Oliver Steil, CEO Sunrise

Oliver Steil, CEO Sunrise

Oliver Steil, CEO Sunrise

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Steil, Sunrise hat im ersten Halbjahr die Zahl ihrer Kunden um 3,2 Prozent auf 2,95 Millionen erhöhen können. Worauf führen Sie das positive Resultat zurück?

Oliver Steil: Wir freuen uns sehr über das kontinuierliche Wachstum unseres Kundenstamms. Es ist ein deutliches Signal unserer Stärke und Attraktivität. Einer der Hauptgründe für das Kundenwachstum ist sicherlich der deutliche Anstieg im Mobile-Postpaid-Kundensegment, wo wir 140’487 neue Kunden begrüssen konnten. Das entspricht einem Zuwachs von 15,5% im Vergleich zum ersten Halbjahr 2010. Zudem hat sich gezeigt, dass unsere Strategie richtig ist: Wir setzen stark auf die Themen Excellence in Operations, Customer Experience und Entrepreneurial Spirit. Hier sind zahlreiche Initiativen im Gange, und erste Erfolge sind bereits sichtbar. Zudem bauen wir unser Netz stetig aus: In den kommenden Jahren werden wir CHF 1 Mrd. in den Ausbau unserer Infrastruktur investieren.

Sind Sie mit der Entwicklung des operativen Ergebnisses zufrieden, das um 2,7 Prozent auf 287,4 Mio. Franken anstieg?Ja, auf jeden Fall! Die Steigerung beim operativen Ergebnis ist eines unserer wichtigsten Unternehmensziele in den kommenden Jahren. Da sind wir definitiv auf einem sehr guten Weg – besonders, wenn man in Betracht zieht, dass wir in den vergangenen Monaten auch massiv in das Marketing investiert haben, so etwa in den Relaunch der Marke Sunrise sowie in den Launch des neuen Sub-Brands Business Sunrise.

Das operative Ergebnis verbesserte sich besonders wegen des Anstiegs im Mobile-Postpaid-Kundensegment. Nun hat Sunrise Ende August in diesem Bereich ein neues Produktportfolio lanciert. Was erhoffen Sie sich von Sunrise sunflat und Sunrise flex?

Das neue Mobile Postpaid Portfolio steht ganz im Einklang mit unserem Bestreben, unsere Angebotspalette möglichst nah an den Bedürfnissen unserer Kunden auszurichten. Mit Sunrise sunflat haben wir unsere beliebten Flatrates erweitert und vervollständigt. Sunrise flex hingegen ist eine neue Produktlinie mit Inklusiv-Minuten und -Daten. Dank dieser beiden Tarifwelten können unsere Kunden nun selbst entscheiden, ob sie unlimitiert in die Netze ihrer Wahl oder innerhalb eines Minutenpakets flexibel in alle Schweizer Netze telefonieren möchten. Ich vergleiche das gerne mit dem Besuch eines Restaurants: Manche entscheiden sich für das All-you-can-eat Büffet und können unbeschränkt konsumieren, andere wiederum stellen sich lieber ein Menü à la carte zusammen. Bei Sunrise ist nun beides möglich. Die ersten Wochen seit dem Launch zeigen: Die Kunden wissen diese Flexibilität zu schätzen.

«Wir setzen stark auf die Themen Excellence in Operations, Customer Experience und Entrepreneurial Spirit. Hier sind zahlreiche Initiativen im Gange, und erste Erfolge sind bereits sichtbar.» Oliver Steil, CEO Sunrise

Rückläufig war zwischen Januar und Ende Juni hingegen die Umsatzentwicklung. Weshalb?

Der Umsatzrückgang ist in erster Linie auf das internationale Voice-Hubbing-Geschäft zurückzuführen, wo wir CHF 40 Millionen weniger Umsatz gemacht haben. Unter Voice Hubbing versteht man den internationalen Sprachhandel, der Teil unseres Wholesale Geschäfts ist. Dieser Bereich ist traditionell mit sehr geringen Margen behaftet. Es war eine strategische Entscheidung von Sunrise, hier nicht mehr auf einen möglichst hohen Umsatz zu setzen, sondern auf die Marge.

