Umut Ertan, CEO Schweizer Kapital, im Interview

Umut Ertan, CEO Schweizer Kapital, im Interview
Umut Ertan, CEO Schweizer Kapital. (Bild: zvg)

von Sandra Willmeroth

Moneycab.com: Sie haben vor Kurzem gemeinsam mit den Brüdern Schomberg die Venture Capital Gesellschaft Kingstone Schweizer Ventures (KSV) gegründet. Warum braucht es neben ihrer Firma Schweizer Kapital noch eine weitere VC-Gesellschaft?

Umut Ertan: Die Schweizer Kapital hat erfolgreich mit eigenem Kapitaleinsatz drei in ihrem Bereich führende Greentech-Unternehmen seit Jahren begleitet, gecoacht und mit Sinnpower als Leuchtturm dieses Jahr auch weltweit den Markteintritt vollbracht. Weitere diverse Eigengründungen und Co-Gründungen runden den Erfahrungsschatz ab. Jetzt wollen wir das skalieren und mit mehr Kapitaleinsatz, erstmalig auch mit weiteren Investoren, insgesamt mehr Impact auslösen. Der Markt und unsere Erde benötigen das.

«Wir wollen mit weiteren Investoren mehr Impact auslösen. Der Markt und unsere Erde benötigen das.»

Sie sagen, Sie beschäftigen sich seit 2017 mit dem Thema Impact Investing. Andere waren da früher ambitioniert. Was hat Sie zu dem Thema geführt?

Mit ausschliesslich eigenem Kapital – über 20 Millionen – investiere ich seit fünf Jahren. Es gibt im rein disruptiven Impact-Greentech Sektor nicht wirklich viele, aber ich wünschte es wären 2017 schon viel mehr gewesen. Seit Februar diesen Jahres gibt es regelrecht einen Run in diesen Sektor, über den ich mich sehr freue. Mich hat die Verantwortung für unsere Erde und die nächste Generation zu dem Thema geführt. Vor fünf Jahren war ich ein Träumer, vor drei Jahren ein Idealist und seit Februar dieses Jahres darf man sich als Impact-Greentech Investor als Opportunist fühlen, weil kein Weg mehr an der Dekarbonisierung und dem Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen vorbeiführt.

Was haben Sie seit 2017 unter dem Stichwort Impact Investing erreicht?

Mich hat seit jeher gestört, dass man Impact Investing und diese Anlageform erklären muss, da diese oftmals fälschlicherweise der Philantrophie zugeordnet wird. Mit Impact Investments sind Investitionen gemeint, die neben der finanziellen Rendite eine messbare soziale und ökologische Wirkung zum Ziel haben. Das investierte Geld soll also dazu beitragen, gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Probleme zu lösen. Durch die Entdeckung der sozialen Medien für mich – ich war bis 2020 völlig abstinent – habe ich meine persönliche Mission, hinter der ich zu 100 % stehe, einem breiteren Publikum mit über 10.000 Followern mitgeteilt, regelmässig weltweit Keynotes gehalten und auch als Co- Autor an Büchern zu diesem Thema mitgewirkt. Gleichzeitig sind neben den Worten auch diverse Neugründungen und Investitionen als Lead- oder auch als Hauptgesellschafter in Impact Firmen getätigt worden.

Sie sagen zu Recht, der Klimawandel ist die grösste und drängendste Herausforderung der Gegenwart. Doch anstatt alle Anstrengungen darauf zu verwenden, die Geschwindigkeit mit der sich das Klima wandelt zu verringern, haben wir plötzlich wieder einen Krieg in Europa. Spüren Sie, dass diese Entwicklung den Spirit der Startup Szene lähmt oder ist vielleicht das Gegenteil der Fall?

«Der Krieg hat als bittere Wahrheit dazu beigetragen, den Trugschluss aufzudecken, dass die Welt durch fossile Einkaufspolitik befriedet werden kann.»
Umut Ertan, CEO Schweizer Kapital

Ganz im Gegenteil, der Krieg hat als bittere Wahrheit dazu beigetragen, den Trugschluss aufzudecken, dass die Welt durch fossile Einkaufspolitik befriedet werden kann. Ähnlich wie Corona die Schwachstellen in der Supply Chain aufgedeckt und dies zu Nearshoring und Pufferlagern in Europa geführt hat. Es gibt endlich politischen, wissenschaftlichen und ökonomischen Gleichlauf der Interessen, da der wirtschaftlich langfristige Erfolg ohne erneuerbare Energien undenkbar geworden ist. Vor dem Krieg gab es unterschiedliche Interessen und man konnte keine unabhängige Sicherheitspolitik ohne Energiepolitik in Europa betreiben. Energie ist der grösste Markt der Welt und dieser braucht mehr denn je Startups und Innovationen, die einen Grossteil des Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien herstellen.

Glauben auch Sie, dass die Blockchain-Technologie die Welt verändern kann? Insbesondere in der Logistik ist das Potenzial der neuen Technologie sehr gross. Haben Sie einen Einblick in die in der Entwicklung steckenden Projekte und Ideen? Können Sie ein oder zwei Beispiele nennen?

Ja, das Potential ist immens und wir stehen erst ganz am Anfang. Freier berichten kann ich nur, damit wir nicht gegen Vertraulichkeit verstossen, aus eigenen Projekten. Mit U-Pax wollen wir die letzte Meile der Logistik revolutionieren. So können wir heute jedes Produkt jedes Händlers in einer Stadt innerhalb von wenigen 30 bis 60 Minuten online ausliefern. Wir reden nicht von den sogenannten Gorilla oder Getir Darkstores, die dem lokalen Handel Kaufkraft entziehen, sondern von jedem Einzelhändler, aus dessen Laden oder Lager wir schnell und sauber ausliefern. Soweit ich weiss, kann das aktuell nur U-Pax. Ein anderes Beispiel ist Karmapoint: Da wollen wir Gutes und Positives sichtbar machen und dies mit Karmacoins honorieren. Dies wird auch auf Blockchain Technologie gelöst.

