Renya Heinrich, CEO Zug Tourismus, im Interview

Renya Heinrich, CEO Zug Tourismus, im Interview
Renya Heinrich, CEO Zug Tourismus

Von Dominik Buholzer

Zug ist Wirtschaftsstandort und zieht deshalb auch Geschäftstouristen an. Aber sonst spielt er touristisch kaum eine Rolle. Wie kommt dies?

Renya Heinrich: Man hat es in der Vergangenheit verpasst, Zug als touristische Marke zu positionieren.

«Man war nicht gezwungen, dies stärker zu vermarkten. Unzählige Anbieter lebten bislang gut vom Geschäftstourismus. Dies war sozusagen ein Selbstläufer.» Renya Heinrich, CEO Zug Tourismus

An Sehenswürdigkeiten mangelt es der Region nicht.

Richtig: Die Altstadt der Stadt Zug, die unvergleichlichen Sonnenuntergänge, die reizvolle Landschaft … Zug hat einiges zu bieten. Man war nicht gezwungen, dies stärker zu vermarkten. Unzählige Anbieter lebten bislang gut vom Geschäftstourismus. Dies war sozusagen ein Selbstläufer.

Bis Corona kam und die Geschäftsreisenden ausblieben. Führte die Pandemie zu einem Umdenken?

Es war ein schleichender Prozess, aber auf jeden Fall hat die Pandemie diesen beschleunigt. Es wurde immer mehr der Wunsch geäussert, Zug neu zu positionieren. Dies ist zu begrüssen. Eine neue Tourismusstrategie ist immer auch eine Chance, eine Region oder einen Kanton neu zu positionieren, sein Image aufzupolieren. 

Wie wollen Sie den Touristenmassen Zug näher bringen?

In dem wir genau dies vermeiden wollen. Unsere Region mit ihren kleinen Dörfern und Städten eignet sich überhaupt nicht für den Massentourismus. Da würde alleine schon die Bevölkerung nicht mitmachen. Dies spüren wir in Gesprächen immer wieder.

Welchen Tourismus streben Sie dann an?

Zug ist eine Perle. Wir wollen den Kanton als touristischer Geheimtipp positionieren und setzen dabei auf Qualitäts- und Individualtourismus in diversen Nischen.

«Unsere Region mit ihren kleinen Dörfern und Städten eignet sich überhaupt nicht für den Massentourismus.»

Und wie soll dies gelingen?

Wir wenden uns in einem ersten Schritt gezielt an Touren-Velofahrende. Das sogenannte Velotouring ist eines der europaweit stärkst wachsenden Tourismussegmente. Es sind sämtliche Kaufkraftklassen vertreten, die Kategorie der hohen Einkommen legt jedoch überproportional zu. Velofahren hat in der Pandemie einen unglaublichen Boom erlebt. Wir sind überzeugt, dass dieser noch lange nicht vorbei ist. Das Positive ist, dass wir nicht was Neues aufbauen müssen, sondern das Bestehende verbessern wollen.

Das heisst?

Mit der Veloland-Route 9 vom Bodensee bis Lac Léman und der Herzroute von Willisau nach Zug führen zwei bereits heute beliebte Strecken mit nationaler Ausstrahlung durch respektive nach Zug. Bislang haben die Tourenfahrenden in erster Linie Zug passiert. Nun möchten wir erreichen, dass sie hier bei uns übernachten. Wir sind überzeugt, dass sich dies mittels gezielten Marketing- und Kooperationsmassnahmen bewerkstelligen lässt. Besonders Augenmerk soll dabei Tourenfahrenden in der Deutschschweiz, der Romandie und dem grenznahen Ausland geschenkt werden.

«Wir wenden uns in einem ersten Schritt gezielt an Touren-Velofahrende. Das sogenannte Velotouring ist eines der europaweit stärkst wachsenden Tourismussegmente.»

Das hört sich gut an, aber wie soll die Umsetzung konkret aussehen?

Uns schwebt vor, dass die potenziellen Etappenorte entlang der Veloland-Route 9 eine Vermarktungskooperation gründen, ihre Strecke vermarkten und zu einer eigentlichen Marke schärfen. Erste Gespräche mit anderen Etappenorten haben uns gezeigt, dass diesbezüglich ein hohes Interesse vorhanden ist. Wir von Zug Tourismus wollen selber  die digitalen Kanäle stärker bespielen und die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Leistungsträgern fördern, um die Bedürfnisse von Velotourer wie Wäscheservice, Veloraum, Basis-Reparatur-Set zu erfüllen.

Sie waren vor ihrer Tätigkeit in Zug im Tourismus in Graubünden tätig. Stellen Sie bei ihrer Arbeit Unterschiede zwischen den beiden Regionen fest?

Die gibt es ganz klar. In Graubünden muss man niemanden erklären, welche wichtige Rolle der Tourismus für die Volkswirtschaft spielt. In Zug ist dies ein wenig anders. Hier musste ich zum Teil noch Überzeugungsarbeit leisten. Das war für mich eine neue Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte.

Sie stiessen mit ihrer neuen Strategie zuerst auf Ablehnung?

Nicht Ablehnung, aber Skepsis. Dies macht meine Tätigkeit hier so spannend. Wir haben die Chance, unsere Gäste positiv zu überraschen und Zug ganz neu zu positionieren.


Renya Heinrich
ist diplomierte Tourismusfachfrau HF mit Weiterbildungen in Marketing und Kommunikation und seit zwei Jahren Geschäftsführerin von Zug Tourismus. Die gebürtige Zugerin war während vieler Jahre erfolgreich in namhaften Unternehmen im Kanton Graubünden tätig. So waren unter anderem die Tourismusorganisation der Destination Davos Klosters, die Rhätische Bahn, Marketing- und Werbeagenturen wie auch gehobene Ferienhotels in Graubünden Meilensteine in ihrer Karriere. Die Ausbildung zur Tourismusmanagerin hat Reyna Heinrich an der Tourismusfachschule in Samedan (GR) und am SAWI (Academy for Marketing and Communication Zürich) absolviert.

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