Sven Jakelj, CEO und Mitgründer feey, im Interview

Sven Jakelj, CEO und Mitgründer feey, im Interview
Sven Jakelj, CEO und Mitgründer feey. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Sven, 1,2 Mio Franken Investitionskapital für eine 30-%-Beteiligung von den Investoren aus der Sendung «Die Höhle des Löwen Schweiz» ist für ein Startup keine alltägliche Sache. Wie sehr hat Dich die höchste Investition, die bisher im Rahmen der Sendung je getätigt wurde, überrascht?

Sven Jakelj: Es hat uns sehr überrascht, dass in der Sendung eine solche Summe gesprochen wurde. Dass die Investorinnen und Investoren doch einiges über ihre übliche Ticketgrösse hinausgegangen sind, betrachten wir als Kompliment. Unabhängig von der Sendung ist die Summe für eine Investitionsrunde aber natürlich üblich.

Eigentlich hattet Ihr «nur» 100’000 Franken gefordert. Inwieweit verändert die Rekordsumme nun die Pläne?

Bei der ursprünglichen Forderung ging es darum, für feey einen Business Angel im Bereich E-Commerce zu gewinnen. Dieser hätte dann auch mit uns eine grössere Investitionsrunde Ende dieses Jahres vorbereitet. Da wir nun bereits im Sommer die grössere Runde abschliessen konnten, haben wir vor allen Dingen sehr viel Zeit gewonnen. Die Grüne Branche ist aktuell im Wandel, es tun sich viele Chancen auf, aber man muss auch schnell sein. Dank des Investments konnten wir sofort nochmals 2-3 Gänge hochschalten.

«Die Grüne Branche ist aktuell im Wandel, es tun sich viele Chancen auf, aber man muss auch schnell sein.»
Sven Jakelj, CEO und Mitgründer feey

Ein Onlineshop für Zimmerpflanzen – wie kamst du auf die Idee?

Severin, einer der Mitgründer, und ich wollten vor rund 2 Jahren zusammen etwas starten. Wir haben uns verschiedene Industrien angeschaut, sind aber immer wieder auf das Thema Pflanzen zurückgekommen. Die Branche war sehr produktionsgesteuert und nicht auf Endkonsumentinnen ausgerichtet. Gleichzeitig lag online das Potential brach: Zimmerpflanzen lagen nicht nur auf Social Media im Trend, auch auf Google Trends deutete alles auf Wachstum hin.

Nach Umfragen bei Bekannten und Freunden stellte sich heraus, dass noch kein starker Brand die Pflanzenbranche dominierte.

Zudem kannten wir die passenden Leute, mit denen wir feey von Anfang an gut aufstellen konnten. Mit meinem Bruder Janko, einem Pflanzenexperten, konnten wir das Fachliche abdecken. Hinzu kam Gabi, eine Kommunikations- und SEO-Expertin. Dass wir sehr viel Content produzieren wollten, war von Anfang an klar und ein absolutes Muss für uns.

Seit der Gründung vor etwas mehr als zwei Jahren ist feey stark gewachsen. Wie stark habt Ihr von der Pandemie respektive den Einschränkungen profitiert?

Corona hat unser Vorhaben beschleunigt. Der erste Lockdown im April 2020 hat unser Businessmodell quasi validiert. Die Nachfrage ist regelrecht explodiert. Ohne Marketing verzeichneten wir ca. 10 Mal mehr Bestellungen als davor.

Einen Schub bescherte uns das insofern, als dass Sevi und ich schon unsere Jobs kündigen und Vollzeit für feey arbeiten konnten. Das heisst, wegen Corona konnten wir früher als erwartet alles auf die Karte feey setzen.

Wo steht feey bezüglich des Umsatzes und der Anzahl Kunden?

