Reiner Pichler, CEO Calida, im Interview

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Pichler, Sie haben am 1. April die Nachfolge des langjährigen CEOs Felix Sulzberger angetreten. Mit welchen Vorgaben und mit welchen persönlichen Zielen?

Reiner Pichler: Als erstes war mir wichtig, die Mitarbeiter und die Organisation kennenzulernen und zu verstehen. Und danach mit dem Management Team die neue Strategie «Organisches Wachstum» zu entwickeln. Im September werden wir die Strategie dem Verwaltungsrat vorstellen und noch im Jahr 2016 mit der Umsetzung beginnen.

Der Umsatz von Calida legte im ersten Halbjahr um 6,4 % zu, das operative Ergebnis im Vergleich zum allerdings sehr tiefen Vorjahresergebnis sogar um 42 %. Wie werten Sie das Resultat in Anbetracht der herausfordernden Rahmenbedingungen?

Das Resultat im ersten Halbjahr ist wirklich sehr gut. Vor allem hinsichtlich der schwierigen und anspruchsvollen Rahmenbedingungen in der Schweiz und in Frankreich, den beiden Hauptmärkten der Gruppe.

Der Nettoumsatz der Hauptmarke Calida, die 40 % des Umsatzes in der Schweiz erzielt, verzeichnete im ersten Halbjahr ein Plus von 3,5 %. Wie wirkt Calida dem stetig wachsenden Einkaufstourismus entgegen?

Mit guten und vor allem wirksamen Aktionen im Marketing. Calida schaltete eine sehr erfolgreiche E-Board Kampagne in der Schweiz, was zu sehr guten Ergebnissen geführt hat. Und durch Produktinnovationen wie zum Beispiel «Daily Function by CALIDA». Tag- und Nachtwäsche mit Funktion ist etwas echt Besonderes und fühlt sich wirklich grossartig an – kühlt wenn es zu warm ist und wärmt wenn es zu kalt ist.

«Im Hauptmarkt Frankreich war die aufgrund der Terroranschläge erheblich tiefere Kundenfrequenz in unseren Stores und bei unseren Partnern im Handel deutlich spürbar.»
Reiner Pichler, CEO Calida

Gut lief es beim Outdoor-Spezialisten Millet Mountain Group, die ihren Umsatz um 11 % steigern konnte. Die Stabilisierung von Millet ist aber noch nicht abgeschlossen. Welche Massnahmen stehen an?

Die Zahlen im ersten Halbjahr sind sehr gut. Allerdings erfolgten die Verkäufe an die Händler bereits in 2015, die Auslieferung der Produkte aber erst in der ersten Jahreshälfte 2016. Der warme Winter, das verregnete Frühjahr, die Terroranschläge im Hauptmarkt Frankreich und die Folgen des Einkaufstourismus im zweitstärksten Markt Schweiz haben zu Umsatzeinbussen geführt, die sich auch im zweiten Halbjahr auf das Geschäftsergebnis auswirken werden. Wir arbeiten weiter an der Positionierung der Marken der Millet Mountain Group, an der Internationalisierung und vor allem an der Entwicklung innovativer Produkte.

In der Furniture Division mit dem Outdoor Möbelgeschäft ist das erste Halbjahr von entscheidender Bedeutung. Wie bewerten Sie den Geschäftsverlauf im ersten Halbjahr?

Unsere Furniture Division erzielt saisonalitätsbedingt den grössten Teil des Umsatzes in den ersten sechs Monaten des Jahres. Die Ergebnisse sind sehr gut. Wir arbeiten intensiv an der Strategie, um diesen Erfolg langfristig zu sichern.

Die Lingerie-Marke Aubade sowie die Surf- und Lifestyle-Marke Oxbow, die einen Grossteil ihres Umsatzes in Frankreich erzielen, litten im ersten Halbjahr und den Terroranschlägen. Wie haben sich die Folgen konkret dargestellt?

Im Hauptmarkt Frankreich war die aufgrund der Terroranschläge erheblich tiefere Kundenfrequenz in unseren Stores und bei unseren Partnern im Handel deutlich spürbar. Die Konsumenten waren und sind verunsichert. Bei Oxbow spielte zusätzlich das verregnete Frühjahr eine Rolle – als Surfbrand hängen wir stark vom Wetter ab.

