Europa-Schluss: Knappe Gewinne trotz Zöllen und Niederlande

Paris / London / Zürich – Europas Börsen haben am Dienstag ihre zeitweisen Verluste letztlich abgeschüttelt. Damit zeigten sich die hiesigen Anleger ähnlich unbeeindruckt von den zuletzt wieder aufflackernden internationalen Handelsstreitigkeiten wie die auf der anderen Seite des Atlantik. Auch dass die niederländische Regierungskoalition im Streit um die Migrationspolitik zerbrochen ist, taugte nicht als Schreckgespenst für die Märkte.
Zum Handelsende notierte der EuroStoxx 50 mit 5.375,70 Punkten 0,38 Prozent im Plus. Damit endete für den Leitindex der Eurozone eine viertägige Negativ-Serie. Der Londoner FTSE 100 verabschiedete sich 0,15 Prozent fester mit 8.787,02 Punkten. Für den Schweizer SMI ging es um 0,34 Prozent auf 12.239,62 Punkte bergauf.
Zu Wochenbeginn hiess es nach gegenseitigen Beschuldigungen der USA und China aus dem Weissen Haus, dass die Präsidenten Donald Trump und Xi Jinping noch in der laufenden Woche miteinander telefonieren könnten. Dazu äusserte sich US-Handelsminister Howard Lutnick am Dienstag positiv zu Gesprächen mit Indien. Mit der Europäischen Union soll es am Mittwoch neue Gespräche geben.
Dass die Inflation in der Eurozone im Mai unter den Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent gefallen ist, hatte keinen grossen Einfluss auf die Aktienkurse. Zuletzt hatten die Währungshüter die Leitzinsen Mitte April um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. An diesem Donnerstag wird eine weitere Leitzinssenkung in dieser Grössenordnung erwartet.
Im marktbreiten Stoxx Europe 600 führten am Dienstag Öl- und Gasaktien erneut die Gewinnerliste an – begünstigt durch die weiter steigenden Ölpreise. Gut gefragt waren auch Technologietitel im Schlepptau der freundlichen US-Tech-Börse Nasdaq.
Zu den grössten Verlierern zählten hingegen Medien- und Rohstoffwerte. Letztere reagieren für gewöhnlich besonders ausgeprägt auf konjunkturelle Einflüsse.
Vom letztlich wenig bewegten Bankensektor hob sich SMI-Spitzenreiter UBS mit einem Kursanstieg um 5,3 Prozent positiv ab. Den Aktien half eine Kaufempfehlung des US-Analysehauses Jefferies. Die Titel der Konkurrentin Julius Bär verloren hingegen nach einem Strategie-Update 1,4 Prozent. In London schlossen HSBC trotz einer gestrichenen Kaufempfehlung der Bank of America fast unverändert.
Aus den Niederlanden gab es mit ING im Bankensektor auch eine Aktie, die mit einem Wertverlust von 0,7 Prozent eher negativ auffiel. Wie es in dem Land nun politisch weitergeht, ist weitgehend unklar – Neuwahlen sind angekündigt. Das rief aber am Gesamtmarkt keine grössere Unruhe hervor. Der Amsterdamer Leitindex AEX gewann letztlich 0,2 Prozent.
Bei Prosus stand zum Handelsende ein Minus von 0,6 Prozent zu Buche. Der Tech-Investor verliert mit Ervin Tu seinen Investmentchef. Mildernd wirkte, dass der scheidende Manager weiterhin für die Gruppe als Berater tätig sein wird. Analyst Marcus Diebel von der US-Bank JPMorgan sah in alldem keine wirkliche Überraschung und geht davon aus, dass es strategisch keine grossen Änderungen geben wird.
Aktien der Pennon Group stachen in London mit einem Abschlag von 3,9 Prozent negativ heraus. Der Wasserversorger hatte im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Verlust vor Steuern ausgewiesen. Experten sprachen dabei aber nicht von einer richtigen Überraschung – genauso wie beim Tabakkonzern British American Tobacco (BAT), der dank eines etwas optimistischeren Umsatzziel ein Kursplus von 1,5 Prozent schaffte. (awp/mc/ps)