Thomas Ulrich, Präsident des Zürcher Bankenverbandes

Thomas Ulrich, Präsident des Zürcher Bankenverbandes

Thomas Ulrich, Präsident des Zürcher Bankenverbandes. (Foto: UBS)

von Brigitte Strebel

Moneycab: Herr Ulrich, leitet der Zürcher Bankenverband mit der Unterstützung der Finanzplatz-Initiative der Zürcher FDP, SVP und CVP eine konsequente Neuorientierung für den Bankenplatz Zürich ein?

Thomas Ulrich: Angesichts des rasanten Wandels ist es wichtig, dass sich unsere Branche der aktuellen Herausforderungen bewusst ist und selbständig gewisse Massnahmen ergreift, damit sie nicht von der Entwicklung überrollt wird. Als eine dieser Massnahmen müssen wir als Banken dafür sorgen, dass unsere Mitarbeiter über den höchstmöglichen Ausbildungsstand verfügen.

Deshalb auch das von Ihnen anvisierte Hochschulzentrum für Finanz- und Bankenwissenschaften?

Durch eine exzellente Aus- und Weiterbildung können wir uns in Zukunft als Bankenplatz gegenüber der Konkurrenz weiter differenzieren. Und nur so können wir bei unserer Kundschaft punkten. Wir begrüssen es natürlich sehr, wenn uns auch die Politik in dieser Hinsicht unterstützt. Grosse Banken sind zwar weitgehend in der Lage, ihr Personal selbst entsprechend aus- und weiterzubilden. Aber vor allem kleinere Institute geraten intern rasch an ihre Grenzen. Deshalb sind gemeinsame private und öffentlich-rechtliche Initiativen wünschbar, die jedem Bankangestellten unabhängig von seinem Arbeitgeber eine hochstehende Weiterbildung ermöglichen.

Das erinnert doch an die Initiative  des damaligen Präsidenten der Bankiervereinigung, Pierre Mirabaud, der mit der Etablierung des Swiss Finance Institute einen Nobelpreis in Finance anstrebte. Konkurrenziert Ihre Initiative das Swiss Finance Institute?

Nein – das vorgeschlagene Hochschulzentrum ist vielmehr komplementär zum bestehenden Bildungsangebot zu verstehen. Während die universitären Hochschulen sich auf die eigentliche Grundlagenforschung konzentrieren, zielt das Postulat in Richtung praxisorientierte Forschung und Ausbildung. Die Fachhochschulen übernehmen hier bereits einen wichtigen Beitrag. Es gibt aber noch einiges zu tun.

«Grosse Banken sind zwar weitgehend in der Lage, ihr Personal selbst entsprechend aus- und weiterzubilden. Aber vor allem kleinere Institute geraten intern rasch an ihre Grenzen.»
 Thomas Ulrich, Präsident des Zürcher Bankenverbandes

Früher gab es die Ausbildung zum Eidgenössisch diplomierten Bankenbeamten. Dieser Ausbildungslehrgang musste dann dem Finanzplaner und den Fachhochschulen weichen. Ist da eine Lücke im Ausbildungssystem entstanden?

Tatsache ist, dass sich die Ausbildungsinhalte zusammen mit den gestiegenen Ansprüchen ständig weiterentwickeln. Ihre Beobachtung ist richtig: Was früher noch Bankbeamte mit solider Ausbildung waren sind heute Mitarbeiter mit hohem Fach- und Spezialwissen – sowohl in der Tiefe wie in der Breite. Wir müssen der Tatsache Rechnung tragen, dass sich das Bankgeschäft laufend wandelt.

Inwiefern?

