Albert P. Stäheli, CEO Espace Media Groupe: «Die stabile Bottom Line ist nicht zuletzt das Ergebnis gesteigerter Produktivität»

von Patrick Gunti


Moneycab: Herr Stäheli, die Espace Media Groupe zeigt sich trotz grosser Investitionen und Veränderungen vom Geschäftsergebnis her sehr stabil: 18,8 Mio. Fr. Gewinn gegenüber 21,5 Mio. im Vorjahr, ein Betriebsertrag von 261,9 Mio. Fr. gegenüber 260.9 Mio., eine Eigenkapitalquote von 57,5 % (+ 4,2 %), selbst die Mitarbeiterzahl blieb mit 1038 praktisch unverändert. Worauf führen Sie diese Stabilität zurück?


Albert P. Stäheli: Im Wesentlichen auf drei Gründe: Wir budgetieren möglichst am Puls des Markets und haben uns in den vergangenen Jahren auch nicht gescheut, kurzfristige Anpassungen vorzunehmen. Die stabile Bottom Line ist nicht zuletzt das Ergebnis gesteigerter Produktivität. Wir sind glücklicherweise nicht alleine vom extrem zyklischen Inserateaufkommen abhängig. Der Abonnementsbereich wirkt im Vergleich zum Werbemarkt recht stabilisierend. Ausserdem hat sich der Umsatzanteil aus Druckerzeunissen erhöht und im neuen Zeitungs-Druckzentrum operieren wir bereits auf sehr gutem Auslastungsniveau. Unsere Pay-out Ratio liegt gerade mal bei 11%. So lassen sich die erarbeiteten Mittel hauptsächlich für die Finanzierung neuer Projekte und zur Verbreiterung der Eigenkapitalbasis einsetzen.


Sowohl die «Berner Zeitung» als auch «Der Bund» litten im vergangenen Jahr unter dem anhaltenden Gegenwind im Inserategeschäft. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Wie geben Sie Gegensteuer?


Wir erwarten für das 2006 zwar etwas weniger Umsatz, aber unter dem Strich eher mehr Gewinn. Die einmaligen Kosten im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des neuen Zeitungs-Druckzentrums fallen dieses Jahr nicht mehr an und im Akzidenzdruckbereich rechnen wir dank verbesserter Auftragsstruktur mit leicht höherer Rentabilität.


Zudem sind wir mit der Entwicklung der Werbeeinnahmen in diesem Jahr recht zufrieden und für das gesamte Jahr verhalten optimistisch. Besonders erfreulich haben sich die konjunkturabhängigen Stelleninserate entwickelt. Sie liegen nun knapp 30 über dem Vorjahreswert. Die Printmedien halten nota bene mit über 60 Prozent immer noch den grössten Marktanteil am Werbeaufkommen in der Schweiz.



«Es ist für uns unverständlich, weshalb uns in einem derart dynamischen und wettbewerbsintensiven Markt der Einstieg in die Pendlerpresse verwehrt bleiben soll.» Albert P. Stäheli, CEO Espace Media Groupe


Die Werbefranken, die die Regionalzeitungen verlieren, gehen unter anderem an die Pendlerzeitungen. Die Espace Media Groupe will sich an «20 Minuten» beteiligen, der 17,5 %-Anteil ist aber immer noch nicht rechtskräftig. Wie ist der Stand der Dinge in diesem Rechtsstreit?


Die Rekurskommision hat uns am vergangenen 5. Mai recht gegeben und das Weko-Verbot von 2004 umgestossen. Nun will die Weko den Entscheid ans Bundesgericht weiterziehen. Wir bedauern dieses Vorgehen, denn es führt zu einer weiteren Verzögerung bei strategischen Entscheiden der Espace Media Groupe. Es ist für uns unverständlich, weshalb uns in einem derart dynamischen und wettbewerbsintensiven Markt der Einstieg in die Pendlerpresse verwehrt bleiben soll.


Die Bund Verlag AG hat Ihnen im vergangenen Jahr einen Verlust von 2 Mio. Franken beschert. Was ist schief gelaufen?


Der Hauptgrund liegt neben Ertragsrückgängen im normalen Verlagsgeschäft im Verlust des Auftrages für den «Anzeiger für die Stadt und Region Bern». Dies hatte zur Folge, dass das Unternehmen 17 langjährigen Mitarbeitern kündigen musste. Die Sozialplankosten mussten in der Rechnung 2005 rückgestellt werden.


Seit einigen Wochen wird der Sportteil des «Bund» von der «BZ»-Sportredaktion erstellt. Ist das der von vielen erwartete erste Schritt zur Zusammenlegung der beiden Zeitungen?


Nein, definitiv nicht. Denn wenn wir die Berichterstattung über die lokale Politik oder die Innenpolitik zusammenlegten, wäre es unsinnig, noch zwei Zeitungen herauszugeben. Da es sich beim Sport politisch um den am wenigsten delikaten Teil handelt, erkannten wir in der Zusammenlegung des Sportteils die sinnvollste Massnahme um die wirtschaftlichen Ziele zu erreichen.


«Bund»-Chefredaktor Hanspeter Spörri verlasst das Unternehmen wegen «unterschiedlicher Auffassungen über die Führung und Weiterentwicklung der Zeitung». Worin bestanden diese «unterschiedlichen Auffassungen»?