2021 werden wir einen Umsatz im tiefen bis mittleren einstelligen Millionenbereich machen. Das ist ca. fünfmal mehr als letztes Jahr. Die Kundinnen und Kunden sind sehr zufrieden mit unserer Arbeit, empfehlen uns weiter und kommen gerne wieder mit ihren Pflanzenwünschen zu uns – das ist schlussendlich unser grösster Motivator.

«2021 werden wir einen Umsatz im tiefen bis mittleren einstelligen Millionenbereich machen. Das ist ca. fünfmal mehr als letztes Jahr.»

In diesem Stil soll es nun weitergehen. Wie sehen die nächsten Schritte aus – auch bezüglich einer Expansion ins Ausland?

Wir sind aktuell mittendrin im Aufbau von feey Deutschland und hoffen, dass wir noch vor Weihnachten die ersten Pflanzen in ganz Deutschland versenden können. In der Schweiz bauen wir die Marke feey weiter aus. Da wird speziell im Bereich visueller Content in den nächsten Monaten einiges passieren. Auch das Sortiment wollen wir ausbauen und unseren Service stetig verbessern.

feey zeichnet sich über den Verkauf von Zimmerpflanzen hinaus durch ein innovatives Dienstleistungsangebot aus. Liegt darin der Hauptunterschied zur Konkurrenz, zum Beispiel durch den Grosshandel?

Es sind zwei Punkte, die den Unterschied ausmachen:

  • Pflanzen sind Lebewesen, und die muss man auch so verkaufen. 7 von 10 befragten Leuten haben uns gesagt: «Pflanzen sind cool, aber sie sterben immer…». Die Kundschaft muss vor, während und speziell nach dem Kauf so betreut werden, dass Pflanzen auch überleben. Das wurde bis anhin unzureichend gemacht und führt bei uns umgekehrt zu vielen glücklichen Pflanzeneltern.
  • feey als Firma ist keine Blackbox. Das heisst, wir zeigen sehr aktiv, wer hinter feey steckt und was wir so machen. Unsere Dienstleistung ist so gestaltet, dass Kundinnen und Kunden sich nicht als Nummern vorkommen, sondern als geschätzte Individuen. Speziell zu sehen ist das bei uns zum Beispiel auf Social Media, in unseren E-Mails und beim Support, den wir bieten. Wir nehmen uns nicht zu ernst und zeigen auch mal, wenn etwas schiefgeht. Das «i-Tüpfli» sind die handgeschriebenen Notizkärtchen, die fast bei jedem dritten Review erwähnt werden.

Nach welchen Kriterien leitet feey denn potenzielle Kundinnen und Kunden zu den für sie passenden Pflanzen?

Das fängt mit einem Sortiment an, das nur aus Pflanzen besteht, die auch wirklich unter gewöhnlichen Bedingungen in den eigenen vier Wänden überleben können. Es gibt viele sehr schöne Pflanzen, die sich kurzfristig sehr gut verkaufen liessen, die aber nicht für das Raumklima in der Schweiz oder in Europa generell gedacht sind. Solche Pflanzen kommen bei uns nicht ins Sortiment.

Der Pflanzenfinder hilft Besucherinnen und Besuchern auf der Website ausserdem, die für sie richtige Pflanze zu finden. Dabei werden Punkte wie die Erfahrung mit Pflanzen, der Lifestyle – z. B. reiselustig oder super busy – und die Lichtverhältnisse im Raum abgefragt. Auch Haustiere und/oder Kleinkinder sind ein Kriterium.

Will man doch lieber selbst stöbern, gibt es auf der im Shop verschiedene Filter, die bei der Auswahl helfen – z. B. nach Grösse, Pflegeaufwand und Tierfreundlichkeit.

Einmal gewählt und gekauft – wie aufwändig ist die Logistik des Pflanzenversands?

Die ist um Einiges aufwändiger als bei leblosen Produkten. Wir versenden aus dem Pflanzenlager, in dem zuvor alle Pflanzen frisch umgetopft und auf ihre Gesundheit überwacht werden.

