Reto Schnyder, Managing Partner break / through innovation

Reto Schnyder, Managing Partner break / through innovation

Reto Schnyder, Managing Partner break / through Innovation. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Schnyder, vor allem exportorientierte Branchen stehen nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses unter Schock. Sie persönlich halten den SNB-Entscheid mittelfristig für ein «Stimulationsprogramm für Innovation.» Haben sich Schweizer Unternehmen in den letzten Jahren nicht schon sehr innovativ gezeigt?

Reto Schnyder: Meine Aussage war der Versuch, dem SNB-Entscheid etwas Positives abzugewinnen. Schweizer Unternehmen sind bereits sehr innovativ. Doch mit dem Entscheid der SNB wird sich der Innovationsdruck nochmals erhöhen. Innovationen sind schlussendlich temporäre Monopole und ermöglichen überdurchschnittliche Margen und Preise. Mittelfristig werden Schweizer Unternehmen also gezwungen sein, noch innovativer zu werden, um höhere Preise zu rechtfertigen und um profitabel arbeiten zu können. Innovation wird also noch stärker zur Schicksalsfrage – über alle Branchen hinweg.

Wo sehen Sie das grösste Potenzial?

Ich denke, was die meisten Unternehmen mittelfristig brauchen, sind weniger inkrementelle Innovationen – und mehr radikale, grosse Innovationen mit einem entsprechend grossen Markt- und Ertragspotenzial. Es mag auf den ersten Blick absurd erscheinen, aber ich denke, dass die Risikobereitschaft bei Innovationen eher steigen als fallen wird. Denn mit kleinen, risikoarmen Verbesserungen des Bestehenden lassen sich keine grossen Preissprünge machen. Mit grossen und radikalen Innovationen hingegen schon – und angesichts der Währungssituation lässt sich die Notwendigkeit dazu intern auch klar kommunizieren.

«Es mag auf den ersten Blick absurd erscheinen, aber ich denke, dass die Risikobereitschaft bei Innovationen eher steigen als fallen wird.»
Reto Schnyder, Managing Partner break / trough innovation

Wie stufen Sie die Rahmenbedingungen für Innovationen in der Schweiz ein?

Die sind sicherlich sehr gut. Für den Forschungs- und Innovationsplatz wäre aber eine zu strenge Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative ein Problem. Wenn Innovation und Forschung abwandert, dann wird es brandgefährlich für den gesamten Wirtschaftsstandort.

Sie bezeichnen Bedürfnisse und nicht Ideen als besten Ausgangspunkt für erfolgreiche Innovationen. Im Fokus stehen also das Kundenproblem und der Nutzen, den er aus einem Produkt oder einer Dienstleistung ziehen kann?

Das bringt es ganz gut auf dem Punkt. Denn erfolgreiche Innovationen zeichnen sich nicht dadurch aus, dass sie möglichst „spektakulär“ oder „crazy“ sind, sondern dass Sie am Markt erfolgreich sind. Dazu müssen sie stets ein relevantes Bedürfnis wecken oder befriedigen.

«Es bringt nichts, Menschen über Bedürfnisse auszufragen, denen sie sich gar nicht bewusst sind.»

Wie können diese Bedürfnisse am besten und effektivsten eruiert werden?

Bei break-through.ch folgen wir dem Grundsatz „Verhalten vor Meinung“. 80% aller Entscheidungen und Handlungsmuster sind intuitiv. Es bringt nichts, Menschen über Bedürfnisse auszufragen, denen sie sich gar nicht bewusst sind. Das Verhalten von potenziellen Kunden und Käufern zu beobachten – nicht unter Laborbedingungen, sondern im realen Leben – ist eines unserer wichtigsten Instrumente.

Wie gelingt es, aus den gewonnenen Erkenntnissen Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln, die erfolgreich sind?

