Titus Meier, CEO Betriebsgesellschaft Kongresshaus Zürich AG, im Interview

Titus Meier, CEO Betriebsgesellschaft Kongresshaus Zürich AG, im Interview
Titus Meier, CEO Betriebsgesellschaft Kongresshaus Zürich AG. (Foto: zvg)

Titus Meier, CEO Betriebsgesellschaft Kongresshaus Zürich AG. (Foto: zvg)

Interview von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Meier, wenn das Zürcher Stimmvolk Mitte 2016 dem Umbau des Kongresshauses zustimmt, kommen ab Mitte 2017 die Baugerüste. Warum ist die Vorlaufzeit so lange?

Titus Meier: Erst wenn die Finanzierung der Renovation durch das Zürcher Stimmvolk angenommen wird, beginnt die Einsprachefrist zu laufen. Diese Phase gilt es abzuwarten und allfällige Einsprachen zu bearbeiten. Zudem ist die Tonhalle Gesellschaft mit dem Tonhalle Orchester an ihre Konzertsaison gebunden; ein Wechsel während der Konzertsaison wäre mit grösseren Schwierigkeiten verbunden. Aus diesen Gründen ist der Baustart für den Sommer vorgesehen.

Während eines Umbaus, muss auch der Kongressbetrieb weiterlaufen. Gibt es schon definitive Entscheide oder zumindest Weichenstellungen, wie die Übergangslösung aussehen wird?

Im Gegensatz zum Tonhalle Orchester, das in die Maag Eventhall ausweichen wird, gibt es für den Kongresshausbetrieb keinen Ersatzstandort. Die Betriebsgesellschaft Kongresshaus Zürich AG hat verschiedene Optionen intensiv geprüft. Aber wir mussten leider zum Schluss kommen, dass das Einrichten eines Provisoriums unter den gegebenen Umständen keine befriedigende Lösung darstellen würde und zudem nicht finanzierbar wäre. Wir unterstützen aber unsere bestehenden Kunden bei der Suche nach passenden Übergangslösungen und setzen alles daran, wichtige Veranstaltungen in Zürich halten zu können.

Drei Jahre soll dann gebaut werden. Was passiert, wenn sich Ihre Kunden an die Ersatzlösung gewöhnt haben?

Das Risiko besteht natürlich. Der eine oder andere Kunde stellt vielleicht fest, dass seine Veranstaltung auch in einer anderen Location funktioniert. Jeder Wechsel des Veranstaltungsorts ist mit konzeptionellen Anpassungen, also auch mit Mehrarbeit und Kosten seitens des Veranstalters verbunden – daher werden solche Wechsel in der Regel gut überlegt. Grundsätzlich sind wir zuversichtlich: Wir haben uns über viele Jahre als kompetenter und zuverlässiger Partner für Kongresse und Veranstaltungen aller Art etabliert und können auf viele enge Kundenbeziehungen zählen. Wir werden auch während der Umbauzeit den Kontakt zu unseren Kunden und generell zu Veranstaltern pflegen und aufrechterhalten und setzen alles daran, sie ins renovierte Kongresshaus zurückzugewinnen. Dabei haben wir einige Trümpfe auf unserer Seite: die einzigartige und zentrale Lage am See, das Renommee des Kongresshaus Zürich und natürlich der neue Glanz des umgebauten und technisch aufgerüsteten Hauses.

Die meisten Kongresse werden sehr langfristig geplant. Da dürfen sie keine Bauverzögerung haben. Ist daher die Umbauzeit von drei Jahren grosszügig kalkuliert?

Richtig, internationale Kongresse werden drei bis fünf Jahre im Voraus reserviert. So liegen uns bereits provisorische Kongressreservationen für 2020 und 2021 vor. In den drei Jahren Bauzeit ist ein „kleines Zeitpolster“ eingerechnet, da bei einem Umbau eines derart komplexen Gebäudes mit einzelnen Verzögerungen zu kalkulieren ist.

«Wenn wir auch von einer  höheren Positionierung der Dienstleistungen an diesem tollen Standort ausgehen, so möchten wir die Preise doch nicht zu hoch ansetzen.»
Titus Meier, CEO Betriebsgesellschaft Kongresshaus Zürich AG

Was passiert, wenn Sie, wovon ich eigentlich ausgehe, früher fertig werden?

Die Restaurierung der Tonhalle-Räumlichkeiten wird länger dauern als der Bereich Kongresshaus. So wäre eine frühzeitige Eröffnung des einen Gebäudeteils durchaus schon wenige Monate vor dem anderen denkbar – vorausgesetzt, die gemeinsame Gebäudetechnik lässt dies zu. Die genaue Terminplanung steht noch nicht fest und kann erst erfolgen, wenn die verschiedenen Arbeiten ausgeschrieben und vergeben sind.

Ein Publikumsmagnet wird sicher das neue Restaurant mit Panoramablick über den See werden. Kann sich der Normalbürger dort einen Kaffee leisten?

Auf das neue Terrassen-Restaurant an einmaliger Lage im ersten Stock, mit traumhaftem Blick auf den See und die Alpen, freue ich mich ganz besonders. Ziel ist es, dass sich der Normalbürger, der Tourist wie auch der Veranstaltungs- und Konzertgast dort wohlfühlen kann. Wenn wir auch von einer höheren Positionierung der Dienstleistungen an diesem Standort ausgehen, so möchten wir das Pricing doch nicht zu hoch ansetzen, um den verschiedenen Gästesegmenten gerecht zu werden.

Durch den Umbau entstehen flexible Raumkombinationen, damit vielfältigere Möglichkeiten der Nutzung und insgesamt wohl auch ein Gewinn an Nutzfläche. Das dürfte langfristig wiederum mehr Umsatz bringen. Wieviel schätzen Sie?

