Thomas Huth, Co-CEO Recommerce AG, im Interview

Thomas Huth, Co-CEO Recommerce AG, im Interview
Thomas Huth, Co-CEO Recommerce AG. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Huth, Sie haben vor 10 Jahren die Recommerce AG mitgegründet, als die Circular Economy noch kaum ein Thema war. Was führte damals zu diesem Schritt?

Thomas Huth: Wir glauben an eine digitale und mobile Zukunft, die jedoch zwingend nachhaltig sein muss. Unsere Reise hat vor 10 Jahren mit einer einfachen Idee begonnen: Millionen von Handys gehen in der Schweiz in einer Schublade vergessen, dabei wurden in ihnen wertvolle Ressourcen verbaut. Genau diesen Handys wollten wir ein längeres oder “zweites” Leben schenken. Gestartet haben wir damals mit dem Handel von Occasion-Handys. Als wir uns das dafür nötige technische Wissen angeeignet hatten, stellten wir uns die Frage – warum die Geräte im Schadenfall nicht gleich reparieren?

Heute verzeichnet die Recommerce AG jährlich fast 100’000 Reparaturen und Verkäufe von mobilen Geräten wie Smartphones, Tablets, Smartwatches, Laptops, etc. Welches waren die grössten Herausforderungen auf diesem Weg?

Eine Herausforderung war sicher die Skalierbarkeit sowie auch das Kostenmanagement. Auf dem Weg war das Erreichen einer kritischen Grösse entscheidend, da wir zu Beginn als Partner für grosse, bekannte Firmen einfach noch zu klein waren. Heute vertrauen uns die führenden Telcos und viele andere grosse Player ihre Handys an. So führte ein Schritt zum nächsten und wir sind mittlerweile der grösste Handyreparatur-Betrieb für Apple und Samsung in der Schweiz.

Wie viele Geräte kommen von privater Seite, wie viele von Firmen?

Im Handels- wie auch im Reparaturbereich kommen die meisten Geräte von Privatpersonen. Im Handelsbereich landen die meisten Produkte direkt über unsere Internet-Plattform “verkaufen.ch” bei uns, die grosse Mehrheit der Reparaturen läuft über unsere Partner. Viele Leute wissen gar nicht, dass wir im Hintergrund der führenden Telcos, Versicherungen und Electronics Retailer wirken. Aufgrund der immer grösser werdenden Bedeutung von Nachhaltigkeit für Unternehmen sehen wir in letzter Zeit aber auch einen stetigen Anstieg der Nachfrage auf Seiten von Unternehmen, die wir natürlich ebenso gerne erfüllen.

Wo sehen Sie die Hauptgründe, dass viele Menschen ihre gebrauchten Smartphones, Tablets oder Laptops in einer Schublade verstauben lassen, statt sie reparieren zu lassen oder der Wiederverwendung zuzuführen? Welche Rolle spielt dabei die Angst um die eigenen Daten?

Ich denke, in den letzten 10 Jahren ist das Bewusstsein für einen nachhaltigeren Umgang mit der Umwelt gestiegen, somit werden auch die “Schubladen-Handys” weniger. Gründe, warum die Handys überhaupt in der Schublade landen, gibt es zahlreiche. Teilweise passiert dies einfach aus Bequemlichkeit – das alte Handy gerät aus Freude über das neue schlicht in Vergessenheit. Oft ist aber auch die vorhandene Unwissenheit darüber, dass man die alten Geräte mit wenig Aufwand zu Geld machen und dabei auch noch der Umwelt etwas Gutes tun kann, ausschlaggebend.

Die Angst um die Datensicherheit ist grundsätzlich vorhanden. Die Handys sind schliesslich aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken und dienen als Speicherort von Zahlungsinformationen, Familienfotos und Passwörtern. Die Angst ist bei uns jedoch unbegründet: Wir löschen und überschreiben alle vorhandenen Daten.

«Die Angst um die Datensicherheit ist grundsätzlich vorhanden. Sie ist bei uns jedoch unbegründet: Wir löschen und überschreiben alle vorhandenen Daten.»
Thomas Huth, Co-CEO Recommerce AG

Wie garantiert Recommerce die Datenlöschung?

Wir löschen alle Geräte mittels einer Spezial-Software, welche die Daten in einem zertifizierten Prozess löscht und überschreibt. Dieses Vorgehen ist viel sicherer als das eigenständige Zurücksetzen auf die Werkseinstellungen. Die Löschung erfolgt direkt nach der Eingangskontrolle und die Geräte werden erst für die Reparatur, Wiederaufbereitung, Reinigung oder den Verkauf freigegeben, nachdem sie erfolgreich gelöscht wurden.

