OBT: Megatrend Konnektivität – wohin entwickeln sich IT und Gesellschaft?

OBT: Megatrend Konnektivität – wohin entwickeln sich IT und Gesellschaft?
(Bild: OBT)

St. Gallen – Der Zukunftsforscher John Naisbitt prägte 1980 den Begriff «Megatrend». Seine Definition: Megatrends haben eine Halbwertszeit von mindestens 25 Jahren, wirken sich auf viele Lebensbereiche wie Konsum, Politik und Ökonomie aus – und sie haben globalen Charakter. Ein Megatrend, der sich in den letzten Jahren rasant verstärkt hat, ist die Konnektivität.

Seit der Jahrtausendwende erleben wir einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel, der durch zuvor noch unbekannte Technologien befeuert wird: Die globale Konnektivität, die Vernetzung auf Basis digitaler Infrastrukturen, verändert unsere Arbeit und unsere Freizeit, unser Verhalten und unseren Lebensstil – und damit auch die Wirtschaft, die Gesellschaft und die Politik. Statt der traditionellen Trennung zwischen «real» und «digital» werden diese beiden Dimensionen zusammengeführt, um die Ansprüche von Betreibern und Nutzern zu erfüllen.

Me­ta­verse: glo­bales Spiel, to­tales Mar­keting und di­gi­tale Zwil­linge
Der Begriff «Metaversum» tauchte erstmals in den 90er-Jahren auf. Seither gab es immer wieder Versuche, universelle virtuelle Welten zu etablieren, vom mässig erfolgreichen «Second Life» ab 2003 bis zu «Horizon Worlds» im aktuellen Metaverse von Mark Zuckerberg. Heute sind die meisten Metaverse-Anwendungen noch eine Mischung aus Computerspiel und Marketingplattform, riesige 3D-Simulationen alternativer Welten, in denen Konsumierende Geld ausgeben sollen – für Unterhaltung und reale wie auch virtuelle Waren, Immobilien und Dienstleistungen.

Ein wichtiger Pfeiler des Metaverse sind Technologien wie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR), die allerdings eine teure Infrastruktur (z.B. Brillen) voraussetzen. Zudem ist das Metaversum, vor allem in Verbindung mit Blockchain-Technologien, sehr energiehungrig. Der Halbleiterhersteller Intel geht davon aus, dass die Rechenkapazität auf das 1’000-Fache der heutigen Leistung gesteigert und mit entsprechend mehr Strom versorgt werden muss, um für Milliarden Menschen immersives Computing zugänglich zu machen.

Für den grossen Durchbruch sind also noch einige Hürden zu überwinden, aber als logische Weiterentwicklung des heutigen Internets wird sich das Metaverse oder Web3 mit Sicherheit durchsetzen. In der Industrie sind darin genutzte Technologien bereits Alltag, z.B. beim Einsatz von KI, AR und digitalen Zwillingen in Schulung, Wartung, Architektur, Design, Planung und so weiter.

Block­chain: Smart Con­tracts, Kryp­towäh­rungen und NFT-Kunst
Eine Blockchain ist im Prinzip ein dezentrales, kryptografisch verkettetes und dadurch fälschungssicheres Buchführungssystem. Darauf werden auf Basis bestimmter Protokolle, der Smart Contracts, Zeichen und Werte (Token) verbucht und damit verbundene Aktionen und Berechtigungen definiert. Typische Beispiele dafür sind Kryptowährungen, Systeme für eine sichere Authentifizierung oder digitale Aktien. Spezialfälle sind «non-fungible Token», also nicht austauschbare Marken oder Zeichen, die den Besitz an bestimmten Vermögenswerten protokollieren, z.B. im Zusammenhang mit digitaler Kunst.

