Werner Schmidli, CEO Schlatter Group, im Interview

Werner Schmidli, CEO Schlatter Group, im Interview
Werner Schmidli, CEO Schlatter Group. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Schmidli, das Geschäft mit Ersatzteilen und Servicedienstleistungen trägt rund 30 Prozent zum Schlatter-Umsatz bei. In welchem Land steht eigentlich der älteste Schlatter-Maschinenpark?

Werner Schmidli: Die älteste Maschine, die ich bei einem Kunden in Betrieb gesehen habe, steht beim führenden Zaunhersteller in Japan. In den 60er-Jahren hat er mit dieser Schlatter-Maschine erstmals selber Zäune gefertigt, und noch heute produziert die Anlage inmitten seiner Fertigungshalle quasi als Denkmal und Erinnerung an den Beginn seiner Eigenfertigung – umrahmt von circa zehn Schlatter-Maschinen neueren Jahrgangs.

Ab wann lohnt sich beispielsweise der Kauf einer völlig neuen Schienenschweissanlage?

Grundsätzlich stellt der Kunde in seiner Investitionsrechnung die geplante Anzahl Schweissungen dem Kaufpreis gegenüber. Diese Kosten fliessen dann in seine Kalkulation und Erlösrechnung ein. Die Beweggründe für den Kauf von Schlatter-Schienenschweissanlagen sind vielfältig. Einerseits sind das Kapazitätserweiterungen. Beispielsweise erweitert China das Hochgeschwindigkeitsnetz auf 20‘000 km. Hierzu werden zum Schweissen von Langschienen anschliessend an die Schienenwerke fast ausschliesslich stationäre Schienenschweissmaschinen eingesetzt. Andererseits sind qualitative Anforderungen an die Schweissungen ein Kaufkriterium. Unser technisches und Prozess-Knowhow im Bereich des „Abbrennstumpfschweissens“ kombiniert mit der Qualität des gesamten Prozesses – beispielsweise der Ausrichtung der Schienen – ist führend. Was uns übrigens besonders freut ist, dass das Schweizer Schienennetz auf Schlatter-Schweissmaschinen geschweisst wurde.

«Das Gebrauchtmaschinengeschäft ist interessant und lukrativ.»
Werner Schmidli, CEO Schlatter Group

Sie bieten auch gebrauchte Maschinen zum Verkauf. Das ist als guter Kundenservice zu verstehen. Aber ist das nicht auch eine Gratwanderung? Sie leben doch zum grössten Teil vom Neumaschinenbau.

Das Gebrauchtmaschinengeschäft ist interessant und lukrativ. Wir betreiben das Gebrauchtmaschinengeschäft nur mit gebrauchten Schlatter-Anlagen und modernisieren diese in unserer Niederlassung in Malaysia. Wir verkaufen diese erneuerten Anlagen meistens an Kunden in Emerging Markets, die sich keine Neuanlage leisten können oder wollen. Wenn diese eines Tages den Schritt zum Kauf einer Neuanlage vollziehen, sind sie bestens vertraut, und wir haben dann sehr gute Karten, bei diesem Geschäft zum Zug zu kommen. Zudem können wir den Kunden, die in eine Neuanlage investieren, eine Lösung für ihre alte Anlage anbieten. Dies ist ein Win-Win-Geschäft.

Ihr VR-Präsident Paul Zumbühl hat den Plattformgedanken, den er bei Interroll erfolgreich aufgegleist hat, in die Entwicklungslinie von Schlattermaschinen importiert. Wo kommt dieser Ansatz ausser bei den Drahtschweissmaschinen noch zum Einsatz?

Das grösste Potential sehen wir aktuell bei den Drahtschweissanlagen. Wir haben in diesem Produktbereich ein über Jahrzehnte gewachsenes Produktportfolio, dessen Komplexität anspruchsvoll zu handhaben ist und zu Ineffizienzen führt. Bei den Produktkosten sehen wir ebenfalls bei den Drahtschweissanlagen das grösste Kostensenkungspotential, welches wir mittels der Entwicklung einer Plattform ausschöpfen wollen. Die Schienenschweissmaschinen und die Webmaschinen weisen einen höheren Standardisierungsgrad aus. Grundsätzlich leben wir den Plattform-Gedanken in vielen Bereichen bis hin zu den bausteinartig aufgebaut Serviceverträgen.

Die gerade auch angesprochenen Massnahmen zur Senkung der Produktionskosten  und ein verbessertes Preisniveau bei den Webmaschinen sollen 2018 in diesem Segment zur Rückkehr in die Gewinnzone beitragen. Wie schwer oder wie einfach wird dieses Ziel zu erreichen sein?

Wir sind zuversichtlich, dass wir dieses Ziel erreichen. Bereits jetzt haben wir den Sprung in die Gewinnzone zurück geschafft – auch wenn dieser noch bescheiden ist.

Ist der Geschäftsbereich Weben für Schlatter überhaupt systemrelevant? Er bringt ja weniger als ein Fünftel des Umsatzes und bedient mit der Papierindustrie eine ausgesprochen schwierige Branche.

Weben und Schweissanlagen haben in der Tat wenig miteinander zu tun, und die Synergien sind schwer ersichtlich. Der Standort Münster, unser Kompetenzzentrum fürs Weben, ist auch der grösste Lieferant des Standortes Schlieren. Den grössten Teil der mechanischen Bauteile und ein nicht zu vernachlässigender Anteil von Modulen für die Armierungsgitteranlagen fertigen wir in Münster. Durch das Webgeschäft können wir die Struktur an unserem deutschen Standort gut auslasten und so die Wertschöpfung in der Gruppe hoch halten. Damit realisieren wir eine höhere Bruttomarge als wenn wir alle Komponenten zukaufen würden.

