Urs Neuhauser, CEO Griesser Group, im Interview

von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Neuhauser, wieviel Aluminium verbraucht Griesser im Jahr?
Urs Neuhauser: In unseren Griesser-Werken in der Schweiz, Österreich und Frankreich verarbeiten wir durchschnittlich rund 3’000 Tonnen Aluminium pro Jahr.
Und woher kommt es?
Wir beziehen unser Aluminium aus dem europäischen Raum. Obschon wir dank unter anderem einem Aluminiumrezyklatanteil von 30 % mit bis zu 4.7 kg CO2-Emission pro produziertem kg Aluminium bereits unter dem europäischen Durchschnitt von 6.7 kg und dem globalen von 16.7 kg lagen, setzten wir uns das Ziel, diesen Wert nachhaltig zu senken. Mit Green Aluminium, einem grüneren Aluminium, welches wir seit 2024 einsetzen, ist uns dies gelungen, und wir sind aktuell bei einem Wert von 3.3 Kilogramm Kohlendioxid pro Kilo Aluminium.
«Wir sind aktuell bei einem Wert von 3.3 kg CO2/kg Aluminium.»
Urs Neuhauser, CEO Griesser Group
Sie haben den Standort Aadorf über die Jahre kontinuierlich ausgebaut. Hat es da noch Platzreserven?
Unser Standort Aadorf, an welchem wir übrigens seit Gründung 1882 produzieren, bietet nach wie vor Platz für Ausbauten. Unser primäres Ziel ist es jedoch unsere Standorte fortlaufend zu optimieren und automatisieren sowie in Richtung Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln. Mit der Inbetriebnahme unserer neuen Produktionsstrasse der Fassadenmarkise Solozip in Aadorf machen wir gerade in puncto Automatisierung wieder einen grossen Schritt nach vorne.
Bis 2030 soll die 400 Fahrzeuge umfassende Firmenflotte vollständig elektrifiziert sein, bis 2050 an allen Produktionsstandorten Klimaneutralität erreicht werden. Sind Sie im Plan?
Wir sind auf gutem Weg und deshalb zuversichtlich, unsere Nachhaltigkeitsziele weiterhin planmässig umzusetzen. Insbesondere in den Bereichen nachhaltige Produkte und Werke konnten wir im vergangenen Jahr viel bewegen. Seit letztem Herbst setzen wir bei unserem Fensterladensortiment das erwähnte Green Aluminium ein. Dank dem in Europa mit Wasser- und Windkraft hergestellten Aluminium schaffen wir es, unsere CO2-Emissionen um mehr als 30 Prozent zu senken. Am österreichischen Standort Nenzing investierten wir 2024 rund 11 Millionen Franken in einen nachhaltigen Neubau, der komplett aus regionalem Holz gefertigt wurde und mit einer europaweit einzigartigen Pulverbeschichtungsanlage ausgestattet ist und die mit selbst produziertem Strom aus der 400 Quadratmeter grossen Photovoltaik-Anlage betrieben wird.
Drei Viertel des Griesser-Umsatzes entfällt auf die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz). Wo lässt sich ausserhalb noch gutes Wachstum generieren?
Unser Fokus liegt auf dem westeuropäischen Raum. Ausserhalb des DACH-Raumes sehen wir sehr gute Umsatzentwicklungen unter anderem in Frankreich, wo wir ebenfalls zwei Werke betreiben, und unsere Rollläden und Fassadenmarkisen entstehen, in Italien und in Spanien.
Bei Ihnen herrscht sicherlich wie überall Facharbeitermangel, oder? Wie viele Lehrstellen besetzt Griesser pro Jahr? Sie locken ja unter anderem mit einem 1000 Franken-Gutschein für einen Laptop.
Der Fachkräftemangel ist tatsächlich eine der grössten Herausforderungen unserer Branche. Hier gilt es innovativ zu sein, um an die passenden Talente zu gelangen und sich als attraktiver Arbeitgeber am Markt zu platzieren. Als familiengeführtes Unternehmen legen wir seit jeher grossen Wert auf faire Arbeitsbedingungen, die auch über dem Marktdurchschnitt liegen. Dazu zählen unter anderem Benefits wie der erwähnten Laptop-Gutschein für unsere Lernenden.
Wir bilden aktuell mehr als 40 Lernende in verschiedenen Berufen aus. Diesen Sommer schliessen 12 Lernende ihre Ausbildung ab. Viele Davon bleiben nach ihrer Ausbildung weiterhin für uns tätig.
