Paul Arni, CEO VP Bank, im Interview

Paul Arni, CEO VP Bank, im Interview
Paul H. Arni, CEO der VP Bank Gruppe. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Arni, wie andere Vermögensverwalter hat auch die VP Bank im ersten Halbjahr unter dem anspruchsvollen Umfeld gelitten. Wie würden Sie dieses aktuell beschreiben?

Paul Arni: In der Tat; das Umfeld im ersten Halbjahr war anspruchsvoll. Standen die Zeichen Anfang Jahr noch auf Erholung, bläst der Wind seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine kräftig in die Gegenrichtung. Steigende Energiekosten und die Verschärfung der Lieferkettenengpässe trieben das allgemeine Preisniveau in die Höhe und führten zu einer anhaltend hohen Inflation. Darauf und auf die unerwartet deutliche Zinserhöhung der Notenbanken reagierten die Kapitalmärkte empfindlich, was wiederum Auswirkungen auf das Anlegerverhalten unserer Kundschaft hatte. Die Marktkorrekturen führten dazu, dass sich die Assetbasis der VP Bank um rund 9 Prozent reduzierte, was wiederum Auswirkungen auf die vermögensabhängigen Erträge hatte. Auch die Stärkung des Schweizer Franken insbesondere gegenüber dem Euro führte zu negativen Einflüssen auf unsere in Schweizer Franken ausgewiesene Rechnungslegung.

Der Halbjahresgewinn sank um 29% auf 21,3 Mio Franken. Sind Sie mit diesem Resultat in Anbetracht der grossen Herausforderungen zufrieden?

Der Gewinn sank um 29 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2021, das – wir erinnern uns – durch sehr umsatzstarke Monate zu Beginn der Covid Pandemie sehr positiv war. Gegenüber dem zweiten Halbjahr 2021 ist unser Halbjahresgewinn um 3 Prozent gestiegen. Nun zur Frage: Das Ergebnis ist sicher nicht da, wo wir sein wollen. Allerdings haben wir uns in einem herausfordernden Umfeld gut behauptet. Insbesondere vor dem Hintergrund des laufenden Strategiezyklus, in welchem wir auch dieses Jahr substanziell in unsere Mitarbeitenden und in Technologie investieren.

«Das Ergebnis ist sicher nicht da, wo wir sein wollen. Allerdings haben wir uns in einem herausfordernden Umfeld gut behauptet.»
Paul Arni, CEO VP Bank

Die betreuten Kundenvermögen – Sie haben es eingangs erwähnt – gingen um 9% zurück. Liegt das im Rahmen Ihrer Erwartungen?

Die betreuten Kundenvermögen sanken hauptsächlich aufgrund der negativen Entwicklung der Märkte, was nicht anders zu erwarten war. Dank einer breit abgestützten Kundenbasis gelang es uns jedoch, trotz des anspruchsvollen Marktumfeldes, positives Netto-Neugeld anzuziehen.

Wie wichtig ist in dieser Situation das Tier 1 Ratio von hohen 22,8%?

Unsere Eigenmittelausstattung ist sehr komfortabel. Gerade in der aktuellen Situation sorgt diese Stabilität für Vertrauen bei unserer Kundschaft und unseren Investoren. Zudem gibt uns unsere Kapitalbasis die nötige Flexibilität, Investitionen zu tätigen und weiter zu wachsen.

Der Netto-Neugeldzufluss betrug im ersten Semester noch 0,2 Mrd Franken. Wo kam dieses Geld her?

Zum positiven Ergebnis haben hauptsächlich das Privatkunden- und Intermediärgeschäft in Asien, wie auch die beiden Fondsgesellschaften in Liechtenstein und Luxemburg beigetragen.

Wie würden Sie das aktuelle Kundenverhalten umschreiben?

Das Anlageverhalten unserer Kundschaft ist derzeit vorsichtig und abwartend. Zudem beobachten wir eine Rückführung von Kreditpositionen gegen Wertpapiere.

«Das Anlageverhalten unserer Kundschaft ist derzeit vorsichtig und abwartend. Zudem beobachten wir eine Rückführung von Kreditpositionen gegen Wertpapiere.»

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass sich daran in den nächsten sechs bis zwölf Monaten etwas ändert?

Wir glauben, dass das Umfeld anspruchsvoll bleibt. Die marktwirtschaftliche und geopolitische Lage hat sich seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine nicht entspannt. Die Eurozone dürfte bereits in einer Rezession stecken und der wirtschaftliche Ausblick für die US-Wirtschaft bleibt ebenfalls trübe. Aus geopolitischer Sicht hat sich die Lage im Südchinesischen Meer jüngst verschärft und sorgt für Angst
vor einem weiteren Konflikt und um die Versorgungssicherheit. Auch die Gesundheitssituation im kommenden Halbjahr könnte sich wieder verschärfen und steigende Covid-Fallzahlen für Unsicherheit sorgen. So werden wir auch im zweiten Halbjahr konfrontiert sein mit einem schwierigen Marktumfeld.