Das Top-Management von Sunrise hat in den letzten Monaten viele Wechsel erlebt. Aus dem Führungsteam Ihres Vorgängers Christoph Brand ist niemand mehr dabei. Ist mit der Neubesetzung der CCO-Stelle mit Andreas Gregori der «Umbau» nun abgeschlossen?In der Tat haben wir unser Führungsteam in den vergangenen Monaten systematisch verändert und neu aufgestellt. Aus der Zeit vor meinem Stellenantritt bei Sunrise ist Jon Erni noch dabei, der den Geschäftskundenbereich Business Sunrise leitet. Bei der Besetzung der einzelnen Posten haben wir grossen Wert darauf gelegt, international erfahrene Manager an Bord zu holen. Das ist uns eindrücklich gelungen: Alle Mitglieder des Management Boards verfügen über langjährige Erfahrung in verschiedenen Unternehmen der Telekommunikationsbranche, im Schnitt über 15 Jahre.

Mit Andreas Gregori haben wir seit Mitte August einen ausgewiesenen Experten für Sales und Marketing an Bord, der an seinen früheren Wirkungsstätten einen umfangreichen Leistungsausweis vorzeigen kann und entscheidend dazu beitragen wird, die verstärkte Kundenorientierung auch im Privatkundenbereich voranzutreiben. Ende Oktober wird noch André Krause zu uns stossen; er übernimmt das Amt des CFO und bringt aus seiner bisherigen Tätigkeit als Finanzchef und Vorstandsmitglied bei Telefonica Germany sowohl ideale fachliche Voraussetzungen als auch ausgeprägte Branchenkenntnisse mit. So war er u.a. massgeblich an der LTE-Auktion in Deutschland beteiligt und verfügt über grosse Erfahrung im Bereich der Akquisition und Integration von Unternehmen. Ich freue mich sehr über die Zusammenstellung des neuen Führungsteams, das hier die Zukunft gestalten wird. Jetzt sind wir komplett und können volle Kraft voraus die kommenden Monate und Jahre angehen.

Worauf haben Sie bei der Neubesetzung der zahlreichen Schlüsselpositionen besonderen Wert gelegt?

Wichtig ist, dass wir Leute an Bord haben, die etwas bewegen wollen. Wir sind ein junges, dynamisches und agiles Unternehmen und haben ehrgeizige Ziele. Um diese erreichen zu können, muss jeder seinen Teil dazu beitragen. Gemeinsam sind wir stark und können Grosses erreichen! Wer dieses Feuer in sich hat, bringt eine Grundvoraussetzung mit. Seit einigen Monaten ist in allen Bereichen des Unternehmens eine Aufbruchstimmung spürbar, überall wird fleissig gewerkelt, damit wir noch besser werden, und alle ziehen für den Erfolg an einem Strang. Es ist schön zu sehen, wie sich alles entwickelt hat, und in diese Richtung soll es weiter gehen.

» Jetzt sind wir komplett und können volle Kraft voraus die kommenden Monate und Jahre angehen.»

In welchen Bereichen hat Sunrise besonders investiert?

Wir wissen, wo es den Hebel anzusetzen gilt! Wie bereits erwähnt, stehen die Bereiche Excellence in Operations, Customer Experience und Entrepreneurial Spirit bei uns im Fokus. Dass wir das Kundenerlebnis und die Kundennähe verbessern wollen, ist ein zentraler Punkt in unserer Strategie – dort investieren wir massiv! Zudem setzen wir den Ausbau unserer Infrastruktur konsequent fort. Dazu zählt auch das Glasfasernetz. Weitere Investitionen tätigen wir bei der Expansion unseres Shop-Netzwerks und in unser IPTV-Produkt, das wir voraussichtlich Ende 2011 oder Anfang 2012 auf den Markt bringen werden.

Welche Ziele verfolgen Sie mit dem im Juni erfolgten Relaunch der Marke Sunrise?

Als ich im Sommer 2010 meinen Job bei Sunrise angetreten habe, stand die Marke vor allem für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und einfach zu verstehende Produkte. In einem Wettbewerb, der sich stetig verschärft, reichen diese beiden Positionierungsmerkmale aber nicht aus. Im Rahmen unserer Strategie, den Kunden bei allem, was wir tun, konsequent in den Mittelpunkt zu stellen, war schnell klar, dass wir auch der Marke Sunrise neues Leben einhauchen müssen. Nun ist klar, wofür Sunrise steht: Die Wärme, die Nähe, die Energie, die Kreativität und die Zuverlässigkeit sind die Attribute, die uns auszeichnen. Die zahlreichen internen und externen Reaktionen zum Relaunch bestätigen uns, dass wir damit den richtigen Ton getroffen haben.