Ist es ein Vorteil für einen Sonnenschutzbauer zu arbeiten? Die Arbeit findet ja zu einem guten Teil im Freien statt.
Unabhängig davon, ob sich die Arbeitsumgebung im Freien oder drinnen befindet, die Sonnenschutzbranche ist sehr facettenreich und ein Markt mit Zukunft. So steigert beispielsweise der Klimawandel die Relevanz von Sonnenschutz immer schneller. Im Fall von Griesser bieten wir nebst den erwähnten zeitgemässen Arbeitsbedingungen, viel Abwechslung, ein familiäres Umfeld und Weiterentwicklungsmöglichkeiten. In unserer hauseigenen Griesser Academy fördern wir die interne Entwicklung und bieten unseren Mitarbeitenden regemässig vielfältige Kurse und Ausbildungsprogramme an.
Im Innern des Hauses ist die smarte Vernetzung bei Griesser bereits Realität. Wie viele Ihrer Kunden entscheiden sich dafür?
Themen wir Energieeffizienz und Kosteneinsparungen an Gebäuden gewinnen vermehrt an Bedeutung. Automatisierte Sonnenschutzlösungen haben genau auf diese Bereiche einen enormen Impact. In der Summe werden unsere Sonnenschutzprodukte deshalb mehrheitlich automatisiert verbaut. Allerdings sehen wir starke regionale Unterschiede: Währenddem der DACH-Raum besonders umsatzstark ist, herrscht in Ländern wie Spanien und Portugal bisher noch ein tieferes Bewusstsein für die Vorzüge von automatisiertem Sonnenschutz.
«In der Summe werden unsere Sonnenschutzprodukte mehrheitlich automatisiert verbaut.»
Gibt es spannende technische Neuentwicklungen?
Wir entwickelten kürzlich eine App, die den bisher analogen Messvorgang digitalisiert. Mit unserer «My Griesser OnSite»-App können wir den Prozess des Ausmessens, der Weiterverarbeitung, Kontrolle und Bestellung effizienter, einfacher, sicherer und nachhaltiger gestalten. Wir reduzieren und vermeiden damit Mess- und Bestellfehler und verringern damit deutlich Kosten. Zudem erhöhen wir das Tempo durch einen einfachen Ablauf im gesamten Prozess. Als Pionier erhöhen wir unsere Wettbewerbskraft mit einer weiteren Differenzierung im Markt, da uns vergleichbare digitale Lösungen im Sonnen- und Wetterschutz bisher nicht bekannt sind.
«Designstarker Sonnenschutz unterstreicht die Architektur eines Gebäudes beträchtlich.»
Spielt Sichtschutz in Zeiten zunehmender Bauverdichtung eine immer grössere Rolle?
Die Nutzung von Sonnenschutz als Sichtschutz ist eine Komponente, jedoch nicht die zentralste. Gerade das Tageslicht hat enorme Wichtigkeit für unser Wohlfühlen, die Wohnatmosphäre und das Raumklima. Die Sonnenschutzlösung soll diese Elemente unterstützen. Zudem gewinnt die Ästhetik der eingesetzten Produkte an Bedeutung. Designstarker Sonnenschutz unterstreicht die Architektur eines Gebäudes beträchtlich.
Im sommerlich heissen Badajoz wurden im Kloster St. Augustin nach meinem persönlichen Geschmack tatsächlich sehr ästhetische Solomatic-Lamellen-Storen als Sonnenschutz eingesetzt. Wie schnell sind solche wichtigen Masslösungen installiert?
Die Griesser Group arbeitet europaweit mit 7’000 Fachpartnern zusammen. Dies gibt uns in allen Märkten maximale Einsatzfähigkeit und Flexibilität. Die Installationszeit unserer Sonnenschutzprodukte hängt jeweils von verschiedenen Faktoren wie der Produktewahl, der Anzahl Produkte oder der Montagevoraussetzungen am Objekt ab. Beim erwähnten Projekt in Spanien wurden 24 Lamellenprodukte verbaut, entsprechend schneller ging die Installation. 2024 durften wir übrigens einen Teil des Olympischen Dorfes in Paris beschatten. Dieses Projekt dauerte, aufgrund der hohen Gesamtkomplexität, mehrere Monate. Insgesamt aber ein einmaliges Projekt.