Die Wirtschaft nutzt die Blockchain und die Smart Contracts bereits für digitale Verträge, die nach Abschluss weder beeinflusst noch abgeändert werden können, z.B. im Versicherungswesen, im Immobilienbereich, im Rahmen von Supply Chains oder für die Softwarelizenzierung. Denkbar sind auch Anwendungen in der öffentlichen Verwaltung wie Identitätsmanagement, Ausweise, digitales Wählen und Abstimmen, Verwaltung von Bürgerdaten und so weiter.

Bei den Blockchain-Anwendungen zeigt sich ein typisches Phänomen neuer Technologien: Während sie in der realen Wirtschaft langsam, aber sicher Fuss fassen, bilden sich in allgemein zugänglichen und breit genutzten Bereichen oft Hypes und Spekulationsblasen, die nach kurzer Zeit in sich zusammenfallen, wie wir es z.B. bei digitalen NFT-Kunstwerken beobachten.

Auch wenn die Blockchain-Technologie aufgrund ihres eminenten Energieverbrauchs noch problematisch ist, dürfte sie sich in den nächsten Jahren endgültig etablieren.

Ma­chine Learning und künst­liche In­tel­ligenz (AI/KI)
Kaum ein anderes Thema ist so stark mit den positiven wie negativen Aspekten des digitalen Wandels verknüpft wie der Begriff «künstliche Intelligenz» (KI). Klar ist auf jeden Fall: KI ist derzeit im Moment einer der wichtigen Motoren des digitalen Wandels.

Ziel der künstlichen Intelligenz ist es, mithilfe von Algorithmen menschliche Intelligenz nachzuahmen und Maschinen dazu zu bringen, wahrzunehmen, zu argumentieren, zu kommunizieren, Entscheidungen zu treffen und Neues zu kreieren. Realisiert sind heute verschiedene Technologien der «Narrow AI» in Form von relativ einfachen lernenden Maschinen, die überall dort präsent sind, wo die personalisierte Ansprache von Individuen gefragt ist – in Haushaltsgeräten, Autos und Fitnessarmbändern, in automatischen Übersetzern, Messengern und Chatbots.

Ansatzweise gibt es auch bereits Anwendungen der anspruchsvolleren «General AI», die ähnliche intellektuelle Aufgaben ausführen kann wie ein Mensch. Von der höchsten Stufe der KI, der «Superintelligent AI», die in der Lage sein wird, die meisten menschlichen Fähigkeiten zu übertreffen, sind wir allerdings noch Jahrzehnte entfernt.

Eine spezielle Form der künstlichen Intelligenz ist die «Generative AI», die z.B. Texte, Bilder, Musik und andere Inhalte erzeugen kann. In diese Kategorie gehören Anwendungen wie ChatGPT: Diese KI-Systeme lernen, Daten, auf die sie trainiert wurden, zu imitieren und ähnliche Inhalte (also keine Fakten) zu produzieren. Grundlage dafür sind Techniken des maschinellen Lernens und des Deep Learning mithilfe von neuronalen Netzen. Doch auch wenn diese Programme beim Texten, Komponieren, Codeschreiben und Bildergenerieren erstaunliche Resultate zustande bringen, sind sie immer noch zu «dumm», um sich echt kreativ mit der Welt auseinanderzusetzen. (OBT/mc/ps)

Fazit
Software, die Software generiert, dichtet oder Musik produziert. Maschinen, die uns unterhalten und uns Alltagsarbeit abnehmen. Computer, die zu Banken, Tresoren und Notendruckereien werden. Programme, die gigantische Informationsmengen aufnehmen, daraus lernen und Neues generieren. Das alles geschieht innerhalb eines weltweit vernetzten Systems.
Der Megatrend Konnektivität verstärkt sich laufend, weckt Hoffnungen, schürt aber auch Ängste. Die Informationstechnologie entwickelt sich schneller als die Welt, für die sie geschaffen wird. Es braucht grosse Anstrengungen von Politik und Gesellschaft, um die Chancen zu packen, die sich daraus ergeben, sich aber dennoch nicht von einem überhandnehmenden virtuellen und maschinellen Universum überrollen zu lassen.

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