Sunrise hat Ende August ihren 90. Shop eröffnet. Wie geht der Ausbau der Verkaufsstellen weiter?

Die Expansion des Shop-Netzwerks nimmt in unserer Strategie eine zentrale Rolle ein. Seit Jahresbeginn haben wir zehn neue Sunrise center eröffnet, und bis Weihnachten werden voraussichtlich weitere zehn Shops hinzukommen, womit wir dann bei 100 Shops wären. Wir werden die Anzahl unserer eigenen Verkaufsstellen auch in den kommenden Jahren kontinuierlich erhöhen, um landesweit möglichst flächendeckend präsent und nah am Kunden zu sein. Im Zuge dessen schaffen wir auch zahlreiche neue Arbeitsplätze; allein dieses Jahr werden es an die 50 neue Stellen in den Shops sein.

Wie weit sind die Fernseh-Pläne gediehen? Was können Sie uns zum IPTV-Produkt von Sunrise bereits heute verraten?

Eins vorweg: Quadruple Play entspricht heutzutage eindeutig einem Kundenbedürfnis und da kann es sich Sunrise als klare Nummer 2 im Markt nicht erlauben, aussen vor zu sein. Ganz im Gegenteil: Wir sind die einzigen im Markt, die neben dem Marktführer dazu in der Lage sind, Quadruple Play überhaupt anzubieten. Was das Produkt angeht, sind wir zeitlich voll auf Kurs: Unser TV-Angebot wird voraussichtlich Anfang 2012 auf den Markt kommen. In den kommenden Wochen werden wir unsere Friendly User Trials starten. Danach folgt das Fein-Tuning. Zu den Produktdetails und den Features geben wir noch keine Auskunft; es wird sich aber um ein Produkt handeln, das sich vor den Mitbewerbern keinesfalls verstecken muss.

«Quadruple Play entspricht heutzutage eindeutig einem Kundenbedürfnis und da kann es sich Sunrise als klare Nummer 2 im Markt nicht erlauben, aussen vor zu sein.»

Wie hat sich die Geschäftskundensparte Business Sunrise in den ersten sechs Monaten des Jahres entwickelt?

Sehr positiv – ich bin überaus zufrieden mit der Entwicklung seit dem Launch des Sub-Brands Business Sunrise Anfang des Jahres! Die vergangenen Monate waren geprägt von einer enormen Dynamik und vielen erfolgreichen Projekten. Business Sunrise hat in allen Segmenten neue Kunden gewonnen: bei den Selbstständigen, den kleinen und mittleren Unternehmen sowie bei den Grosskunden. Im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode stieg der gesamte Kundenstamm um 22%, der Mobilkundenstamm gar um 29%.

Neue Kunden wie Valora oder der Kanton Bern, der im Rahmen des BEWAN-Projektes mit Connectis gewonnen wurde, sind Beweis dafür, dass Business Sunrise ein starker Wettbewerber im Markt ist. Dank mehrerer Image-Kampagnen ist es uns gelungen, die Bekanntheit von Business Sunrise kontinuierlich zu steigern. Diese positive Entwicklung wird bestätigt durch das stark verbesserte Abschneiden im neuen Bilanz Telekom-Rating, und die aktuellen Zahlen lassen darauf schliessen, dass sich dieser erfreuliche Trend fortsetzen wird.

Welche Wachstumsziele verfolgen Sie mit dem Business-Bereich?

Business Sunrise steht für persönliche Betreuung, eine grosse Flexibilität und eine hohe Servicequalität. Dass sich bei uns in der Geschäftskundensparte einiges getan hat, wird im Markt deutlich wahrgenommen. Wir wollen weiter Awareness für Business Sunrise schaffen, die Kunden begeistern und von uns überzeugen, kontinuierliches und nachhaltiges Wachstum sicherstellen – und wir werden weiterhin in langfristige und nachhaltige Themen investieren. Bis vor einigen Monaten lag der Marktanteil von Business Sunrise bei unter 10%. Als klare Nummer zwei unter den Telekommunikationsunternehmen in der Schweiz kann es nicht sein, dass wir uns weiter in diesem Rahmen bewegen – und entsprechend haben wir auch unsere Wachstumsziele ausgegeben, sowohl organisch als auch anorganisch. In Zahlen ausgedrückt: Bis Ende 2013 wollen wir unseren Marktanteil auf deutlich über 10% steigern.