Vor allem im Bereich der Bankprodukte, aber auch bei den Ansprüchen unserer Kunden. Diese sind anspruchsvoller geworden – zu Recht. Es gibt aber auch riesige Veränderungen auf der regulatorischen Seite. Hier ist ein enormer Ausbildungsbedarf entstanden. Ziel darf aus unserer Sicht nicht sein, eine neue Fachhochschule zu etablieren, sondern zusammen  mit bereits bestehenden Institutionen die Kräfte zu bündeln und das existierende Ausbildungsangebot zu ergänzen. Dieses muss praxisorientiert sein und neue Tendenzen erkennen und in den Lehrplan integrieren können.

«Kunden können sich heute über das Internet sehr spezifisches Wissen aneignen. Die Qualität eines Kundenberaters liegt in erster Linie darin, dass er im Gespräch mit dem Kunden die «mitgebrachten» Informationen richtig einordnen und bewerten kann.»

In der Anlageberatung werden vermehrt Akademiker eingestellt. Trotzdem haben die Kunden oft einen Informationsvorsprung gegenüber ihren Beratern.

Kunden können sich heute über das Internet sehr spezifisches Wissen aneignen. Die Qualität eines Kundenberaters liegt in erster Linie darin, dass er im Gespräch mit dem Kunden die «mitgebrachten» Informationen richtig einordnen und bewerten kann. So gibt es wohl dutzende Meinungen darüber, welche Anlageklassen zurzeit präferiert werden sollen.  Aufgabe des Kundenberaters ist es, im  Meer von Informationen Orientierung und eine qualitativ einwandfreie Beratung zu bieten. Dafür ist eine fundierte Ausbildung und regelmässige Weiterbildung auf hohem Niveau unerlässlich.

Der Zürcher Bankenverband unterstützt auch die Forderung nach einer konkurrenzfähigeren Besteuerung von Anlageinstrumenten. Was ist der Hintergrund des Postulats?

Der  Grundgedanke des Postulates zu den Entwicklungsmassnahmen besteht darin, bestehende Wettbewerbsnachteile des hiesigen Finanzplatzes aufzuheben. Denn diese führen dazu, dass Gelder und Geschäfte an andere Finanzplätze fliessen. Damit verbunden ist unweigerlich der Verlust von Arbeitsplätzen und Know-how sowie letztlich auch der Verlust von potenziellem Steuersubstrat. Der Bankenplatz ist für den Kanton Zürich so essenziell, dass es sinnvoll ist, in Bundesbern für ein solches Massnahmenpaket zu werben.

Wie beurteilen Sie den Status Quo des Finanzplatzes Zürich? Die beiden Hauptkonkurrenten Luxemburg und Irland scheinen gegenüber der Schweiz doch etwas Terrain verloren zu haben.

Die Branche steht auch in Zürich unter Druck und in einer Umbruchphase. Die Margen sind klein und die Kosten-Ertragsschere öffnet sich. Die Märkte sind schwierig und volatil und die Kunden deutlich anspruchsvoller geworden. Der Schweizer Finanzplatz verfügt aber nach wie vor über weltweit geachtete Qualitäten. Es wird entscheidend sein, wie gut sich die Banken den aktuellen Herausforderungen stellen und sich den geänderten Rahmenbedingungen anpassen können.

«Wenn die Erträge zurückgehen und sich dieser Trend fortsetzt, werden Massnahmen auf der Kostenseite leider unabdingbar.»

Was ist zu erwarten?

Wenn die Erträge zurückgehen und sich dieser Trend fortsetzt, werden Massnahmen auf der Kostenseite leider unabdingbar. Und dies geht dann leider auf Kosten zusätzlicher oder gar bestehender Arbeitsplätze. Ich gehe davon aus, dass die Bankbranche in den nächsten drei Jahren kaum mehr wachsen wird. Für Mitarbeiter heisst das, dass sie sich vermehrt auch nach Jobs in anderen Branchen, z.B. in Versicherungen oder in  Finanzabteilungen von Industrieunternehmen umsehen müssen.

Will man das Geschäft mit Institutionellen Kunden wie Hedge Funds ausbauen und auch vermehrt ausländische Insitutionelle Anleger betreuen?

