Roman Sonderegger, CEO Schweiter Technologies Gruppe, im Interview

Roman Sonderegger, CEO Schweiter Technologies Gruppe, im Interview
Roman Sonderegger, CEO Schweiter Technologies Gruppe. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Sonderegger, wie viele andere Unternehmen leidet Schweiter jetzt unter inflationären Rohwarenpreisen und Energiekosten. Wo drückt der Schuh am meisten?

Roman Sonderegger: Wir haben Produkte in unserem Portfolio, wo das Rohmaterial bis zu 75 Prozent der Kosten ausmacht. Dies kombiniert mit den insbesondere in Europa – wir generieren mehr als die Hälfte unseres Geschäftes in Europa und produzieren auch nahe bei unseren Kunden – extrem gestiegenen Energiepreisen hat uns sehr gefordert. Wir hatten alleine bei den Energiekosten eine Steigerung von rund 10 Millionen Franken im Vorjahresvergleich. Diese erheblichen Mehrkosten konnten wir nur teilweise in Form von Verkaufspreiserhöhungen an unsere Kunden weitergeben sowie durch Effizienzsteigerungen kompensieren. Um besser gegen die Folgen des zunehmend volatilen und dynamischen Marktumfeldes gewappnet zu sein und um die Resilienz zu stärken, haben wir in den letzten Monaten zahlreiche Investitionen in Produktinnovationen und Effizienzsteigerungen beschleunigt. Zudem haben wir auch strukturelle Kostensenkungsmassnahmen umgesetzt und die Agilität insbesondere im Supply Chain Management gestärkt.

Ihre Investitionstätigkeit war 2022 gleich hoch wie im Jahr zuvor. Wo gab es Verlagerungen?

Wir haben gut die Hälfte der rekordhohen Investitionen von CHF 54 Mio. im vergangenen Jahr für die Innovation eingesetzt. Wir werden von unseren Kunden als Qualitäts- und Innovationsführer wahrgenommen. Dies wollen wir auch für die Zukunft sicherstellen. Zudem haben wir an unseren Standorten auch viel in die Effizienz – insbesondere die Energieeffizienz – investiert. Das stärkt unsere Wettbewerbsfähigkeit und macht uns deutlich widerstandsfähiger gegen Energiepreisschwankungen.

Wann soll die EBITDA-Marge wieder zweistellig werden?

Wir verstehen uns als globales Industrieunternehmen, welches überdurchschnittlich zur Weltwirtschaft wächst und dabei nachhaltig zweistellige EBITDA-Margen anstrebt. Wir profitieren von den Megatrends der Nachhaltigkeit und dem grossen Bedürfnis nach Mobilität. Treffen wir doch mit unseren Verbundwerkstoff-Lösungen mit den verschiedensten Materialien im Leichtbau den Zeitgeist, ob in der Windenergie, im Transport, in der Industrie, in der Architektur, in der Werbung/ Kommunikation oder eben in allen Anwendungen wo geringes Gewicht, Stabilität und ressourcenschonend relevant ist. Daher sind wir sehr optimistisch, dass wir zukünftig wieder zweistellige EBITDA-Margen erreichen werden. Ob wir diesen Schritt bereits 2023 wieder schaffen, wird erheblich durch die wirtschaftliche Entwicklung in Europa sowie die Preise von Energie und Rohmaterialien beeinflusst werden.

«Wir sind sehr optimistisch, dass wir zukünftig wieder zweistellige EBITDA-Margen erreichen.»
Roman Sonderegger, CEO Schweiter Technologies Gruppe

Bereits im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr wurden Effizienzsteigerungen und Kostensenkungsmassnahmen eingeleitet sowie Produktinnovationen beschleunigt um das Ruder rumzureissen. Was sind die bedeutendsten Produktneuerungen?

Sämtliche Geschäftsfelder haben im vergangenen Jahr Innovationen auf den Markt gebracht. In der Architektur haben wir mit dem ALUCOBOND® easyfiX zum Beispiel eine neue, patentierte Systemlösung, die sowohl die Technologie eines modernen und bewährten Materials mit einfacher Montage als auch den architektonisch zeitlosen Anspruch kombiniert. Im Bereich Kernmaterialien wurde das Portfolio im Bereich der High-End Anwendungen mit dem besonders widerstandsfähigen Produkt AIREX® TegraCore™ erweitert. Dieser neue Schaum hat eine ausgesprochene Schlagfestigkeit sowie eine ausserordentliche chemische Widerstandsfähigkeit und kommt damit insbesondere in der Luftfahrt und im Schiffsbau zum Einsatz. Ein Beispiel aus dem Displaygeschäft ist das MONARCTM. Ein spezialisierter und patentierter Herstellprozess erlaubt neuartige Oberflächenausführungen auf unseren Aluminium-Verbundplatten. Diese einzigartigen Platten kommen insbesondere im Design von Küchen, Bädern und anderen Innenbereichen zur Anwendung. Wir werden auch im laufenden Jahr mit zahlreichen Neuerungen auf den Markt kommen und uns kontinuierlich vom Produktlieferanten zum Lösungspartner für unsere Kunden weiter entwickeln.

Im Windgeschäft soll jetzt der nächste mehrjährige Wachstumszyklus anlaufen, vor allem in China. Oder werden die Chinesen russisches Gas verstromen?

Es wird auch 2023 voraussichtlich wieder über 100 GW zusätzliche Windkraft-Kapazität installiert werden. China ist bereits der mit Abstand grösste Windenergie-Markt der Welt und in den kommenden Jahren soll die Windkraft nochmals massiv ausgebaut werden. China wird insbesondere mit Offshore Projekten sicherlich der Treiber sein. Auch das sogenannte ‘Repowering’ ist weiterhin ein wichtiger Wachstumstreiber. Dabei werden bestehende Windkraftanlagen durch neue, grössere und leistungsfähigere Windturbinen ersetzt. Dies hat den Vorteil, dass oft bestehende Bewilligungen genutzt werden können und dadurch Projekte schneller umgesetzt werden können.