Was das Webgeschäft betrifft, sehen wir aktuell wieder ein Wachstum im Bereich Brown Paper, getrieben durch die vielen Pakete, die im Online Handel durch die ganze Welt versandt werden, oder im Hygienebereich. Insbesondere in China wird in diesen beiden Kundensegmenten wieder mehr investiert. Zeitungs- und Schreibpapier sind jedoch weiterhin rückläufig.

«Zurzeit läuft es in fast allen Märkten, in denen wir tätig sind, gut, und ein Abschwung ist noch nicht in Sicht.» 

Bei den Schweissanlagen, über 80 Prozent Ihres Umsatzes, lief es letztes Jahr sehr gut. Wegen einem Basiseffekt fiel aber der Auftragseingang schwächer aus. Ich nehme aber an, dass sie sich um die weltweite Baukonjunktur und um die Infrastrukturausgaben im Bahnverkehr keine grossen Sorgen machen, oder?

Zurzeit läuft es in fast allen Märkten, in denen wir tätig sind, gut, und ein Abschwung ist noch nicht in Sicht. Wir sind aber in einer zyklischen Branche tätig, insbesondere was den Bereich der Armierungsgitteranlagen betrifft. Der Abschwung wird kommen, die Frage ist nur wann. Für das laufende Jahr bin ich aber zuversichtlich.

Nach vielen Jahren erwirtschaftet Schlatter mittlerweile wieder eine positive Eigenkapitalrendite und ist netto schuldenfrei. Das verschafft Ihnen sicher ordentlich Goodwill auf dem Finanzierungsmarkt…

Wir haben keine Schwierigkeiten mit der Verlängerung der Kreditverträge mit unseren Hausbanken, und die erzielten Verbesserungen helfen durchaus bei den Bankengesprächen. Ich darf aber sagen, dass unsere Hausbanken auch in den schwierigen Jahren zu Schlatter gestanden und uns positiv begleitet haben. Aber die Situation ist aktuell sicher entspannter als auch schon.

Auf Ende 2017 besteht kein genehmigtes Kapital. Gibt es bei Schlatter Ideen für Arrondierungskäufe oder mittelgrosse Investitionen?

Es gehört zu unserer Aufgabe, laufend Arrondierungskäufe und Investitionen zu prüfen. Es gibt aber nichts Konkretes, über das ich berichten könnte. Sollte dies eines Tages der Fall sein, würden wir die Kapitalsituation vielleicht überdenken. Eine grosse Investition, die in den nächsten Jahren ansteht, ist ein Neubauprojekt für den Standort Münster. Wir haben den heutigen Standort gemietet, der Mietvertrag ist ausgelaufen und die Eigentümer wollen ein Wohnbauprojekt auf dem Gelände realisieren. Deshalb müssen wir ausziehen.

«Einerseits würde ich mich gerne stärker fokussieren, andererseits benötigen wir alle Geschäftsbereiche um unser Geschäft weltweit betreiben zu können.» 

Auf den Punkt gebracht könnte man sagen: Schlatter ist gross in engen Nischen. Was sind dadurch Ihre grössten Herausforderungen?

Eine der grossen Herausforderungen ist sicher, dass wir als KMU in vier unterschiedlichen Geschäftsbereichen (Armierungsgitteranlagen, Industriegitteranlagen, Schienenschweissanlagen und Webanlagen für die Papierindustrie) tätig sind, was ein sehr breites Know-how erfordert. Einerseits würde ich mich gerne stärker fokussieren, andererseits benötigen wir alle Geschäftsbereiche um unser Geschäft weltweit betreiben zu können. Das Marktvolumen in den einzelnen Ländern ist nicht riesig – daher bedienen wir die ganze Welt. Wir wickeln jährlich Neuanlagenprojekte in rund 30 Ländern auf allen Kontinenten ab und verkaufen After Sales – Produkte in über 100 Länder – unsere installierte Maschinenbasis ist geografisch sehr breit gestreut. Aktuell leiden wir – wie andere Industrien auch – an einem Mangel an Fachkräften. Insbesondere bei den Inbetriebnahmen und im Bereich der Softwareentwicklung fehlen uns qualifizierte Mitarbeiter.

Zur Person:
Werner Schmidli, geboren 1965, Schweizer, ist seit 1.8.2004 bei der Schlatter-Gruppe und seit Anfang Juni 2012 deren CEO. Davor war er acht Jahre lang Chief Financal Officer. Nach einem Lic. rer. pol. an der Universität Fribourg startete er seine Karriere als CFO bei der Tela-Kimberly Switzerland in Balsthal (1998 bis 2001). Bis 2004 war Werner Schmidli in der gleichen Funktion bei Integra Biosciences im zugerischen Baar tätig.

Zum Unternehmen:
Die Schlatter Gruppe ist ein führender Anlagenbauer von Widerstandsschweisssystemen für Armierungsgitter, Industriegitter und Eisenbahnschienen sowie Web- und Ausrüstungsmaschinen für Papiermaschinenbespannungen und Drahtgewebe, -gitter. Mit ihrem langjährigen Know-how garantiert die im Swiss Reporting Standard der SIX kotierte Unternehmensgruppe für leistungsstarke und werthaltige Produktionsanlagen.

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