Die Baumsterblichkeit durch Insekten nimmt in ganz Europa zu
Birmensdorf – Die durch Insekten verursachte Baumsterblichkeit steigt in ganz Europa, wie eine internationale Studie unter Leitung der Tschechischen Agraruniversität Prag und mit Beteiligung der Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL ergeben hat. Nadelbäume sind stärker betroffen, während die Schäden an Laubbäumen zurückgehen. Am stärksten betroffen sind warme, trockene Regionen – dies hat Auswirkungen auf die Artenauswahl und die Anpassung an den Klimawandel.
Bäume befallende Insekten beeinträchtigen die Wälder Europas zunehmend, jedoch auf uneinheitliche Weise, wie eine in Global Change Biology veröffentlichte internationale Studie zeigt. Das internationale Team aus 17 europäischen Ländern, darunter die Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL für die Schweiz, berichtet, dass holzbohrende Insekten zunehmend Schäden an mehreren Nadelbaumarten verursachen. Hingegen ist die Entlaubung durch Raupen verschiedener Mottenarten in den letzten Jahren zurückgegangen. In den gemässigten und borealen Regionen Europas sind die Schäden durch Insekten in wärmeren und trockeneren Gebieten durchweg höher. Das erhöht das Risiko für grosse, plötzlich auftretende Schädlingsbefälle, wenn sich die Klimaextreme verstärken.
«Unsere Ergebnisse zeigen ein klares Signal: Von Nadelbäumen dominierte Wälder sind zunehmend anfällig für Holz- und Rindenbohrkäfer, insbesondere den Buchdrucker, während Laubbaumarten weniger Schäden durch eine vielfältigere Gruppe von Insekten erleiden», sagte Tomáš Hlásny, Erstautor der Studie von der Tschechischen Agraruniversität Prag. «Diese Erkenntnisse sind wichtig, da sie Orientierungshilfen für die Waldbewirtschaftung, die Auswahl von Baumarten, die Anpassung an den Klimawandel und die Planung künftiger Holzmärkte liefern.»
Die wichtigsten Erkenntnisse:
- Die Schäden durch Rinden- und Holzbohrkäfer an Nadelbäumen haben im 21. Jahrhundert erheblich zugenommen, während die Entlaubung durch Motten in ganz Europa zurückgegangen ist.
- Die Schäden an Nadelbäumen werden hauptsächlich durch den Buchdrucker verursacht; Laubbäume hingegen werden von mehreren Arten befallen, was die Überwachung und Bekämpfung erschwert.
- Arten, die einst als widerstandsfähig galten – wie Föhren und Weisstannen –, weisen zunehmend Schäden durch Insektenbefall auf, was Bedenken hinsichtlich ihrer künftigen Eignung aufkommen lässt.
- In den wärmeren und trockeneren Teilen Europas ist das Ausmass der Störungen durchwegs höher, was auf ein erhöhtes Risiko in der Zukunft bei anhaltender Erwärmung hindeutet.
- Insektenpopulationen, die sich dieselben Wirte oder Ernährungsstrategien teilen, neigen dazu, gemeinsam zu wachsen und zu schrumpfen, was die Wahrscheinlichkeit von Baumsterben auf kontinentaler Skala erhöht.
- Es gibt keinen einfachen Nord-Süd-Gradienten. Regionale Klimaschwankungen und Extremereignisse überwiegen oft die Auswirkungen der Breitengrade auf die Störungsmuster durch Insekten.
- Schäden durch Baumkrankheiten und nicht heimische invasive Arten wurden nicht untersucht, verdienen aber ebenfalls mehr Aufmerksamkeit, wie beispielsweise das Eschentriebsterben.
Warum das wichtig ist
Die Ergebnisse sprechen für Massnahmen, die die Waldbewirtschaftung auf klimaresistentere Baumarten mit einem hohen Anteil an Laubbäumen ausrichten, sowie für eine strengere, interoperable Überwachung von Waldstörungen und den länderübergreifenden Datenaustausch. «Wir brauchen Anpassungsstrategien, die die unterschiedlichen Störungstrends und ungleichmässigen Gefährdungsgrade in den Wäldern Europas widerspiegeln», sagte Hlásny. «Dies erfordert Anstrengungen im Bereich der koordinierten Überwachung von Waldrisiken, einer harmonisierten Datenerfassung und -weitergabe sowie Leitlinien, die von den Verantwortlichen umgesetzt werden können und den Märkten als Informationsgrundlage dienen.» (WSL/mc)