Fokus liegt einerseits auf Märkten, welche von der Grösse, der Spendenaffinität und der Sportkultur ähnlich sind wie die Schweiz. Andererseits möchten wir uns natürlich auch auf den grösseren Märkten etablieren. Unser Ziel ist es, uns weltweit längerfristig als Nr.1 in der Finanzierung von Sportprojekten zu etablieren. Wir wollen aber auch in der Schweiz weiter wachsen. Insbesondere im Bereich der Vereinsprojekte sehen wir ein grosses Wachstumspotential.

Welches waren in den letzten drei Jahren die grössten Hürden, die es beim Aufbau von ibelieveinyou.ch zu überspringen galt?

Für mich persönlich bildet die grösste Hürde die Internationalisierung und die damit verbundene Weiterentwicklung der Organisation. Aus der Idee von drei Kollegen, dem Schweizer Sport etwas Gutes zu tun, ist ein Unternehmen entstanden, welches in mehreren Ländern aktiv und die Nr. 1 in der Online-Finanzierung von Sportprojekten sein will. Das braucht auch neue Leute und Inputs von aussen, damit eine stetige Weiterentwicklung der Organisation gesichert ist. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg und konnten die Geschäftsleitung bereits verstärken.

Wie viele Mitarbeitende beschäftigt ibelieveinyou.ch und wie unterstützen diese die eingereichten Projekte?

Insgesamt sind 12 Mitarbeitende involviert, was rund 800 Stellenprozent entspricht. Wir beraten die Projektersteller von Anfang an persönlich und helfen ihnen ein Projekt fertigzustellen. Hier unterscheiden wir uns auch von anderen Plattformen. Wir nehmen uns wirklich für jeden einzelnen Sportler Zeit und begleiten ihn vom ersten Kontakt bis zur Überweisung des Endbetrages. Das ist ein grosser Aufwand, aber sicher einer der Gründe, wieso wir mit über 77% die höchste Erfolgsrate überhaupt haben.

Wie verdient ibelieveinyou.ch Geld?

Wie fast alle Crowdfunding-Plattformen erheben wir bei der erfolgreichen Vermittlung von finanziellen Mitteln eine Beratungs- und Administrationsgebühr von 5%. Zudem fallen weitere 4% Gebühren für die Abwicklung vom Inkasso an.

Der Fokus auf nur eine Zielgruppe und die intensive Beratung machen eine Finanzierung über die Gebühren schwierig. Deshalb decken wir auf dem Schweizer Markt längerfristig die Kosten für den operativen Betrieb durch Beiträge für Kommunikationsleistungen der kommerziellen Partner. Dieses Geschäftsmodell ist bei Crowdfunding-Plattformen einzigartig und unterscheidet uns von unseren Mitkonkurrenten. Bei der Finanzierung trennen wir konsequent den operativen Betrieb des Schweizer Markts von der Expansion. So haben wir ausschliesslich für die Finanzierung der Internationalisierung zusätzlich externes Kapital aufgenommen.

Von was haben Sie beim Aufbau des Startups mehr profitiert: Von Ihrem Betriebswirtschaftsstudium oder von den Fähigkeiten, die es braucht, um über viele Jahre ein Weltklassesportler zu sein?

Ich glaube der Mix von beidem macht es aus. Während meiner Sportkarriere habe ich mich immer etwas geärgert, dass ich als einziger der Top-Kanuten neben dem Paddeln noch Studium und Arbeit unter einen Hut bringen musste. Heute bin ich aber froh darüber. Es gibt viele Eigenschaften, die man in beiden Bereichen mitbringen muss, wenn man erfolgreich sein will. Ich glaube aber nicht, dass man in der Arbeitswelt automatisch leistungsfähiger ist, nur weil man mal ein Topsportler war. Ohne meine Ausbildung und meinen Berufserfahrungen könnte ich den Job, den ich heute mache, nicht ausüben.

Rio 2016 wären die vierten Olympischen Spiele für Sie. Ist das noch ein Ziel für Sie?

Die Funktion als CEO von I believe in you füllt mich aktuell zu mehr als 100% aus. Ich musste erkennen, dass es unrealistische ist, in zwei Sachen gleichzeitig wirklich gut zu sein. Dennoch liebe ich meinen Sport und ich trainiere immer noch sehr gerne. Ich habe mir die Option, an der Olympiaqualifikation teilzunehmen, im Moment noch offen gelassen, jedoch spielt die Zeit gegen mich und eine Qualifikation wird sicher sehr herausfordernd sein.

Herr Kurt, vielen Dank für das Interview.

Zur Person:
Mike Kurt wurde am 2. April 1980 geboren. Seit gut 15 Jahren gehört er zu den besten Kanufahrern der Welt. 1998 gewann er als erster Schweizer eine Einzelmedaille an der Junioren-WM. Es folgten mehrere Medaillen im Weltcup und der Welt- und Europameistertitel mit der Mannschaft im Jahr 2003 und 2004, sowie die dreifache Olympiateilnahme im Jahr 2004, 2008 und 2012. Mike Kurt belegte zweimal den 2. Platz im Gesamtweltcup und stiess bis auf Rang 3 der Weltrangliste vor. Parallel zu seiner Karriere als Spitzensportler absolvierte Mike Kurt ein Betriebswirtschaftsstudium. 2013 gründete er zusammen mit dem Spitzenfechter Fabian Kauter und dem Online-Spezialisten Philipp Furrer «I believe in you», die Crowdfunding-Plattform für Sportprojekte, als deren CEO er amtiert.

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