Peter Ilg, Head of Swiss Real Estate Institute, im Interview

Peter Ilg, Head of Swiss Real Estate Institute, im Interview
Peter Ilg, Head of Swiss Real Estate Institute. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Ilg, das Swiss Real Estate Institute hat im Auftrag von newhome die Entwicklung der Wohneigentumspreise im Jahr 2023 untersucht. Inwieweit haben die Leitzinserhöhungen der SNB Wirkung gezeigt?

Peter Ilg: Die SNB-Leitzinserhöhungen von insgesamt 2.5 Prozentpunkten seit Mitte 2022 dürften den Preisauftrieb von Schweizer Wohneigentum gebremst, aber nicht zum Stillstand gebracht haben.

Bei den Einfamilienhäusern wurde ein robustes Preiswachstum von 3.6% verzeichnet, bei Eigentumswohnungen lag der durchschnittliche Preisanstieg nur bei 0.4%. Wie erklärt sich dieser Unterschied?

Ein Grund für den im Vergleich zu Eigentumswohnungen kräftigeren Preisanstieg bei Einfamilienhäusern könnte sein, dass die Käuferschaft von Einfamilienhäusern über mehr Eigenkapital verfügt als die Käufer von Eigentumswohnungen und damit weniger von der Verteuerung der Hypotheken betroffen ist. Zwei Drittel der Erstkäufer erhalten Unterstützung von der «Mami und Papi Bank». Zudem werden deutlich weniger neue Einfamilienhäuser erstellt als neue Eigentumswohnungen. Das knappe Angebot führt auch zu einer höheren Preissteigerung als bei Eigentumswohnungen. Last but not least ziehen viele junge Familien ein Einfamilienhaus einer Eigentumswohnung vor, da man keine Nachbarn unten und oben hat, die sich über den Lärm der Kinder beschweren könnten.

Mit einem Plus von über 8 Prozent resp. fast 7 Prozent verzeichneten die Einfamilienhauspreise in den Regionen Ostschweiz und Tessin überdurchschnittliche Anstiege. Ebenso in der Zentralschweiz. Wie lässt sich das erklären?

Das Preisniveau von Wohneigentum in der Ostschweiz und dem Tessin ist im Vergleich zu den Regionen Zürich, Nordwestschweiz und Zentralschweiz unterdurchschnittlich. Die Erschwinglichkeit von Wohneigentum ist damit in diesen beiden Regionen grösser, womit sich ein grösseres Nachfragepotential ergibt. Das überdurchschnittliche Wachstumstempo könnte damit durch einen gewissen Nachholeffekt erklärt werden.

«Das Preisniveau von Wohneigentum in der Ostschweiz und dem Tessin ist im Vergleich zu den Regionen Zürich, Nordwestschweiz und Zentralschweiz unterdurchschnittlich.»
Peter Ilg, Head of Swiss Real Estate Institute

Am ehesten lässt sich der Traum vom Einfamilienhaus noch im Espace Mittelland verwirklichen, wo die durchschnittlichen Preise deutlich unter 1 Mio. Franken liegen. Ist dafür immer noch die alte Immobilien-Regel «Lage, Lage, Lage» verantwortlich, im Sinne, dass diese im Espace Mittelland weniger attraktiv eingeschätzt wird?

Die Region Espace Mittelland, d.h. die Kantone Bern und Solothurn, sind insbesondere im Vergleich zur Zentralschweiz, auch aufgrund der höheren Steuern, wirtschaftlich etwas weniger stark wachsend. Das führt dazu, dass die Kaufkraft etwas weniger hoch ist und dadurch die Preise auch für Eigenheime tiefer sind.

Praktisch stagniert haben die Preise im Bereich der Eigentumswohnungen, wobei auch hier die regionalen Unterschiede sehr gross sind, resp. zum Beispiel im Espace Mittelland deutliche Preisrückgänge zu verzeichnen waren. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?