Ende August hat Sunrise den Dienstleistungsvertrag mit Alcatel-Lucent zum Bau und Unterhalt des gesamten Telekommunikationsnetzwerkes aufgelöst. Weshalb trauen Sie dem bisherigen Partner den weiteren Ausbau nicht mehr zu?

Die Kündigung des Vertrages mit Alcatel-Lucent erfolgte im Rahmen unseres Bestrebens, unsere Services stetig weiter zu verbessern, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und eine gute Qualität bei unseren Dienstleistungen zu gewährleisten. Wenn wir die genannten Ziele erreichen wollen, führt kein Weg vorbei an einem Netzwerk auf dem neuesten technischen Stand, das sowohl im Betrieb als auch im Unterhalt optimal funktioniert. Zudem ist es uns ein wichtiges Anliegen, bei der Wahl der Dienstleistungspartner im Bereich Netzwerk in Zukunft eine grösstmögliche Flexibilität zu haben. Mit dem Schritt, den Vertrag mit Alcatel-Lucent zu beenden, sind wir nun in der Lage zu entscheiden, welche Dienstleistungen wir intern erbringen möchten und was wir an externe Partner vergeben – und an welche.

Welche zusätzlichen Anforderungen stellen sich dem neuen Dienstleistungspartner?

Wie bereits erwähnt, ist es unser erklärtes Ziel, unseren Kunden zukünftig einen noch besseren Service bieten zu können. Von unseren Partnern verlangen wir ein absolutes Commitment und die Bereitschaft, gemeinsam mit uns an einem Strang zu ziehen, um dieses Ziel zu erreichen.

Wie sehen Ihre Erwartungen betreffend Geschäftsentwicklung im zweiten Halbjahr aus?

Die starke Leistung von Sunrise im ersten Halbjahr 2011 beweist, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir sind bestrebt, diese positive Entwicklung fortzusetzen, und rücken nicht von dem Weg ab, den wir eingeschlagen haben. Die aktuellen Zahlen weisen darauf hin, dass wir auch im zweiten Halbjahr gut unterwegs sind. Wir erwarten, dass sich der Marken-Relaunch Anfang Juni, das neue Mobile Postpaid Portfolio und gewisse Entwicklungen im Marktumfeld mittelfristig für uns auszahlen werden.

Korn/Ferry ist ein Interview-Partner von Moneycab und erstellt aus unseren Interviews eine Analyse. Deshalb möchten wir Ihnen noch zwei zusätzliche Fragen stellen:

Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?Über den Schweizer Führungsnachwuchs im Allgemeinen kann ich mir kein Urteil erlauben. Bei Sunrise aber stelle ich fest, dass wir viele gute junge Leute in Führungspositionen haben. Davon sind über zwei Drittel Schweizer. Sie sind bestens ausgebildet, haben das nötige Rüstzeug erworben und bringen den Drive und die Dynamik mit, die für nachhaltigen Erfolg unabdingbar sind. Als junges Unternehmen setzen wir stark auf diese Leute und bieten ihnen attraktive Möglichkeiten, hier ihren Weg zu gehen.

Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?

Das Thema Diversity ist uns ein wichtiges Anliegen. Sunrise bekennt sich zu Chancengleichheit und fördert die Diversität ihrer Belegschaft. Beispiele hierfür gibt es zur Genüge, so etwa die Lohngleichheit, das Diskriminierungsverbot, die Altersverteilung oder die Internationalität: Unsere Mitarbeitenden kommen aus über 60 Nationen. Zudem arbeiten bei uns auch Menschen mit Behinderung und tragen ihren Teil zum Erfolg des Unternehmens bei. Last but not least spielt das Thema Corporate Social Responsibility bei Sunrise eine wichtige Rolle, hier haben wir verschiedene Initiativen ergriffen und Massnahmen eingeleitet.

Herr Steil, herzlichen Dank für das Interview.

Zur Person
Oliver Steil, geb. 1971, Deutscher Staatsbürger, seit Juni 2010 CEO bei Sunrise
Akademischer Werdegang: Dipl. Ing. Elektrotechnik, Schwerpunkt Digitalkommunikation
Frühere berufliche Tätigkeiten: Insgesamt acht Jahre war Oliver Steil als Berater für Telekommunikation bei McKinsey tätig. Zwischen seinen Engagements bei dieser weltweit tätigen Unternehmens- und Strategieberatung arbeitete er zweieinhalb Jahre beim drittgrössten deutschen Telekomunternehmen Debitel, von 2007 bis 2008 als CEO.

Symbolbild KF für CEO Interviews

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