Reto Ringger, Gründer und CEO Globalance Bank, im Interview (Teil 1)

Reto Ringger, Gründer und CEO Globalance Bank, im Interview (Teil 1)
Reto Ringger, Gründer und CEO Globalance Bank. (Foto: zvg)

von Sandra Willmeroth

Moneycab.com: Herr Ringger, Globalance ist in den letzten beiden Jahren um rund 50 Prozent gewachsen. Ist das dem gestiegenen Umweltbewusstsein in der Bevölkerung zu verdanken?

Reto Ringger: Das hat sicherlich geholfen. Aber der Treiber ist ein anderer: Wir haben die Bank sehr klar auf die Zielgruppe von umweltaffinen Anlegern, Unternehmern, Familien und Stiftungen ausgerichtet. Diese Zielgruppe nimmt laufend zu und bringt uns neue Interessenten. Unsere Positionierung und die konsequente Umsetzung sind schwierig zu kopieren. Zudem haben wir eine ausgesprochen unternehmerische Kultur und jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin ist beteiligt. All diese Komponenten führen zu unserem hohen Wachstum und auch einer hohen Kundenzufriedenheit.

Wird das Wachstum weiter andauern? Welche quantitativen Ziele haben Sie Ihrem Unternehmen gesetzt?

Niemand kennt die Zukunft, aber wir sind sehr zuversichtlich. Das Thema Nachhaltigkeit im Finanzmarkt steht erst am Anfang. Die Konkurrenz muss sich noch orientierten und eine Strategie, Know-how, Ressourcen und Kredibilität aufbauen. Zum Wachstum: In den nächsten Jahrzehnten wird sehr viel vererbt werden. Gemäss Studien gehen bei der Erbschaft 80-85% der Vermögen der Erblasser von den bestehenden Banken weg und die Erben suchen sich andere Anbieter, die besser zu ihnen passen. Das ist für neue und klar positionierte Banken eine grosse Opportunität. Die meisten unserer Neugelder generieren wir denn auch bei Vermögensänderungen wie Erbschaft, Unternehmensverkäufen etc.

«Das Thema Nachhaltigkeit im Finanzmarkt steht erst am Anfang. Die Konkurrenz muss sich noch orientierten und eine Strategie, Know-how, Ressourcen und Kredibilität aufbauen.»
Reto Ringger, Gründer und CEO Globalance Bank

Im neusten Geschäftsbereich B2B arbeiten Sie mit anderen Banken und Vermögensverwaltern zusammen. Deren Geschäftstätigkeit wird ab 2023 stärker reguliert, planen Sie hier gegebenenfalls Zukäufe?

Ja, der B2B Bereich ist für uns sehr zukunftsträchtig. Zukäufe machen für uns aber keinen Sinn. Wir sind anders positioniert, stellen an unsere Berater andere Ansprüche und haben eine spezielle Unternehmenskultur. Zukäufe wären sehr schwierig zu integrieren. Wir fokussieren daher auf das Wachstum aus eigener Kraft bzw. haben darum das B2B Geschäft aufgebaut, um mit anderen Banken und Vermögensverwaltern zu wachsen, welche das Thema fokussiert und mit einem starken Partner angehen wollen.

Was halten Sie von der EU-Taxomonie, die Unternehmen verpflichtet ihre Wirtschaftstätigkeit hinsichtlich der Nachhaltigkeit zu definieren?

Die Finanzbranche hat global gesehen in den vergangenen 30 Jahren zu wenig Fortschritte erzielt. In diesem Kontext begrüssen wir, dass die Gesetzgeber weltweit Rahmenbedingungen für schnellere und effektivere Veränderungen schaffen wollen. Aber die gesetzgeberische Philosophie der regelbasierten, technokratischen Vorgaben, wie sie beispielsweise die EU gewählt hat, erscheint uns nicht zielführend. Der von der Schweiz gewählte prinzipiengeleitete Ansatz, wie er beispielsweise durch die neuen Swiss Climate Scores zum Ausdruck kommt, verspricht ein besseres Verhältnis von «Aufwand» und «Ertrag».