Wie haben Sie reagiert?

Wir haben verstärkt in die Schulung unseres Verkaufspersonals investiert, um die verbleibenden Kunden unter den gegebenen Umständen bestmöglich zu bedienen. Ausserdem haben wir die Unterstützung und Zusammenarbeit mit unseren Schlüsselkunden intensiviert. Parallel dazu wurden unsere Produktinnovationen vorangetrieben, beispielsweise die Zusammenarbeit von Aubade mit dem französischen Designers Christian Lacroix, die sehr erfolgreich war.

«E-Commerce ist für uns eine grosse Chance, aber gleichzeitig eine grosse Herausforderung.»

Die Online-Verkäufe erreichen mittlerweile einen Anteil von 3,6 % am Nettoverkaufserlös, 0,8 % mehr als vor einem Jahr. Wie viel Potenzial sehen Sie im E-Commerce, vor allem im Textil-Bereich?

E-Commerce ist für uns eine grosse Chance, aber gleichzeitig eine grosse Herausforderung. Wir werden in E-Commerce investieren, den Omni-Channel Gedanken jedoch in den Vordergrund stellen und unsere Partner im Handel mit ins Boot nehmen.

«Das angestrebte Wachstum soll nicht über Akquisitionen erfolgen»

Aus heutiger Sicht – wie präsentieren sich die Erwartungen für die zweite Jahreshälfte?

Die Voraussetzungen für die zweite Jahreshälfte bleiben anspruchsvoll. Die Verunsicherung durch Terror, die Frankenstärke mit der damit verbundenen Abwanderung der Konsumenten ins Ausland sowie die Überlager unserer Handelspartner aufgrund des ungünstigen Wetters wirken sich negativ auf die Vororder bei der Millet Mountain Group aus. Nicht zuletzt sind die Brexit-Folgen noch nicht umfassend abzuschätzen.

Das gesamte Team arbeitet mit Hochdruck daran, die Umsätze trotz der negativen Bedingungen auf Vorjahresniveau zu halten. Das Ergebnis wird jedoch aufgrund von Investitionen in die Strategie und in die Marken der Gruppe leicht unter Vorjahr liegen.

Letzte Frage: Nach Jahren der vielen Zukäufe lautet die neue Strategie, den Fokus auf organischem Wachstum zu konkretisieren und umzusetzen. Sind Zukäufe vorderhand generell ausgeschlossen?

Im Moment ein klares Ja. Das angestrebte Wachstum soll nicht über Akquisitionen erfolgen. Sollte es aber echte Chancen geben, werden wir diese natürlich prüfen.

Herr Pichler, wir bedanken uns für das Interview.

Zur Person:
Reiner Pichler ist seit 1. April 2016 CEO der Calida Group. Der 53-jährige Deutsche, der auch die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, begann seinen Berufsweg bei der Hugo Boss AG, wo er zum Mitglied der Verkaufsleitung Deutschland aufstieg. Von 1991 bis 1994 war er Geschäftsführer Vertrieb des Gruppo Finanziario Tessile, Turin/Deutschland für die Region D/A/CH (Marken Giorgio Armani und Valentino). Danach übernahm Reiner Pichler als CEO die Leitung der Holy Fashion Group, die weltweit 1400 Personen beschäftigt, in mehr als fünfzig Ländern arbeitet und die Marken Strellson, Joop! und Windsor sowie bis 2012 die Lizenz von Tommy Hilfiger Tailord für Europa umfasst. Ende 2013 wechselte Pichler als CEO zum deutschen Modekonzern s.Oliver.

Zum Unternehmen:
Die CALIDA Gruppe ist eine global tätige Bekleidungsgruppe mit Hauptsitz in der Schweiz. Sie besteht aus den Marken CALIDA und AUBADE im Lingeriesegment sowie den Marken MILLET, OXBOW, EIDER und LAFUMA im Alpinsport- und Outdoorsegment und erzielte 2015 einen Umsatz von über CHF 350 Millionen mit rund 3‘000 Mitarbeitern. Die CALIDA Gruppe ist an der SIX Swiss Exchange kotiert.

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