Agie Charmilles und Centerpulse: Der kleine, aber feine Unterschied (II)


Im Gegensatz zur zurückhaltenden Agie Charmilles macht Centerpulse (Ex-Sulzer Medica) mit forschen Ankündigungen auf sich aufmerksam. Nicht immer zum eigenen Vorteil.

Von Andreas Kälin und Daniel Zulauf


(Foto: Keystone)
Centerpulse-CEO Stephan Rietiker weiss, wenn er die Firma präsentiert, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Doch das nimmt uns unsere Skepsis nicht. Rietiker redet sich und sein neues Team gerne gross.In einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» machte er eine Bemerkung, wonach Centerpulse ein grosses Zukunftspotenzial habe, «vor allem mit diesem Management und diesen Produkten». Von Selbstbewusstsein zeugt auch der Satz: «Ich bin jeden Franken wert, den ich verdiene». Starke Töne für einen, der das Amt als CEO der Medtechfirma erst Anfang August übernahm, zuvor aber unbekannt gewesen und nicht aufgefallen war.

Strategie immer «noch in Arbeit»Die NZZ begann sich jüngst zu fragen, wie es mit der Weitsicht einer Geschäftsführung steht, die seit fast einem Jahr im Amt ist, nach dem beigelegten Rechtsstreit um schadhafte Gelenke aber weiterhin darauf vertröstet, «bald» über die Expansionsziele zu informieren. Es geht um die Frage, ob die neue Strategie schon steht oder nicht. Dem «Tages-Anzeiger» hat Rietiker vor gut zwei Wochen geantwortet, sie sei «pfannenfertig». Moneycab hat darauf bei der Kommunikationsstelle von Centerpulse nachgefragt und zur Antwort erhalten, dass dem nicht so sei: «Die Strategie ist noch in Arbeit».

Was hat Rietiker gesagt?(Foto: Keystone)
Verwirrung herrscht: Die Wirtschaftszeitung «Cash» zitierte im Dezember Rietiker mit den Worten, dass kein Stein auf dem anderen bleiben werde. «In spätestens 10 bis 15 Jahren soll der weitaus grösste Teil des Umsatzes mit biotechnologischen Produkten erwirtschaftet werden». Vom «Tages-Anzeiger» darauf angesprochen, will Rietiker da falsch zitiert worden sein; seine Kommunikationsleiterin Beatrice Tschanz unterstützt ihn hier. Auf Anfrage hat uns der betreffende «Cash»-Redaktor aber versichert, dass die Aussage damals von Rietiker autorisiert worden sei. Was nun? Centerpulse-Grossaktionär René Braginsky hatte zu Moneycab bemerkt, man solle solchen Aussagen «nicht allzu grosses Gewicht beimessen». Also alles nicht so ernst nehmen?

Centerpulse-Management hat noch wenig bewiesenSind wir überkritisch, weil wir alles zu Ungunsten des Centerpulse-Managements auslegen und keinen Vertrauensvorschuss gewähren? Auf eine kritische Bemerkung des «Tages-Anzeiger» meinte Rietiker: «Aber bitte, schauen Sie sich die operativen Zahlen an. Sie können nicht sagen, wir hätten nichts bewirkt». Sind die Zahlen schon so aussagekräftig?Der Umsatz ist im ersten Quartal erfreulicherweise um 8,5 Prozent gestiegen. Die operative Ebitda-Marge hat sich verringert, gemäss Tschanz wegen Produktionsanpassungen bei Cardiac Care. Kurzum: Uns sagen die vorliegenden Quartalszahlen noch wenig aus; wegen Anpassungen und Sonderfaktoren ist die Vergleichbarkeit der Zahlenreihen erschwert.

Fazit: Vertrauen auf Bewährtes
Wir haben Centerpulse, damals noch Sulzer Medica, Mitte Januar in die Liste unserer Jahresfavoriten aufgenommen (Aktienfavoriten 2002). Die Spekulation, dass die Kurse mit der Lösung des US-Rechtstreites steigen, ist aufgegangen: Der Wert der Aktien verdreifachte sich seither. Nun könnten wir spekulieren, dass die Gesellschaft dereinst zu einem noch höheren Wert veräussert wird. Doch wir haben genug spekuliert: Wir wenden uns von Centerpulse ab, weil wir hinter die Qualitäten des neuen Managements ein Fragezeichen setzen.

Agie-Aktien vor neuem Aufschwung Vertrauen setzen wir in Managements, die wie im Fall Agie Charmilles schon bewiesen haben, dass sie – und ihre Prognosen – ernst zu nehmen sind. Die Kurse von Agie Charmilles mögen tief gesunken sein, um über 50 Prozent verglichen zum Höchst des letzten Jahres. Die Qualität der Führung bietet indes Gewähr, dass, wenn die Konjunktur wieder anzieht, die Firma und die Aktie neue Höchstwerte erreichen.

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