Wie ist die VP Bank mit den Restriktionen im Russland-Geschäft umgegangen?

Die internationalen Sanktionen und Restriktionen hat die VP Bank gruppenweit sofort und konsequent angewendet und die nötigen Massnahmen in einer Task Force koordiniert. Neben der Umsetzung der Sanktionsbestimmungen und der Restriktionen lag der Fokus auch auf der fortlaufenden Überwachung und Analyse des Kreditbuchs und der Auswirkungen auf den Wertschriftenhandel sowie in der Beobachtung der Entwicklungen im Bereich Cyberrisiken. Russland ist für die VP Bank Gruppe kein Zielmarkt mehr. Neue Kundinnen und Kunden mit Wohnsitz in Russland werden nicht mehr angenommen. Das bestehende Geschäft mit russischen Verbindungen analysieren wir und geben dieses – wenn die Restriktionen es zulassen – wieder für gängige Geschäfte frei.

«Die Umsetzung und Weiterführung des Sanktionsregimes war nicht nur ein Kostentreiber, sondern bindet auch Ressourcen auf allen Ebenen und zwingt uns strategische Projekte neu zu priorisieren.»

Welchen Anteil hatten die Kosten im Zusammenhang mit den Russland-Sanktionen am höheren Geschäftsaufwand?

Die Umsetzung und Weiterführung des Sanktionsregimes war nicht nur ein Kostentreiber, sondern bindet auch Ressourcen auf allen Ebenen und zwingt uns strategische Projekte neu zu priorisieren.

Nicht wenige Beobachter zeigten sich vom Entscheid überrascht, im zweiten Halbjahr die finanziellen Ziele der Strategie 2026 überprüfen zu wollen. Inwieweit lassen sich solch unruhige Zeiten wie jetzt in eine Strategieplanung inkludieren? Waren Sie zu optimistisch?

Die Überprüfung unserer finanziellen Ziele sollte nicht überraschen, sondern ist die logische Konsequenz eines stark veränderten Marktumfelds. Wir stehen heute vor einer anderen Ausgangslange als 2021, wo wir in den neuen Strategiezyklus gestartet sind. Unternehmerisches Denken fordert, Anpassungen vorzunehmen, wenn sich das Umfeld nicht so entwickelt, wie wir es angenommen haben. Mir ist wichtig zu betonen, dass wir an den langfristigen Ambitionen und den Inhalten der Strategie festhalten und diese auch weiterverfolgen. Was wir überprüfen, sind die finanziellen Ziele der Strategie bis 2026.

«Open Wealth trifft den Nerv der Zeit. Unsere Kundschaft wird digitaler und vernetzter, die Angebote auch in der Vermögensverwaltung vielfältiger und zahlreicher. Daran ändert das aktuelle Wirtschafts- und Marktumfeld nichts.»

An der Strategie 2026 selbst ändert sich also nichts?

Nein, an unserer Strategie und Vision, das traditionelle Banking mit den Vorteilen digitaler Ökosysteme zu verbinden, ändert sich nichts. Open Wealth trifft den Nerv der Zeit. Unsere Kundschaft wird digitaler und vernetzter, die Angebote auch in der Vermögensverwaltung vielfältiger und zahlreicher. Daran ändert das aktuelle Wirtschafts- und Marktumfeld nichts. Im Gegenteil: der Wunsch nach Orientierung und Sicherheit in Vermögensfragen dürfte in einem von Unsicherheiten geprägten und volatilen Umfeld sogar zunehmen. Eine langfristige persönliche Zusammenarbeit über unsere Beraterinnen und Berater bleibt deshalb zentral.

Wie weit ist die Umsetzung zum heutigen Zeitpunkt fortgeschritten?

In den ersten 1.5 Jahren unserer Strategieumsetzung haben wir viel Vorarbeit geleistet. Die technologische Basis für Open Wealth ist nun gelegt. Nun gilt es, mit neuen Dienstleistungen und Angeboten für unsere Kundschaft darauf aufzusetzen. Die Absicht, die Vorteile der Technologie mit einem konkreten Mehrwert für die Kundschaft zu verbinden, bleibt in der Entwicklung unseres Angebots zentral. Auf dieser Basis bauen wir auch das Angebot rund um Nachhaltigkeit, Privatmarktanlagen oder auch die auf breites Interesse gestossene Tokenisierung von realen Vermögenswerten laufend weiter aus.

Herr Arni, besten Dank für das Interview.

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