Im Bereich des verkleinerten Gartensaals gewinnen wir mit dem neuen Foyer und einem neuen Sitzungszimmer an Bespielbarkeiten. Das Kongresshaus-Vestibül gewinnt mit der zusätzlichen Fläche des heutigen Clubs Le Bal an Fläche und Attraktivität. Im ersten Stock verlieren wir mit dem Rückbau des grosszügigen Panoramasaals und seinen beiden Foyers an Veranstaltungs- und Betriebsfläche. Die Fläche des heutigen Clubs Adagio wird der Tonhalle zugesprochen. So wird uns insgesamt künftig etwa die gleiche Betriebsfläche zur Verfügung stehen. Wir rechnen mit einem Umsatzplus von ca. 12-18%.

«Die grosse wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt unserer Veranstaltungen hat für eine breite und starke Verankerung in der Bevölkerung gesorgt.»

Wird das Geschäft mit dem Essen und Trinken, das zurzeit knapp zwei Drittel Ihres Umsatzes ausmacht, weiter Anteile gegenüber dem Saalgeschäft gewinnen?

Im Saalgeschäft wird der Anteil an F&B, also food und beverage, voraussichtlich ungefähr gleich bleiben. Durch den anteiligen Zugewinn im Restaurant rechnen wir aber tatsächlich mit einem höheren F&B-Anteil.

Ihre Mietkosten liegen jetzt bei rund 3 Millionen Franken jährlich. Wo werden sie 2020 stehen?

Die Betriebsgesellschaft wird nach der Renovation eine fixe Sockelmiete von 2.8 Millionen Franken zuzüglich einer umsatzabhängigen variablen Miete entrichten. Zudem werden wir neu auch den Ausbau des Restaurants sowie das Mobiliar und Kleininventar des Kongressbetriebes finanzieren.

Wird sich auch der Beitrag der Kongresshaus AG am zukünftigen Unterhalt erhöhen?

Der bauliche Unterhalt wird mit der Miete abgedeckt. Die Betriebsgesellschaft muss aber für den Unterhalt des eigens finanzierten Restaurantausbaus sowie des Kongressmobiliars aufkommen.

Im letzten Jahr gab es einen Reingewinn von 293‘000 Franken. Muss man in der Kongresshaus AG eine Art verlängerte Stiftung zugunsten der Stadt Zürich sehen?

Nein, die Betriebsgesellschaft ist eine eigenständige Aktiengesellschaft, die das Kongresshaus mietet und betreibt.

Die USP des Kongresshauses ist die Lage direkt am See und in der Innenstadt. Wie kann man diese noch mehr vergolden?

Die prominente Lage war und bleibt eine wesentliche Stärke. Mit der tollen Terrasse und dem einzigartigen Aussichtsrestaurant wird dieser Vorteil zusätzlich aufgewertet. Das Kongresshaus Zürich hat sich aber stets vor allem dadurch ausgezeichnet, dass an diesem traditionsreichen Standort Kongresse, Messen und Events verschiedenster Art stattgefunden haben – diese grosse wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt hat für eine breite und starke Verankerung in der Veranstaltungsszene und Bevölkerung gesorgt. Unser Ziel ist es, im erneuerten Kongresshaus noch mehr interessante Kongresse und Veranstaltungen zu uns zu holen und damit auch einen substanziellen Wertschöpfungsbeitrag zum Kongress- und Tourismusstandort Zürich zu leisten.

Zur Person:
Titus Meier, Schweizer, geboren 1967, absolvierte die Hotelfachschule in Lausanne (Diplôme d’Etudes Supérieures en Restauration an der EHL Ecole hôtelière de Lausanne) und das NDS Nachdiplomstudium HF Hotelmanagement bei der Hotelleriesuisse (Dipl. Hotelmanager NDS HF). Nach mehrjähriger Erfahrung und verschiedenen Engagements in der hochwertigen Gastronomie in der französischen und deutschen Schweiz wechselte Titus Meier in die Hotellerie und war 5 Jahre im Food & Beverage Management sowie im Bankett- und Konferenzbereich des 5-Sterne-Hauses Zürich Airport Hilton tätig. 1997 trat er als Stellvertretender Direktor und Food & Beverage Manager in die Betriebsgesellschaft Kongresshaus Zürich AG ein; seit Juli 2014 leitet er das Unternehmen als geschäftsführender Direktor.

Zum Unternehmen:
Das Kongresshaus Zürich ist ein führender, traditionsreicher Veranstaltungsort für Kongresse, Messen, Ausstellungen und Anlässen aller Art mit nationaler und internationaler Ausstrahlung. Neben Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sind auch Kultur und Unterhaltung prominent im Programm vertreten. Im Kongresshaus und in der angrenzenden Tonhalle sind schon viele Weltstars aufgetreten. Jazzlegenden wie Duke Ellington, Benny Goodman und Ella Fitzgerald haben genauso begeistert wie die Entertainer Josephine Baker, Sammy Davis Jr. und Harry Belafonte oder Rock- und Popgrössen von Ray Charles, Tina Turner, Deep Purple bis Udo Jürgens und Patricia Kaas. Das Gelände und das Haus, welches anlässlich der Zürcher Landesausstellung im Jahr 1939 von den Architekten Häfeli Moser Steiger erstellt wurde, liegt im Eigentum der Kongresshaus-Stiftung, die von der Stadt Zürich unterstützt wird. Die Betreibergesellschaft ist nicht an den Immobilien beteiligt, aber eine ausserbörslich (otc) gehandelte AG, welche der Stiftung Miete zahlt.

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