Wenn man einmal ein Bedürfnis identifiziert hat, das relevant und gross ist, und gleichzeitig feststellt, dass es im Markt dafür noch keine Angebote gibt, dann kommen die Ideen von ganz alleine. Vielleicht nicht ganz, aber es hat etwas sehr Beflügelndes, wenn man merkt, dass man etwas Grossem auf der Spur ist. Dann gilt es dran zu bleiben, hartnäckig zu sein, gross zu denken und viel zu experimentieren und prototypisieren.

Welche Unternehmenskultur ist Voraussetzung für erfolgreiche Innovationen?

Da gibt es kein richtig und falsch. Es wird in diesem Bereich aber sehr viel Geld zum Fenster hinausgeworfen für Workshops und – böse gesagt – „betreutes Arbeiten“. Ich denke, dass die Persönlichkeit, das Verhalten und die Taten des CEOs der entscheidende Faktor sind.

Und wann erzielen Innovationen eine besonders grosse Wirkung?

Salopp gesagt, wenn sie den Markt verändern. Die wichtigste strategische Frage ist aus meiner Sicht, wie ich die eigene Cash-Cow irrelevant machen kann. Natürlich nicht um sich selbst irrelevant zu machen, sondern um den Markt zu verändern. Ein Beispiel: Die grosse Gefahr für Sony ist nicht, das JVC oder Panasonic einen „besseren“ Camcorder auf den Markt bringen. Die grosse Gefahr – aber auch Chance – ist es, wenn jemand mit einer Innovation kommt, die den Markt komplett verändert. So wie dies GoPro gemacht hat. GoPro hat den Markt verändert, herkömmliche Camcorder im Bereich Action irrelevant gemacht und ist heute an der Börse mehr als doppelt soviel wert wie die Lufthansa – während Sony in Schwierigkeiten steckt. Um eine besonders grosse Wirkung durch Innovation zu erzielen, muss man bereit sein, das eigene Kerngeschäft und die Cash-Cows fundamental in Frage zu stellen.

«Es ist manchmal besser, gewisse Ideen sterben zu lassen, um sich dann mit ganzer Kraft auf die erfolgversprechendsten zu konzentrieren.»

Viele Unternehmen scheitern bei der Umsetzung der neuen Ideen. Was sind aus Ihrer Erfahrung die Hauptgründe? Die Komplexität des Prozesses? Der falsche Zeitpunkt? Die Nichtbeachtung sozialer Prozesse?

Ich bin mir nicht so sicher, ob wirklich so viele Unternehmen daran scheitern. Es ist manchmal besser, gewisse Ideen sterben zu lassen, um sich dann mit ganzer Kraft auf die erfolgversprechendsten zu konzentrieren. Ich habe sehr, sehr wenige Unternehmen gesehen, die sich auf Weniges konzentrieren und dann damit scheitern.

Sie sind für viele grosse Konzerne tätig. Wie wichtig ist die Sicht «von aussen», um Wachstumschancen zu entdecken und sie in Innovationen umzusetzen?

Ich denke, dies ist insbesondere dann hilfreich, wenn es darum geht, das eigene Kerngeschäft und die eigene Cash-Cow in Frage zu stellen, um den Markt zu verändern. Am erfolgreichsten für solche Projekte sind aus meiner Erfahrung gemischte Teams aus Internen und Externen, die direkt an die Entscheidungsträger rapportieren – und dann auch für die Umsetzung verantwortlich sind.

Herr Schnyder, herzlichen Dank für das Interview.

Zur Person:
Reto Schnyder ist einer der führenden Innovationsexperten in Europa. Seit mehr als 12 Jahren beschäftigt er sich beruflich ausschliesslich mit Innovation, zuerst in der Industrie und nun bei break-through.ch als Dienstleister für die Industrie.

Zum Unternehmen:
break-through.ch ist eines der führenden Beratungsunternehmen für Innovation. Das Unternehmen entwickelt im Auftrag seiner Kunden neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Zu den Kunden von break-through.ch zählen unter anderem Hewlett-Packard, Lufthansa, Coca-Cola, Roche sowie auch KMUs.

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