Europa-Schluss: Zinssenkung der Bank of England verpufft

Europa-Schluss: Zinssenkung der Bank of England verpufft

Paris – Auch eine Leitzinssenkung der britischen Notenbank als Antwort auf das Coronavirus konnte die Stimmung an Europas Aktienmärkten am Mittwoch letztlich nicht heben. Zwar stieg der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone im frühen Handel zunächst um gut drei Prozent. Anschliessend büsste der Index die Gewinne jedoch komplett wieder ein und schloss 0,15 Prozent niedriger bei 2905,56 Punkten. Viele Börsianer bezweifeln, dass die Notenbanken mit ihrem Instrumentarium die Folgen des Virus kontern können.

Die Bank of England senkte nach einer ausserordentlichen Sitzung den Leitzins um 0,5 Punkte auf 0,25 Prozent. «Obwohl das Ausmass des wirtschaftlichen Schocks der Ausbreitung des Coronavirus höchst ungewiss ist, wird sich die Aktivität in Grossbritannien in den kommenden Monaten wahrscheinlich erheblich abschwächen», lautete die Begründung. Die Währungshüter wollen die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen erleichtern und die Kapitalanforderungen für Banken senken.

Auch an der Londoner Börse selbst verpuffte die Zinssenkung der Bank of England. Dort ging es sogar noch stärker abwärts als an den anderen westeuropäischen Märkten: Der Leitindex FTSE 100 verlor 1,4 Prozent auf 5876,52 Punkte. Der Pariser Cac 40 ging mit einem Minus von 0,57 Prozent auf 4610,25 Zähler aus dem Handel.

Die Zinssenkung sei «keine grosse Überraschung», sagte Jeremy Gatto vom Vermögensverwalter Unigestion. Sie sei vielmehr Teil einer koordinierten Aktion von Notenbanken als Antwort auf die mit dem Virus verbundenen wirtschaftlichen Risiken. Letztlich dürften die Massnahmen der Zentralbanken aber nicht ausreichen, um den «konjunkturellen Schock» abzumildern, prognostizierte der Portfolio-Manager.

Neben der britischen Notenbank senkte auch die isländische Notenbank den Leitzins. Die Zentralbanken folgen damit der amerikanischen Fed, die bereits in der vergangenen Woche den Leitzins reduziert hatte. Am Donnerstag tagt die Europäischen Zentralbank (EZB), Marktteilnehmer rechnen nun ebenfalls mit einer weiteren geldpolitischen Lockerung. Die Europäische Union will die Wirtschaft zudem mit 25 Milliarden Euro gegen die schlimmsten Folgen der Virus-Epidemie abstützen.

Grösster Gewinner unter den Sektoren waren die europäischen Banken mit einem Plus von gut einem Prozent. Allerdings war der Sektor in den vergangenen drei Wochen mit 30 Prozent besonders stark eingebrochen. Am grössten war am Mittwoch der Verlust des Reise- und Freizeitsektors, der um fast vier Prozent absackte auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2014. Die Virusepidemie lastet unverändert auf den Kursen von Fluggesellschaften und Reiseveranstaltern.

Prudential verloren mehr als drei Prozent. Der Lebensversicherer will nach der Abspaltung seines Heimatgeschäfts auch einen Teil der US-Tochter Jackson separat an die Börse bringen. Analysten warnten derweil vor zunehmenden Ausfallrisiken im Anleihen-Portfolio.

Easyjet büssten fast acht Prozent ein trotz einer Kaufempfehlung der Bank UBS. Wie die gesamte Luftfahrtbranche litten Easyjet-Aktien erneut unter dem Coronavirus. Auch Ryanair und Air France-KLM verloren weiter an Wert.

Die Aktien von AMS brachen in Zürich um fast elf Prozent ein. Der Sensoren-Hersteller hatte den Bezugspreis für die angekündigte Kapitalerhöhung bekannt gegeben. Dieser wurde am Markt als zu niedrig eingeschätzt. Die Kapitaufstockung dient der Finanzierung der Übernahme des Münchener Lichtkonzerns Osram .

Telecom Italia gewannen in Mailand rund vier Prozent. Der Konzern gönnt den Investoren zum ersten Mal seit 2013 eine kleine Dividende. Einen Cent pro Papier bekommen die Aktionäre ausgeschüttet. (awp/mc/pg)

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