Damit wir Pflanzen unkompliziert mit der Schweizer Post verschicken können, brauchen sie eine sichere Verpackung – und das braucht mehr Zeit als das Verpacken herkömmlicher Produkte im Versandhandel. Wir haben spezielle Kartons für unsere Pflanzen entwickelt, damit die auch mal ruppigere Hände problemlos überstehen und auch bei tiefen Temperaturen nicht erfrieren.

Eine der angesprochenen Innovationen ist der Pflanzendoktor. Wie sieht den die typische Sprechstunde aus?

Die meisten Anfragen kommen per E-Mail und Social Media zu uns. Hin und wieder wird auch hundskommun angerufen. (lacht) Typisch sind saisonale Probleme: Deine Pflanze zeigt im Herbst plötzlich braune Blätter und Blattspitzen? Da ist wohl die Heizung angegangen. Gelbe Blätter sind eher ein Zeichen für zu häufiges Giessen – eher ein Problem von übervorsichtigen Pflanzeneltern. Hie und da macht sich ein Schädling auf den geliebten Pflanzen breit und der Pflanzendoktor bzw. unser Team von Pflanzenprofis identifiziert den Übeltäter.

Unsere Devise lautet immer: Wir sind erst zufrieden, wenn wir den Leuten ein «Wow» entlocken. Sei das, weil wir superschnell antworten, bei Pflanzen weiterhelfen, die nicht von feey stammen, und auch mal anrufen oder ein Erklärvideo aufnehmen.

Und kriegt der Doktor weniger Arbeit, wenn ich einen der Pflanzenkurse belege?

Ja. Eigentlich ist die Daumenfarbe egal und jede und jeder kann Pflanzen haben. Wenn die Qualität der Pflanze stimmt, sie in einem genügend grossen Topf mit guter Erde steckt und an den richtigen Standort kommt, wird es immer schwerer, sie noch eingehen zu lassen. (lacht) Beim Giessen und Düngen ist weniger mehr – Pflanzen sind robuste Geschöpfe! Diese Dinge können wir im gratis E-Mail-Kurs einfach runterbrechen und so rüberbringen, dass man sie sich auch merken kann. Dann haben alle gewonnen: Pflanzendoktor, du und deine Pflanze.

Und nutzt alles nichts, kann ich meine Pflanze über die App PlantSwap tauschen. Wie wird diese Tauschfunktion genutzt?

Nun, wir sehen öfter den Fall, dass erfolgreiche Pflanzeneltern Stecklinge ihrer liebsten Pflanzen ziehen und die weitertauschen wollen. Oder man ist einer Pflanze einfach überdrüssig und will sich mal was Neues in die Stube holen! Die App ist gerade angelaufen und es gibt sie erst für iOS, aber bisher stimmt uns das Feedback positiv.

«Wir bearbeiten schon viele Anfragen von KMUs. Auch Weihnachtsgeschenke für Mitarbeiterinnen und Kundinnen sind beliebt. Da ist bestimmt noch Luft nach oben!»

Letzte Frage: feey richtet sich an Privathaushalte. Könnten auch zum Beispiel KMU zum Thema werden? Da fühlt sich ja häufig auch niemand für die Pflanzen verantwortlich.

Das ist ein guter Punkt – und tatsächlich bearbeiten wir schon viele Anfragen von KMUs. Auch Weihnachtsgeschenke für Mitarbeiterinnen und Kundinnen sind beliebt. Da ist bestimmt noch Luft nach oben!

Einen ersten Schritt haben wir zusammen mit Bitforge die AR-Sales-App entwickelt, die gerade vor ein paar Wochen den Best of Swiss Apps Award in der Kategorie Extended Reality gewonnen hat. Via App können wir Pflanzen im Videocall virtuell im Raum platzieren. So können Kunden künftig noch besser beraten werden, und auch für KMUs ist es natürlich interessant, die gewünschten Pflanzen mittels Augmented Reality schon mal im eigenen Büro «probezusehen».

Sven, besten Dank für das Interview.

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