«Der von der Schweiz gewählte prinzipiengeleitete Ansatz, wie er beispielsweise durch die neuen Swiss Climate Scores zum Ausdruck kommt, verspricht ein besseres Verhältnis von «Aufwand» und «Ertrag».»

Greenwashing ist immer wieder ein Thema. Zuletzt hat die deutsche DWS hier für Schlagzeilen gesorgt. Wie sollte oder könnte dem ein Riegel vorgeschoben werden?

Einzelne Fälle der gezielten Manipulation machen Schlagzeilen, weil sich nun die Gerichte darum kümmern, wie bei der Deutsche Bank-Tochter DWS. Viel verbreiteter ist der bewusst ungenaue Umgang mit dem Begriff Nachhaltigkeit. Einerseits wurde der Begriff bisher von vielen in der Finanzbranche in der Kommunikation und im Marketing (nicht jedoch in den rechtlich bindenden Dokumenten) verwendet, ohne direkten Bezug zu entsprechenden Kriterien für die Selektion von Titeln. Andererseits wurden oftmals Strategien als nachhaltig bezeichnet, für die lediglich minimale Kriterien verwendet wurden, welche keine wirklich grosse Veränderung in der Zusammensetzung eines Portfolios brachten.

Problematischer ist das bewusste Ausblenden relevanter Aspekte der Wirkungskette eines Unternehmens: So ist es für Laien nicht erkennbar, wenn gewisse Banken ihre Finanzprodukte als «klimaneutral» bezeichnen, jedoch im Kleingedruckten darauf hinweisen, dass der Scope 3 der CO2-Emissionen weggelassen wurde. Mit einem solchen Kunstgriff werden Werte ausgewiesen, die zu positiv sind, da bei vielen Sektoren der Scope 3 bis zu 80% der Emissionen ausmacht.

Es gilt daher für Privatkundinnen und Pensionskassenmitglieder, sich zu vergewissern, dass ihre Vermögensverwalter vollständige Transparenz zu den eingesetzten Methoden, Kriterien und Daten erlauben. Diese Transparenz ist das einzige Mittel gegen Greenwashing.

Wir erlebten dieses Jahr den heissesten Sommer in Europa seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Ist das Tempo des Klimawandels überhaupt noch zu drosseln?

Der Weltklimarat (IPCC) hat im August 2022 dazu gesagt, dass sich die Welt im entscheidenden Jahrzehnt für den Umgang mit dem Klimawandel befindet. Es sei ein massiver Rückgang des Treibhausgasausstosses nötig, aber auch Anpassungen, um Gefahr für Leib und Leben so weit wie noch möglich abzuwenden. IPCC empfiehlt, dass Anpassung und Minderung des Klimawandels die Welt deutlich billiger zu stehen kommen als die Folgen eines deutlichen Temperaturanstiegs.

Die Frage ist daher, wie schnell wir unsere Rahmenbedingungen, Steuersysteme, Wirtschaftsprozesse, Logistik oder auch Subventionspolitiken umstellen können. Wir sprechen insbesondere im Energiebereich bei der Dekarbonisierung von der Umstellung grosser Infrastruktur-Systeme und stark untereinander abhängigen Systemen. Das ist nicht vergleichbar mit der Entwicklung und Markteinführung eines neuen iPhone oder Elektroautos. Wir sprechen hier von völlig anderen Dimensionen, die viel längere Zeiträume benötigen.

Erfahren Sie im 2. Teil (Freitag, 30. September) des Interviews mit Reto Ringger mehr über Globalance World, mit dem jeder User die Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit seines Portfolios und der gängigen Indizes überprüfen kann, und welche Rolle digitale Vermögenswerte in der nachhaltigen Welt der Globalance Bank spielen.

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