Europa-Schluss: Börsen wegen Rezessionsangst wieder auf Talfahrt

Europa-Schluss: Börsen wegen Rezessionsangst wieder auf Talfahrt
(Adobe Stock)

Paris/London – Die jüngste Erholung an Europas Börsen hat am Mittwoch wieder einen Dämpfer erlitten. Trotz einer leicht abgeschwächten Teuerung in Deutschland rückten Rezessionsängste bei den Anlegern wieder stärker in den Vordergrund: Der EuroStoxx50 sank nach zuletzt drei freundlichen Tagen um 0,99 Prozent auf 3514,32 Punkte.

Während der französische Cac 40 auch deutlich um 0,9 Prozent auf 6031,48 Punkte fiel, schlug sich der britische FTSE 100 mit einem nur knappen Abschlag von 0,15 Prozent besser. Gestützt unter anderem auf Kursgewinne bei britischen Banken und einigen Pharma-Aktien ging er bei 7312,32 Zählern aus dem Handel.

Mit der Schwäche vollzogen die hiesigen Börsen einen Rücksetzer an der Wall Street vom Vorabend nach. Einige Experten befürchten, dass die Aktienmärkte im Spannungsverhältnis der hohen Inflation, schnell steigender Zinsen und den damit verbundenen Konjunktursorgen ihre Talsohle noch nicht erreicht haben könnten.

Es brachte keine Erleichterung, dass die zuletzt auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren gekletterte Inflation in Deutschland im Juni etwas gedämpft wurde. Volkswirte sehen darin keinen Grund zur Entwarnung. Spätestens mit dem Ende von Tankrabatt und 9-Euro-Ticket im September sollte die Teuerung hierzulande wieder nach oben springen, warnte der Commerzbank -Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Als entscheidend für die weitere Entwicklung gilt die Frage, wie sich die vielen globalen Herausforderungen derzeit auf die Unternehmen auswirken. «Die anstehenden Halbjahresberichte werden entscheidend für den weiteren Verlauf der Aktienmärkte in diesem Jahr sein», prognostizierte Marc Decker, stellvertretender Leiter Aktien bei der Quintet Private Bank.

In der Sektorenwertung toppte der Immobiliensektor alles Negative, indem sein Teilindex um 3,5 Prozent abrutschte und am Tief seit dem Frühjahr 2020 kratzte. Die Branche leidet schon länger unter steigenden Zinsen und der Sorge vor einer Abkühlung des Immobilienmarktes. Daraufhin gab es am Mittwoch eine negative Analystenstudie der Bank of America. Das europäische Branchen-Schwergewicht Unibail-Rodamco-Westfield sackte um 4,1 Prozent ab.

«Die Bond-Party ist vorbei», titelten die Experten um Analyst Marc Mozzi und sagten der Immobilienbranche einen «perfekten Sturm» angesichts massiv steigender Zinsen und einer womöglich drohenden Stagflation voraus. In der enorm kreditabhängigen Branche überstiegen die Kapitalzinsen inzwischen die Renditen aus dem Immobiliengeschäft – erstmals seit 2007. Die Branchenkenner rechnen mit einem kräftigen Verfall der Büromieten, worauf die Unternehmen mit Dividendenkürzungen reagieren dürften.

In der Sektorenwertung waren es ansonsten einmal mehr die konjunktursensiblen Branchen, die stark unter Druck standen. Im Autosektor fiel der Teilindex um 2,6 Prozent. Im Fokus stand hier die Entscheidung, dass in der Europäischen Union ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen verkauft werden dürfen. Unter Kritik der Autobranche kommt dies einem faktischen Verbot von Verbrennungsmotoren gleich. Unter den Einzelwerten sackten Renault besonders stark um 5,6 Prozent ab.

Ansonsten gab es für Diageo diverse belastende Analystenabstufungen. Die Aktie ging um 2,9 Prozent in die Knie. Von der Deutschen Bank etwa kam eine Verkaufsempfehlung für den Spirituosenkonzern wegen zyklischen Gegenwinds und einer hohen Bewertung.

Noch schlimmer erwischte es die Titel von Just Eat Takeaway und dies ebenfalls nach einer Analystenstudie. Die Aktie des Lieferdienstes brach nach einer Verkaufsempfehlung der Berenberg Bank um 17 Prozent ein. Analystin Sarah Simon geht davon aus, dass die Geschäfte des Lieferdienstes zunächst mässig verlaufen werden und macht zudem eine ganze Reihe weiterer Probleme bei dem Unternehmen aus. (awp/mc/pg)

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