Reto Preisig, Vorsitzender der Geschäftsleitung Brauerei Schützengarten, im Interview

Reto Preisig, Vorsitzender der Geschäftsleitung Brauerei Schützengarten, im Interview
Reto Preisig, Vorsitzender der Geschäftsleitung Brauerei Schützengarten. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Preisig, die Brauerei Schützengarten hat im Ende September abgeschlossenen Geschäftsjahr 2018/2019 rund 1,2 % mehr als im Vorjahr abgesetzt. Wie werten Sie das Resultat?

Reto Preisig: Der Einsatz des gesamten Schützengarten-Teams war im vergangenen Jahr sehr hoch. Denn im Biermarkt herrscht ein Verdrängungskampf. Umso mehr dürfen wir mit dem Resultat zufrieden sein, zumal wir auch ein solides finanzielles Ergebnis erzielen durften.

Welches waren die Wachstumstreiber?

Stark zulegen konnten wir den Absatz unserer alkoholfreien Biere, was vor allem auf den Erfolg unseres neuen Biermischgetränks Grapefruit zurückzuführen ist. Entgegen dem nationalen Trend konnten wir auch die Bierverkäufe an die Gastronomie leicht steigern, wogegen ich gerade im Detailhandelskanal noch Potenzial sehe. Wir haben unser Sortiment in den letzten Jahren ausgebaut und können mit unseren Qualitätsprodukten als älteste Schweizer Brauerei und unabhängige Familienbrauerei bei der Konsumentenschaft punkten. Einheimische Biere sind zunehmend gefragt. Zudem sind wir als einzige Schweizer Brauerei Slow Brewing zertifiziert.

«Wir stellen fest, dass das Getränk Bier immer stärker in genussorientierten Konsumsituationen zum Zug kommt und viele Konsumenten öfter auch ein Bier als Begleiter zu einem guten Essen trinken.»
Reto Preisig, Vorsitzender der Geschäftsleitung Brauerei Schützengarten

Über Jahre trank die Schweizer Bevölkerung immer weniger Bier, im Fussball-WM Jahr 2018 nahm der Konsum dann erstmals wieder zu, jetzt erneut leicht um 1,0%. Welche Erklärung haben Sie dafür?

Zum einen hatten wir in der Bierbranche auch im vergangenen Jahr wieder etwas Wetterglück. Warme Temperaturen fördern insbesondere in den Sommermonaten den Bierkonsum. Weiter stellen wir fest, dass das Getränk Bier immer stärker in genussorientierten Konsumsituationen zum Zug kommt und viele Konsumenten öfter auch ein Bier als Begleiter zu einem guten Essen trinken. Hier hilft, dass nicht nur wir, sondern auch viele andere Brauereien ihr Angebot ausgebaut haben.
Vielleicht gerade deshalb haben sich die Bierverkäufe in den letzten Jahren positiv entwickelt, dies im Gegensatz zum Wein.

Wie sehen Sie den immensen Anstieg der Mikrobrauereien in der Schweiz? Nehmen Sie die rund 1100 Kleinst- und Mikrobrauereien als Konkurrenz oder als Bereicherung wahr?

Die vielen Mikrobrauereien haben in den letzten 10 Jahren den Biermarkt massiv belebt und auch gefördert. Wichtig für die gesamte Branche ist jedoch, dass in allen Brauereibetrieben auch mit entsprechendem Fachpersonal gearbeitet wird. Auch wir als mittelgrossess Unternehmen betreiben eine Mikrobrauerei, und zwar im Tessin die Birrificio San Martino SA.

Was die kleinen Brauereien nicht haben, ist die Kapazität, Nachwuchs auszubilden. Finden Sie genügend Fachkräfte?

Wir fördern die Bierbrauer-Ausbildung in unserem Unternehmen und beschäftigen Lehrlinge, welche die dreijährige Ausbildung zum Lebensmitteltechnologen Schwerpunkt Bier (Bierbrauer) absolvieren. Schweizweit absolvieren allerdings aktuell nur 35 Jugendliche die Ausbildung, eine kleine Zahl bei den über 1’100 biersteuerpflichtigen Brauereien. Denn für die Lernendenausbildung muss eine Brauerei über eine Infrastruktur verfügen, welche die Ausbildung von A bis Z im Betrieb gewährleisten kann. Dies ist nur in professionell und somit hauptberuflich geführten Brauereien der Fall. Die Suche nach Fachkräften ist in der Tat sehr schwierig, dies haben wir zuletzt auch festgestellt, als wir für unsere Tessiner Birrificio San Martino einen einheimischen Brauer gesucht haben.

«Die Suche nach Fachkräften ist in der Tat sehr schwierig.»

Die Brauerei Schützengarten hat zahlreiche neue Biere und Bierspezialitäten entwickelt. Nach welchen Kriterien werden bei Ihnen neue Biere kreiert?

Wir sind mit unseren Kundenberatern sehr nahe an der Front und erhalten so von der Kundschaft wie auch von den Konsumenten die verschiedensten Hinweise auf Bedürfnisse und Trends. Auf der anderen Seite haben wir ausserordentlich kreative Brauer in unserem Unternehmen, die gerne Ausschau nach neuen Rezepturen halten. Am Schluss geht es auch darum, den richtigen Moment für die Lancierung eines neuen Produktes zu finden.

