CH-Verlauf: Weitere Verluste – SNB und Nahostkrieg im Fokus

Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt geht es am Donnerstag weiter bergab. Grund dafür ist vor allem die Angst vor einer Eskalation des Kriegs im Nahen Osten. Impulse setzt aber auch die Schweizerische Nationalbank (SNB). Diese hat zwar wie erwartet den Leitzins um weitere 25 Basispunkte (BP) auf 0,0 Prozent gesenkt, dabei aber das Tor zu Negativzinsen geöffnet, wie Analysten von Bantleon und der VP Bank sagen. Am Vortag hatte die US-Notenbank trotz anderweitiger Forderungen von US-Präsident Donald Trump den Leitzins unverändert belassen. Dabei geht das Fed davon aus, dass die US-Zollpolitik zu steigenden Preisen und einem sich abschwächenden Wachstum führen wird.
Wichtiger sei aber der Nahostkrieg. Die Position der USA im Nahostkrieg sei nach wie vor unklar. Aussagen von Trump zeigten, dass dieser sich nicht auf einen klaren Kurs festlegen will. Sollten die USA in den Krieg zwischen Iran und Israel eingreifen, wäre eine ganz neue Eskalationsstufe erreicht. Es gebe daher wenig Grund, sich in Risikoanlagen zu stürzen, sagt eine Händlerin. «Die Stimmung hat wieder in den Risk off-Modus gewechselt», sagt ein Händler. Da in den USA zudem mit dem Juneteenth und in Deutschland sowie in Teilen der Schweiz mit Fronleichnam Feiertage begangen werden, dürften dem Geschäft ansonsten Impulse fehlen. «Sollte es keine klaren Änderungen der Lage im Nahen Osten geben, dürfte sich der Markt wohl auf dem aktuellen Niveau etwa seitwärts bewegen», so der Händler.
Der SMI fällt bis um 11.05 Uhr um 0,91 Prozent auf 11’850,31 Punkte. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, verliert 0,99 Prozent auf 1935,96 und der breite SPI um 0,86 Prozent auf 16’418,52 Zähler. 28 der 30 SLI-Werte geben nach und zwei legen zu.
An der Spitze der Verlierer stehen Adecco (-3,9%). Laut Händlern belastet ein Update zum Geschäftsverlauf von Hays den Kurs des Personalvermittlers. Der Konkurrent habe dabei eine Gewinnwarnung abgegeben.
Unter Druck stehen auch Partners Group (-3,0% auf 984 Franken). Schuld dürfte Goldman Sachs sein: Die US-Bank hat das Rating für den Vermögensverwalter auf «Neutral» von «Buy» und das Kursziel auf 1150 von 1250 Franken reduziert. Der Goldman-Analyst sieht kurzfristig die Risiken für die Gewinnentwicklung erhöht. Die Gebühreneinnahmen könnten sinken, was auch den Druck auf die Dividende steigern könnte, heisst es.
Bei den Aktien von Richemont (-3,0%) und Swatch (-2,6%) verweisen Händler auf die jüngste Exportstatistik der Schweiz. Demnach sind die Uhrenausfuhren im Mai um fast ein Zehntel gesunken. Auch die Exporte insgesamt sind zurückgegangen und in die USA regelrecht eingebrochen.
Die Aktien der UBS (-2,2%) würden neben der allgemein tristen Marktstimmung einmal mehr von der «Causa Eigenkapital» eingeholt, sagt ein Händler. Gemäss dem Stabilitätsbericht der SNB unterstützen die Währungshüter nämlich die Massnahmen des Bundesrats zur stärkeren Unterlegung der ausländischen Beteiligungen bei der Grossbank. Das Verlustpotenzial für die Bank unter den diversen Stressszenarien bleibe substanziell, heisst es im Bericht. Aktuell erfülle die UBS die derzeitigen «Too-big-to-Fail»-Kapitalanforderungen, räumte die SNB ein. Allerdings überschätze die Regulierung die tatsächliche Widerstandsfähigkeit des Stammhauses. Die Aktien von Julius Bär (-1,7%) geben ebenfalls nach.
Auf den Verkaufszetteln stehen auch Technologie und Wachstumswerte wie Logitech und VAT sowie Sonova und Straumann mit Einbussen von ein bis knapp zwei Prozent. Aber auch zyklische Werte wie Sika, Kühne + Nagel, Holcim und ABB verlieren knapp ein Prozent.
Am besten halten sich neben Swisscom und Sandoz (je +0,1%) noch andere defensive Aktien wie Novartis (-0,1%), Lindt&Sprüngli (-0,1%) sowie die Assekuranzwerte Swiss Life, Zurich sowie Nestlé mit Einbussen von bis zu einem halben Prozent.
Am breiten Markt büssen Emmi nach einer Aktienplatzierung 4,7 Prozent ein. (awp/mc/ps)