«China ist bereits der mit Abstand grösste Windenergie-Markt der Welt und in den kommenden Jahren soll die Windkraft nochmals massiv ausgebaut werden.»

Wie stark ist mittlerweile die Marktdurchdringung Ihrer Produkte für Windkraftanlagen?

Wir sind weltweit der einzige Partner der im Balsa die gesamte Wertschöpfungskette kontrolliert und auch im PET global aufgestellt ist. Damit können wir jederzeit flexibel auf die verschiedenen Kundenbedürfnisse eingehen. Nicht ohne Stolz dürfen wir sagen, dass wir mit diesen beiden Kernmaterialien für die Herstellung von Windrotorblätter Weltmarktführer sind. Wir werden zudem im 2023 unsere bestehende Partnerschaft mit JMB Wind Engineering – einem der weltgrössten Kitting Unternehmen, wo wir aktuell eine Beteiligung von 40 Prozent halten – weiter ausbauen und dadurch unsere Position weiter stärken.

Was macht das langjährige strategische Investment von Schweiter in Balsaholz?

Mit einer Anbaufläche von rund 11 000 Hektar in Ecuador und rund 3 000 Hektar in Papua-Neuguinea sind wir der grösste Balsaholz-Produzent der Welt. Wir kontrollieren die gesamte Balsa-Wertschöpfungskette – von der Pflanzung über den Anbau mit besten Waldbaupraktiken bis hin zur Ernte und den Produktionsverfahren der 100%-FSC-zertifizierten Plantagen. Darüber hinaus hat der Geschäftsbereich Kernmaterialien im Berichtsjahr seine erste vollständige Kohlenstoffbilanz vorgelegt, die zeigt, dass BALTEK® das erste und einzige kohlenstoffneutrale Kernmaterial ist – Cradle-to-gate sozusagen. Der von unseren Plantagen gebundene Kohlenstoff wird derzeit von einem externen Dienstleister validiert, um unser Kernmaterial als CO2-neutral zu zertifizieren. Wir haben also sehr viel Freude an unseren Plantagen und bieten unseren Kunden damit eine grosse und vor allem nachhaltige Lösungsvielfalt.

«Wir kontrollieren die gesamte Wertschöpfungskette beim Balsaholz.»

Wieviel Synergieertrag bringt die Konsolidierung der Balsa-Produktionsstandorte in Ecuador?

Um möglichst effizient und agil zu agieren, haben wir in unseren Hauptstandort in Ecuador investiert und einen etwas abgelegenen Produktionsstandort integriert. Dies erleichtert insbesondere die Arbeit unserer Mitarbeiter und erhöht unsere Flexibilität in der Produktion. Zudem erzielen wir so wichtige Skaleneffekte.

Im Bereich Transport & Industrie profitiert Schweiter vom Megatrend zum Gewichtsparen im Verkehr. Die weltweite Durststrecke bei Auto, Bus, Bahn und Flugzeug dürfte wohl für lange Zeit vorbei sein, oder?

Wir sind in der Tat mit der breiten Palette an Leichtbauprodukten ideal positioniert, um vom Megatrend zu gewichtssparenden Lösungen im Transportbereich zu profitieren. Im Bereich Transport & Industrie wurden im vergangenen Jahr zunehmend auch strukturelle Grossbauteile für hochwertige Bodensysteme sowie Zugfronten entwickelt und grosse Auftragsvolumen zur Belieferung mehrerer Fahrzeugplattformen gewonnen. In Irland haben wir zusätzlich eine neue Produktionslinie zur Erweiterung des Platten Portfolios für industrielle Anwendungen mit hohen Anforderungen an das optische Erscheinungsbild in Betrieb genommen. Diese neuen Fähigkeiten in Kombination mit dem strukturellen Wachstum stimmen uns sehr positiv für die Zukunft.

2022 gab es für Schweiter keine Übernahme, sondern «nur» eine Beteiligung – mit 25 Prozent an Swedboard International AB. Was versprechen Sie sich mit diesem «Zustupf» für das Display-Produktportfolio?

Der im April 2022 erworbene Minderheitsanteil von einem Viertel an Swedboard stärkt das Display-Produktportfolio und erweitert das Angebot umweltfreundlicher, bedruckbarer Naturfaserplatten. Zusammen mit unserer bestehenden Produktlinie DISPA® – übrigens wie auch Swedboard FSC zertifiziert – sind wir dadurch bestens im Markt für nachhaltige Lösungen positioniert. Wir rechnen mit rasant steigendem Bedarf an papierbasierten, voll recyclingfähigen und nachhaltigen Displaylösungen und werden deshalb auch weiterhin in die Innovation und unser Lösungsportfolio investieren.

Wie lange halten denn so im Schnitt die bedruckbaren Naturfaserplatten?

Das hängt selbstredend von der Applikation ab, wobei Naturfaserplatten heute mehrheitlich im Innenbereich für Werbekampagnen, hängende Deckenschilder, Aufsteller und POS/POP-Anwendungen (Verkaufs- und Servicestellen, A.d.R.) eingesetzt werden. Dank einer richtungsunabhängigen Kernstruktur verfügen zum Beispiel DISPA® Platten über eine optimale Planlage sowie eine ausgezeichnete Formstabilität bei gleichzeitig geringem Gewicht. Die gleiche Steifigkeit – längs und quer – zählt zu den grossen Vorteilen gegenüber einer Wellpappe, und DISPA® hat dadurch auch eine vergleichsweise längere Lebensdauer.

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