Gebrauchtes zu kaufen ist nachhaltiger, als immer das neuste Gerät zu besitzen. Was spricht ausser der Sorge um die Umwelt dafür?

Es gibt zwei Hauptargumente für gebrauchte Handys. Wie Sie erwähnt haben, zählt dazu die Nachhaltigkeit. Viele möchten von der Wegwerf-Gesellschaft wegkommen und trotzdem auf dem neusten Stand der Technik sein, wofür sich Occasion-Handys optimal eignen.

Das zweite Argument ist natürlich der Preis. Viele Kundinnen und Kunden sind da sehr pragmatisch: Wenn ein Gerät Gebrauchsspuren aufweist, nehmen sie diese gerne in Kauf, wenn dies zu einem entsprechend günstigeren Preis führt. Ein Occasion-Handy bietet ausserdem die Chance, sich zu Lasten des optischen Zustands ein technisch moderneres Gerät leisten zu können.

«Viele Kundinnen und Kunden sind sehr pragmatisch: Wenn ein Gerät Gebrauchsspuren aufweist, nehmen sie diese gerne in Kauf, wenn dies zu einem entsprechend günstigeren Preis führt. «

Wie aktuell muss ein Gerät noch sein, damit es wiederverkauft werden kann?

Wir kaufen aktuell Geräte an bis zum iPhone 8. Entscheidender als das Modell ist jedoch der Zustand des Gerätes: Je weniger Gebrauchsspuren, desto besser. Auch die Batterie spielt eine Rolle. Deshalb gilt: Je vorsichtiger man mit dem Handy umgegangen ist, desto mehr bekommt man für das Gerät.

Was passiert mit Geräten, die nicht mehr repariert werden können?

Geräte, die zu alt sind oder zu beschädigt, werden sachgemäss von unserem Partner recycelt. Jedoch versuchen wir, möglichst jedem Gerät ein zweites Leben zu schenken.

Was beinhalten die Partnerschaft von Recommerce mit Sunrise und Swisscom?

Wir bieten für Sunrise Privat- und Firmenkunden vollumfängliche Life-Cycle Lösungen an. Dies beinhaltet unter anderem den Ankauf und Eintausch von Mobilgeräten, Reparaturen und Schadensabwicklung von Versicherungsfällen. Für Swisscom führen wir in erster Linie Reparaturen durch.

Welche Dienstleistungen bietet Recommerce Firmenkunden an?

Wir bieten seit längerem den Rückkauf und Verkauf von gebrauchter Hardware an. Dazu kommen vermehrt Leistungen rund um die Themen Life-Cycle-Management und Device as a Service. Dahinter steht die Idee, den Unternehmen und ihren Mitarbeitern eine möglichst sorgenfreie Nutzung der Geräte zu gewährleisten. Weg vom Eigentum, hin zur Nutzung inklusive aller benötigten Services. Statt hohen Geräteinvestitionen fallen so nur noch berechenbare, monatliche Nutzungsgebühren an.

«Unser «rephone» ist insofern bemerkenswert, als dass bereits in der Design-Phase sowohl auf Nachhaltigkeit als auch auf einfache und somit günstige Reparierbarkeit geachtet wurde.»

Dieses Jahr hat Recommerce das «rephone» lanciert. Was zeichnet das Gerät aus und wie gross ist die Nachfrage?

Das Handy ist insofern bemerkenswert, als dass bereits in der Design-Phase sowohl auf Nachhaltigkeit als auch auf einfache und somit günstige Reparierbarkeit geachtet wurde. Ausserdem werden die rephones in Deutschland produziert. Obwohl natürlich noch nicht alle Teile hier in Europa hergestellt werden, haben wir kurze Transportwege und somit eine gute Kontrolle. Bei Handys, die in Asien hergestellt werden, sind die Umwelt- und Arbeitsbedingungen hingegen schwer zu kontrollieren. Wir haben eine Lösung gefunden, wie man ein Handy bauen kann, das nachhaltig ist, ohne Kompromisse einzugehen, was die technisches Features angeht – und sind stolz darauf, das rephone als CO2-neutrales Handy exklusiv in der Schweiz vertreiben zu können.

Herr Huth, besten Dank für das Interview.

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