Europa-Schluss: Anleger gehen nach Kriegsschock ins Risiko

Europa-Schluss: Anleger gehen nach Kriegsschock ins Risiko
(Adobe Stock)

Paris / London – Die europäischen Aktienmärkte haben sich am Freitag schwungvoll vom ersten Schock wegen des Krieges in Osteuropa erholt. Ein Hoffnungsschimmer im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine lockte auf dem ermässigten Kursniveau wieder die Schnäppchenjäger an. Als Treiber fungierte, dass Russland nach Kremlangaben zu Friedensverhandlungen bereit ist.

Ungeachtet des weiteren Vorrückens russischer Streitkräfte bis in die Hauptstadt Kiew baute der EuroStoxx50 seine Gewinne mit der festen Wall Street im Rücken deutlich aus. Der Leitindex der Eurozone ging 3,69 Prozent höher bei 3970,69 Punkten aus dem Handel. Die Marke von 4000 Punkten hat er nun wieder vor Augen. Die von der Kriegsangst geprägten Wochenverluste konnte er noch auf 2,5 Prozent eindämmen.

Der französische Cac 40 gewann am Freitag 3,55 Prozent auf 6752,43 Punkte. Der britische FTSE 100 rückte gestützt auf feste Banken- und Rohstoffwerte, die in London bedeutendes Gewicht haben, um 3,91 Prozent auf 7489,46 Punkte vor.

Moskau sei bereit, eine russische Delegation zu Gesprächen in die belarussische Hauptstadt Minsk zu schicken, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. «Angesichts der Äusserungen Putins in dieser Woche erscheint dies höchst merkwürdig, aber es hat die Märkte nicht davon abgehalten, darauf zu hoffen, dass da etwas dran sein könnte», sagte Marktbeobachter Michael Hewson vom Broker CMC Markets.

Auch wenn die Börsen sich vorerst gefangen haben, sehen Marktbeobachter die wieder steigende Risikobereitschaft der Anleger mit gemischten Gefühlen. «Die Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklungen des Ukraine-Konflikts, des weiteren Ausmasses von Sanktionen und ihrer Wirkung auf die Wirtschaft werden die Märkte länger in Atem halten», erwartet Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck.

Die kräftigsten Gewinne gab es im Sektorvergleich im Energiesektor, in dem mit einem Anstieg um 4,8 Prozent besondere Aufbruchstimmung herrschte. Er wurde davon beflügelt, dass der Ukraine-Konflikt die Notwendigkeit aufzeigt, dass sich in puncto Energieversorgung in Europa etwas ändern muss. Entlastung kam auch davon, dass der russische Staatskonzern Gazprom den Gastransit nach Europa fortsetzt.

Der europäische Teilindex der Banken erholte sich um 4,3 Prozent von seinem Rückschlag. Banken hatten am Vortag besonders stark unter den befürchteten Folgen des Krieges und der Sanktionen gelitten, nun machte der Sektorindex wieder Boden gut. Vor allem die in Osteuropa stark vertretene Bank Erste Group aus Österreich erholte sich mit einem Kurssprung um 9 Prozent sehr stark.

Der Technologiesektor folgte mit einem Anstieg um vier Prozent der Rally, die am Vorabend in New York in der Branche begann. Auch Hoffnung, dass die Kriegslage die Notenbanken bei ihren Zinserhöhungen bremsen könnte, halfen dem zinssensitiven Sektor. Die Aktien des Chipindustrie-Ausrüsters ASML zum Beispiel rückten um 5,5 Prozent vor.

Aktien aus dem Bausektor entwickelten sich marktdurchschnittlich, hier gab es Zahlen von Holcim . Der schweizerische Zementkonzern hatte im vergangenen Jahr dank des internationalen Baubooms kräftig zugelegt. Das Kursplus bei Holcim fiel mit 2,2 Prozent in dem starken Marktumfeld eher mau aus.

Im ebenfalls marktkonformen Autosektor liess ein vorsichtiger Ausblick die Aktie des Zulieferers Valeo um mehr als zehn Prozent einbrechen. Deutliche Kursverluste von 4,2 Prozent erlitten nach Resultaten zudem die Aktien von Swiss Re . Analyst Philip Kett von Jefferies bemängelte sowohl die Ergebnisse des vergangenen Jahres als auch den Ausblick auf 2022. (awp/mc/pg)

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