Swisscom: Weko eröffnet Untersuchung zum Glasfaserausbau

Swisscom: Weko eröffnet Untersuchung zum Glasfaserausbau
(Symbolbild)

Bern – Die Weko geht erneut gegen die Swisscom vor. Die Kartellwächter haben eine Untersuchung zum Glasfaserausbau eröffnet und vorsorgliche Massnahmen gegen den Telekomkonzern verfügt. Damit wollen sie ein neues Monopol auf der Datenautobahn verhindern.

Die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) sieht die Gefahr, dass Swisscom beim Bau des Glasfasernetzes Konkurrenten vom Markt ausschliesse, wie sie am Donnerstag in einer Mitteilung schrieb: Es erscheine als glaubhaft, «dass die Swisscom mit diesem Verhalten eine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Daher verbietet die Weko der Swisscom ab sofort mit vorsorglichen Massnahmen, Wettbewerbern beim Ausbau des Glasfasernetzes den Zugang zu durchgehenden Leitungen zu verweigern.»

Die Swisscom wehre sich gegen die Vorwürfe der Weko und werde gegen die vorsorglichen Massnahmen Beschwerde einreichen. Man könne die Vorwürfe der Weko nicht nachvollziehen, schrieb der «blaue Riese» weiter. Die Swisscom kann die vorsorglichen Massnahmen der Weko beim Bundesverwaltungsgericht anfechten. Danach kann der Fall ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Bisher vier durchgehende Leitungen
Konkret dreht sich die Auseinandersetzung um die Architektur des Glasfasernetzes. Dieses wurde bis Anfang Jahr nach dem Vierfasermodell gebaut, worauf sich die Swisscom und die Elektrizitätswerke vor über einem Jahrzehnt geeinigt hatten. Das heisst, pro Haushalt wurden vier ultraschnelle Datenleitungen von der Telefonzentrale her verlegt.

Damit erhielten auch die Konkurrenten der Swisscom einen direkten Zugang zu Privathaushalten und Geschäften, indem sie eine Glasfaserleitung mieteten und in den Telefonzentralen mit ihrer eigenen elektronischen Ausrüstung verbanden. So hat Salt im März 2018 ihr eigenes Festnetz- und TV-Angebot lanciert.

Dieses mischte mit einer Surfgeschwindigkeit von 10 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) den Markt auf, was zehn Mal so schnell war wie das damalige Spitzentempo der Swisscom. Die Swisscom zog erst im März 2020 mit einer Steigerung der Höchstgeschwindigkeit auf ebenfalls 10 Gbit/s nach. Die Kabelnetzbranche ist heute noch nicht so weit.

Abrücken vom Vierfasermodell
Nun will die Swisscom bis Ende 2025 die Zahl der Glasfaseranschlüsse bis in die Haushalte und Geschäfte auf 3 Millionen verdoppeln. Und für diese zusätzlichen 1,5 Millionen Anschlüsse zieht der grösste Schweizer Telekomkonzern vor allem die Glasfaseranschlüsse vom Strassenschacht bis in die Haushalte und Geschäfte weiter. Diese Strecke vom Strassenschacht bis in die Häuser und Geschäfte wird heute noch von Kupferleitungen abgedeckt.

Die Weko ortet hier eine Änderung der Bauweise des Netzes in Gebieten, in denen die Swisscom alleine ausbaut. Denn im Gegensatz zu den Mehrfaserleitungen von den Telefonzentralen her gibt es zu den Strassenschächten nur eine einzige Zuleitung.

Damit könnten die Konkurrenten der Swisscom keine durchgehende Direktleitung mehr von der eigenen technischen Ausrüstung bis in die Haushalte mieten und würden von der Geschwindigkeit der Zuleitung in den Strassenschacht abhängen. Zudem müssten sich alle Anbieter die einzige Zuleitung teilen. Darüber hinaus wären die Wettbewerber auf die Vorleistungen und die Preise der Swisscom angewiesen.

Weko vermutet Behinderung der Konkurrenz
Die Swisscom verändere damit die bestehende Marktstruktur und behindere die Innovations- und Geschäftsmöglichkeiten ihrer Konkurrenten. «Endkunden können ihrerseits in der Folge in der Wahl ihrer Anbieter und der Produktevielfalt eingeschränkt werden», schrieb die Weko.

Es würde eine Wettbewerbssituation geschaffen, die der zu Zeiten des Kupfernetzmonopols der Swisscom gleiche, das erst mit der Entbündelung vor zwei Jahrzehnten geknackt wurde. Dies würde den Wettbewerb auf Jahre behindern, schrieb die Weko.

Deshalb hat die Weko die Swisscom nun verpflichtet, den Konkurrenten weiterhin den Zugang zur physischen Netzinfrastruktur zu gewähren. Hierbei könne die Swisscom grundsätzlich zwischen sämtlichen Ausbauvarianten wählen, solange sie den Konkurrenten den Zugang zu ihren Telefonzentralen gewähre, wo diese dann eigenes technisches Gerät installieren könnten (im Fachjargon Layer 1 genannt).

Dabei muss die Swisscom nicht unbedingt zusätzliche Leitungen für die Konkurrenz bis zum Strassenschacht ziehen. Eine Möglichkeit sei auch die so genannte Farbentbündelung, schrieb die Weko. Hierzu wird in der Anschlusszentrale ein optischer Splitter eingebaut, der die Lichtsignale in einer Glasfaser in verschiedene Farben aufteilen würde. Dann könnten die Konkurrenten der Swisscom einzelne Farbspektren alleine nutzen.

«Demnach führen die vorsorglichen Massnahmen nicht zu Verzögerungen beim Ausbau und der Modernisierung bestehender Netze der Swisscom», schrieb die Weko.

Swisscom: Verzögerung beim Netzausbau
Der Branchenprimus sieht dies ganz anders. «Sollte der Entscheid bestehen bleiben, so wird sich der Glasfasernetzausbau verzögern und die Effizienz wird leiden zum Nachteil unserer Kunden und auch der Mitbewerber, die bei uns Vorleistungen beziehen», erklärte Swisscom-Sprecher Sepp Huber auf Anfrage.

Wie viel eine Anpassung an die Weko-Massnahmen kosten würde, könne die Swisscom noch nicht beziffern. «Wir werden dies im Detail analysieren», sagte Huber.

Den Investoren gefiel die Neuigkeit gar nicht: Die Swisscom-Aktie sank am Donnerstagvormittag in einem festeren Gesamtmarkt um über ein halbes Prozent und war damit der grösste Verlierer im Leitindex SMI. (awp/mc/ps)

Weko

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