Hedge Funds Manager sind in der Regel extrem talentierte und gut ausgebildete Leute. Sie sind aber auch sehr mobil und kommen generll an günstige Standorte mit guten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Es handelt sich hier um ein interessantes, sehr anspruchsvolles und hart umkämpftes Geschäft in einem sehr kompetitiven Umfeld. Moderate Steuern wirken natürlich attraktiv auf Hedge Funds.

Aber dieses Geschäft birgt auch Risiken für den Finanzplatz.

Diese Risiken sind nicht unbedingt an den Standort gebunden. Interessant ist aber die Tatsache, dass hier Know how und Innovationspotenzial kommt, das der Region neue Impulse gibt – auch den hiesigen Ausbildungsstätten.

Wagen wir doch zum Abschluss einen Blick in die Kristallkugel. Wo steht der Finanzplatz Zürich in 10 Jahren?

Wenn wir uns auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich die Qualität des Bankgeschäfts und die Ausbildung unserer Mitarbeiter, dann bin ich trotz allem zuversichtlich. Und falls die Politik zusätzlich hilft ein regulatorisches Umfeld zu schaffen,  das uns Banken eine gewisse unternehmerische Gestaltungsfreiheit offen  lässt, dann kann sich Zürich trotz allen Herausforderungen gegenüber den ausländischen Finanzplätzen weiter profilieren.

Zur Person
Thomas Ulrich ist Präsident des Zürcher Bankenverbandes. Bei der UBS  ist er als Regionaldirektor und Leiter Wealth Management der Region Zürich tätig und blickt auf eine lange Karriere auf dem Zürcher Finanzplatz zurück: Der promovierte Ökonom startete seine Banklaufbahn in den 80er-Jahren beim Schweizerischen Bankverein und hat seither diverse Funktionen im Privat- und Firmenkundengeschäft der UBS ausgeübt.

Über den Zürcher Bankenverband
Der Zürcher Bankenverband nimmt die Interessen des Finanzplatzes gegenüber Behörden, Politik und der Öffentlichkeit wahr und trägt durch seine Aktivitäten in den Bereichen Politik und Bildung dazu bei, dass der Zürcher Finanzplatz auch in Zukunft ein Finanzplatz von Weltbedeutung bleibt. Mitglied des Zürcher Bankenverbands sind rund 60 Banken mit insgesamt 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Weitere Informationen: www.zuercher-bankenverband.ch

Der Zürcher Bankenverband unterstützt die Postulate von FDP,  SVP und CVP
Der Zürcher Bankenverband begrüsst die im Kantonsrat eingebrachten Postulate, die den Regierungsrat einladen, Entwicklungsmassnahmen für den Ausbau des Finanzplatzes Zürich sowie ein Konzept zur Schaffung eines internationalen Hochschulzentrums für Finanz- und Bankenwissenschaften mit Standort Zürich auszuarbeiten. Die von der FDP, SVP und CVP im Kantonsrat eingereichten Postulate zielen darauf ab, den Finanzplatz Zürich nachhaltig zu stärken. Die drei Parteien fordern den Regierungsrat auf, optimale Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der Geschäftstätigkeiten auf dem Finanzplatz Zürich und für die  Ansiedelung neuer Geschäftsfelder der Finanzbranche zu schaffen. Gedacht wird unter anderem an:

  • Konkurrenzfähige Besteuerung von Anlagegesellschaften und Anlagekonstrukten
  • Einbezug der Bedürfnisse des Finanzplatzes im Grossraum Zürich in Raum- und Verkehrsplanung
  • Interventionen auf Bundesebene zum Abbau von Wettbewerbshürden, beispielsweise durch die Abschaffung der eidgenössischen Stempelabgabe
  • Interventionen auf Bundesebene für eine schweizerische Trustgesetzgebung oder eine vereinfachte Zulassung von modernen Anlageinstrumenten

Firmeninformationen zum Zürcher Bankenverband bei monetas

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