Welche Rolle spielt dabei die Kleinbrauerei im Brauwerk in St. Gallen?

In unserer Gasthausbrauerei Brauwerk, welche wir in einem unserer eigenen Gastronomiebetriebe am Hauptbahnhof in St. Gallen betreiben, tüftelt unsere Crew ständig nach neuen Rezepturen. Dort werden Kreativbiere entwickelt, die im Premiumsegment angesiedelt sind. Das Schöne ist, dass die Biere direkt der Kundschaft angeboten werden können und wir sofort eine Rückmeldung erhalten. Unsere Neukreationen stammen künftig ausschliesslich aus dem Brauwerk, bevor sie dann in den grösseren Sudkesseln der Brauerei hergestellt werden.

Am anderen Ende dieser Braukunst sind Billigbiere, die zum Teil für 50 Rappen die Halbliterdose erhältlich sind. Welchen Stellenwert messen Sie Billigbieren bei?

Immer noch werden mehr als 20% der Biere, welche in der Schweiz konsumiert werden, importiert, auch wenn sich dieser Anteil in den letzten Jahren etwas zurückgebildet hat. Ein Grossteil davon sind ausschliesslich billige Dosenbiere. Unser Ziel ist es, die Kundschaft von unseren Qualitätsbieren zu überzeugen. Dabei geht es aber auch um nachhaltige Argumente wie kurze Transportwege, unsere Engagements in Kultur, Sport, soziale Institutionen oder Energie. So betreibt die Brauerei Schützengarten beispielsweise für die Bierproduktion auch ein eigenes Wasserkraftwerk und gibt den nicht benötigten Strom ins öffentliche Netz ab.

Die Gastronomie und der Detailhandel sind die Hauptabsatzkanäle der Brauerei Schützengarten. Welchen Stellenwert messen Sie dem Onlinegeschäft zu?

Ob ein globaler Konzern oder Schützengarten als mittleres Schweizer KMU: Auf eine Onlinepräsenz mit Webshop kann heute kaum noch ein absatzorientiertes Unternehmen verzichten. Auch im vergangenen Jahr hat der Online-Handel erneut zugelegt. Neue Technologien tragen dazu bei, dass sich der Konsum in Zukunft immer weiter ins Internet verlagert.

Unser Ziel ist die Präsenz auf den verschiedensten Online-Kanälen des klassischen Detailhandels mit einem möglichst umfangreichen Sortiment. Zudem haben wir im vergangenen Jahr auch einen Webshop für unsere B2B-Kunden eingerichtet. Nun kann der Kunde die Bestellung der Schützengarten-Biere und anderen Getränken oder auch Wein, via der Schützengarten-Onlinelösung aufgeben. Die Bestellungen wurden früher vorwiegend per Fax oder Telefon aufgegeben, oft mit bis zu 30 oder mehr Einzelposten. Der ganze Bestellprozess hat sich so für beide Seiten vereinfacht. Wir vermeiden Medienbrüche und reduzieren Fehlbestellungen.

«Unser Ziel ist die Präsenz auf den verschiedensten Online-Kanälen des klassischen Detailhandels mit einem möglichst umfangreichen Sortiment. Zudem haben wir im vergangenen Jahr auch einen Webshop für unsere B2B-Kunden eingerichtet.»

Nächstes Jahr steht mit der Fussball-Europameisterschaft wieder ein sportlicher Grossanlass auf dem Programm. Es dürfte also auch im Geschäftsjahr 2019/2020 aufwärts gehen?

Wir sind optimistisch, doch ausruhen können wir uns definitiv nicht. Denn wir wollen die Bedürfnisse einer anspruchsvollen Kundschaft erfüllen. Wenn zusätzlich auch noch das Wetter bei den vielen Public Viewings im Umfeld der Fussball-Europameisterschaft mitspielt und die Schweizer Mannschaft die eine oder andere Zusatzrunde erreicht, dann dürfen wir mit einem guten Resultat rechnen.

Wenn Sie einen Blick über das nächste Jahr hinauswerfen: In welche Richtung wird sich der Biermarkt bewegen und wie sehen Sie die Brauerei Schützengarten positioniert?

In den letzten Jahren haben wir sehr viel in unseren Produktionsstandort und in unser Sortiment investiert. Zurzeit laufen Vorbereitungen für den Bau eines neuen Lagerkellers. Grundsätzlich rechnen wir mit einer stabilen Marktentwicklung. Bezüglich Weiterentwicklung des Sortiments machen wir uns laufend Gedanken und realisieren entsprechende Produktversuche. Als älteste Schweizer Brauerei möchten wir Zeitströmungen aufnehmen und die Schweizer Bierkultur weiterentwickeln und prägen. Trotzdem gilt es insbesondere, das aktuelle Sortiment von rund 20 Bieren entsprechend breit im Markt zu platzieren. Aber vor allem möchten wir mit Herz, Kompetenz und Einsatz für zufriedene Kunden und Partner sorgen. Nur so gelingt es uns, langfristig erfolgreich zu sein.

Brauerei Schützengarten

 
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