Zum Preisrückgang von Eigentumswohnungen insbesondere in der Region Espace Mittelland könnte mit die vergleichsweise hohe Leerstandsquote von Mietwohnungen in dieser Region beigetragen haben. Haushalte, die dringend nach freiem Wohnraum in den Kantonen Bern und Solothurn suchen, könnten weniger gezwungen sein als in anderen Regionen, auf Eigentumswohnungen anstelle von Mietwohnungen auszuweichen. Mittel- und langfristig wirkt die rückläufige Bautätigkeit und überdurchschnittlich hohe Zuwanderung nach wie vor preisstützend für Wohneigentum.

In den sechs untersuchten Regionen wurden die Gemeinden herausgesucht, in denen Eigenheimpreise im Jahr 2023 am höchsten und am tiefsten waren. Gab es Überraschungen?

Bei den teuersten Gemeinden für Wohneigentum, die ausnahmslos in den Kantonen Zürich, Zug und Basel-Landschaft liegen, gab es keine Überraschungen. Überraschend war vielmehr die Preisspanne zwischen den teuersten und preiswertesten Objekten pro untersuchte Region, die sich insbesondere in der Region Zürich auf ein Verhältnis 10:1 ausweitete. Überraschend war auch, dass nur 45 S-Bahn Minuten ausserhalb der Stadt Zürich, in Neuhausen am Rheinfall, Einfamilienhäuser für rund 0.6 Mio Franken gekauft werden können. Das heisst, es lässt sich auch mit noch moderaten Pendelzeiten der Traum vom Eigenheim verwirklichen. In der Region Zürich liegen die preiswertesten Einfamilienhäuser in der Gemeinde Glarus-Süd – eine Autostunde entfernt – für durchschnittlich 0,4 Mio Franken.

«Es lässt sich auch mit noch moderaten Pendelzeiten der Traum vom Eigenheim verwirklichen.»

Lässt sich denn auch feststellen, dass Käuferinnen und Käufer eher auf das Land und die Agglomeration ausweichen?

Bei Eigentumswohnungen stagnierten die Objektpreise in den fünf untersuchten Regionen in den ländlichen Pendlergemeinden bzw. waren sogar leicht rückläufig, d.h. die «Landflucht» kann nicht festgestellt werden.

Bei den Einfamilienhäusern stiegen die Objektpreise in den ländlichen Gemeinden in den beiden Regionen Ostschweiz und Tessin trotz höheren Insertionsvolumina an, d.h. nur in diesen beiden Regionen kann eine Verlagerung der Einfamilienhaus-Nachfrage in ländlichere Gemeinden festgestellt werden. Die Theorie, dass nach Corona alle im Home Office arbeiten und somit die Nachfrage nach Eigenheimen in ländlichen Regionen steigt, war somit nicht zutreffend.

«Eine «Landflucht» kann nicht festgestellt werden.»

Je höher die Preise steigen, desto kleiner wird der Kreis der potenziellen Käuferinnen und Käufer. Führt das zu Bremsspuren am Immobilienmarkt?

Selbstverständlich führen anhaltende Preissteigerungen zu einer reduzierten Erschwinglichkeit und damit zu einem immer kleineren Kreis von potentiellen Käufern. Da wir zum Glück politische Stabilität in der Schweiz geniessen, sind diese Familienvermögen oft relativ stattlich und erklären auch, weshalb die Immobilienpreise seit Jahren stärker steigen als die Einkommen.

Obwohl die Zinsen gestiegen sind, haben die Preise für Eigenheime nicht nachgegeben, im Gegenteil. Sehen Sie irgendwo Anzeichen für eine Trendwende?

Preiskorrekturen am Immobilienmarkt benötigen eine deutlich längere Zeit als z.B. an den Finanzmärkten (z.B.Aktienmarkt). Erste Anzeichen einer langsamen Preiskorrektur könnten sich z.B. in der Region Espace Mittelland und Zürich abzeichnen. Andererseits ist der Zinspeak erreicht und es wird nach wie vor relativ wenig gebaut. Insofern gehen wir auch weiterhin von eher steigenden Preisen aus.

Über das Swiss Real Estate Institute
Das Swiss Real Estate Institute (swissrei.ch) ist eine Stiftung der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich und des Schweizerischen Verbandes der Immobilienwirtschaft SVIT Schweiz. Das Institut konzentriert sich neben der Forschung auf die Bereiche Lehre und Dienstleistung/Beratung für die Schweizer Immobilienwirtschaft.

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