«Es gibt endlich politischen, wissenschaftlichen und ökonomischen Gleichlauf der Interessen, da der wirtschaftlich langfristige Erfolg ohne erneuerbare Energien undenkbar geworden ist.»

Ihre Firma Schweizer Kapital ist eine Venture-Kapitalgesellschaft oder mehr eine Unternehmensberatung oder ein Think Tank oder alles zusammen oder etwas ganz anderes?

In erster Linie ist es ein First Generation Family Office, das heisst, dass durch diverse Firmengründungen und erfolgreiche Exits sehr viel Erfahrung im Unternehmertum vorliegt und ausschliesslich aus Eigenmitteln investiert wird. Entscheidungen sind so sehr schnell möglich. Manchmal finden sich die richtigen Köpfe bei uns und wir gründen dann nach einem Brainstorming, wenn es einen Impact- oder Logistikbezug hat, bei dem wir die grösste Erfahrung haben, eine neue Firma.

Woher kommt die Fokussierung der Aktivitäten der Schweizer Kapital auf die Logistik und Immobilienbranche?

Seit 1994 liegt der Schwerpunkt meiner unternehmerischen Laufbahn in der Immobilienbranche mit dem absoluten Fokus auf Industrie- und Logistikimmobilien. Mit Realogis konnte 2005 so der führende Berater für Logistikimmobilien in Deutschland geschaffen werden sowie mit RLI Investors 2014 der führende Spezial Logisitkfondsanbieter bis 2020 in Deutschland – dem mit Abstand grössten Logistikmarkt in Europa – aus Eigenmitteln und mit organischem Wachstum aufgebaut werden. Die Idee dahinter war, dass Deutschland diese Flächen als führende Industrienation in Europa elementar benötigt. Während Corona hat sich der Logistikmarkt exponentiell entwickelt und in 2020 konnten 100 % der RLI Investors sowie 25 % der Realogis erfolgreich an das S-Dax Unternehmen DIC Asset AG verkauft werden.

Ein Projekt, was durch Sie gross geworden ist, ist die Gewinnung von Energie aus der Wellenbewegung des Meerwassers. Wie wird die Energie bei einem solchen Verfahren gespeichert respektive dorthin geleitet, wo sie gebraucht wird?

Ich bin seit 2018 in Sinnpower investiert und heute Mehrheitsgesellschafter, was ich nie auch nur einen Tag bereut habe. Ich bewundere den Firmengründer Dr. Philipp Sinn, der salzwasserfeste Batterietechnologien entwickelt hat, die vor Ort erneuerbaren Strom aus drei Stromquellen wie Solar, Wind und dem Wellenkraftwerk auf ozeantauglichen Plattformen speichert und bei Bedarf abgibt. Das ist weltweit einzigartig und kann natürlich auch im Kleinformat auf sämtlichen Seen eingesetzt werden. Der Strom wird entweder auf der Plattform zwischengespeichert oder mit handelsüblichen Seekabeln, wie sie auch für Offshore Windparks verwendet werden, an Land geliefert. Wir können die Anlagen weltweit in jeglicher Grössenordnung bis zu Gigawatt bauen.

Wie viele Firmenideen haben Sie schon bewertet? Gab es eine, der sie eine Abfuhr erteilt haben, die dann aber doch erfolgreich wurde?

Puh, das kann ich nicht zählen. Alleine während der Corona-Peaks waren es dutzende pro Woche. Ein paar tausend werden es schon sein in meinem ganzen Leben. Ja klar, habe ich mich auch mal nicht getraut, weil zum Beispiel bereits Mineralölgiganten eingestiegen waren. Synhelion ist so ein Beispiel. Tolle Gründer – und die Swiss setzt mittlerweile nachhaltigen Treibstoff ein. Ich sage aber auch oftmals, dass die Deals, die man nicht gemacht hat, die besten Deals sind. Das meine ich im Zusammenhang mit möglichen, vermiedenen Fehlentscheidungen.

Gibt es eine andere Businessentscheidung, die Sie bereuen?

Auch Farmy ist eine tolle Firma und ich habe etwas gezögert. Da hätte ich auch noch recht früh einsteigen könne. Aber so richtig bereut habe ich es noch nicht. Ich mache Fehler und stehe dann auch dazu.

Bei welchem Startup wären Sie gerne von Anfang an dabei gewesen?

Ich finde Planted hat eine ganz tolle Entwicklung hinter sich gebracht.

Sie stammen selbst aus eher einfachen Verhältnissen, wie/womit haben Sie sich ihr Startkapital erarbeitet? Gab es einen Big Deal oder ähnliches?

Ich habe immer länger und ausdauernder als andere gearbeitet und habe mich auch nicht unterkriegen lassen. Mein erstes Startkapital bei Realogis waren 30.000 Euro und zuletzt haben wir knapp 25 Mio. Umsatz gemacht, im 17. Jahr in Folge den Umsatz bzw. Gewinn gesteigert. Ich denke, das war meine beste Idee bisher. Vor zwei Jahren habe ich RLI Investors für einen auskömmlichen Betrag an die DIC Asset AG verkauft. Das war auch ganz ok.

Wenn Sie unbeschränktes Budget zur Verfügung hätten, was würden Sie mit dem Geld anfangen?

Alles in Greentech-Unternehmen investieren, damit wir unsere Erde bewohnbar halten und gleichzeitig das grösste Firmenkonglomarat der Welt aufbauen.

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