Diesen Punkt kommentieren wir nicht. Fest steht, dass wir mit dem «Bund» in diesem Jahr aus der Verlustzone kommen wollen. Wir haben für 2006 ein praktisch ausgeglichenes Budget geplant. Die Erreichung dieses Zieles fordert den Verlag wie auch die Redaktion gleichermassen. Publizistisch liegt der Bund richtig und an der redaktionellen Qualität machen wir keine Abstriche.


$$PAGE$$


Die Espace Media Groupe hat im vergangenen Jahr auch stark in den Radiomarkt investiert, so in Bieler Lokalsender Canal 3, vor allem aber in die Neulancierung von Radio Extra Bern als «Capital FM». «Capital FM» ist seit etwas mehr als vier Monaten auf Sendung. Wie beurteilen Sie die ersten Resultate und Reaktionen?


Seitens des Publicadata-Messsystems Radiocontrol verfügen wir über die Zahlen für die Periode vom 23. Januar ? 22. April 2006. Capital FM weist hier eine durschnittliche Tagesreichweite von 75’100 Personen aus. Das sind 12.6 % mehr, als Radio Extra BERN im letzten Quartal ausgewiesen hatte. Die langjährige Erosion der Extra BERN-Höhrerschaft konnte gestoppt werden. Für weitere Aussagen ist es sonst noch zu früh.


Im Bereich der Fachmedien stechen zwei Titel heraus: Der «Schweizer Bauer» und die «Automobil Revue». Während die «Automobil Revue» das Vorjahres-Resultat nicht halten konnte, setzt der «Schweizer Bauer» seinen Höhenflug fort. Wie lautet Ihre Erklärung dazu?


Ja, der «Schweizer Bauer» erzielte eines seiner besten Resultate seit der Neukonzeption vor 15 Jahre. Wir sprechen den Bauern als eigenständigen Unternehmer an. Das hebt uns deutlich von der verbandsgesteuerten Konkurrenz in der Agrar-Presselandschaft ab und entspricht offensichtlich einem grossen Bedürfnis. Bei der «Automobil Revue» belastete das Objektergebnis vor allem die schlechte Konjunktur im Neuwagengeschäft und die zunehmende Verlagerung der Occasions-Inserate ins Internet. Mit der Neulancierung in neuem Format und in neuem Layout wollen wir dieser Entwicklung entgegen halten.


Mitte 2005 wurde das neue Druckzentrum in Betrieb genommen, in das die Espace Media Groupe 118 Mio. Franken investiert hat. Wie ist die Auslastung?


Wir sind mit der Auslastung sehr zufrieden. Mit dem Druck einer Teilauflage des «Migros-Magazin» und der neuen Penderzeitung «heute» haben wir die Auslastungsgrenze nahezu erreicht. Deshalb haben wir eine Nachrüstoption ausgelöst, die im Herbst 2006 zusätzliche Produktionkapazität und ?flexibilität bringen wird. Darüber hinaus bereiten wir ein Baugesuch für eine spätere Ausbauphase vor.



«Angestrebt wird eine organisatorische Zusammenarbeit von Zeitung, Radio, Fernsehen und Online unter einem Dach.» Albert P. Stäheli


Sie haben im Jahr 2005 das Reorganisationsprojekt RAP gestartet. Was sieht dieses Projekt vor und wie weit ist es bisher gediehen?


RAP steht für Redaktion, Anzeigen, Planung. Das Reorganisationsprojekt mit einer Gesamtinvestitionssumme von 7 Mio Franken in Hard- und Software bewirkt eine komplette Neuorganisation und Zusammenführung zahlreicher Arbeitsprozesse in den genannten Bereichen. Diese zukunftsgerichtete Infrastruktur bewirkt mittelfristig eine deutlich höhere Produktivität.


Wo setzen Sie neben RAP im laufenden Jahr die Schwerpunkte und was für ein Geschäftsergebnis erwarten Sie für 2006?


Wir arbeiten an den Konzepten für das neue Multimedienhaus in den ehemaligen Räumlichkeiten des alten Druckzentrums im Berner Nordring. Angestrebt wird eine organisatorische Zusammenarbeit von Zeitung, Radio, Fernsehen und Online unter einem Dach. Alle vier von der Espace Media Groupe betriebenen Mediengattungen sollen zu einem mehrdimensionalen Leistungsverbund zusammenwachsen. Bezüglich Geschäftsergebnis erwarten wir für 2006, wie bereits erwähnt,  eine Gewinnsteigerung bei leicht rückläufigem Umsatz und im Effekt eine weitere Stärkung der Bilanz.


Herr Stäheli, wir bedanken uns für das Interview.



Zur Person:
Albert Polo Stäheli ist seit 30 Jahren tätig in Werbung, Marketing und Medien. Er trat anfangs 1981 als Mitglied der Geschäftsleitung in die noch junge Berner Zeitung AG ein. Vorher war er während vier Jahren Direktor einer Werbegesellschaft in Basel. Im Jahre 1987 übernahm er die Führung des gesamten Medienbereichs der damaligen Berner Tagblatt Mediengruppe BTM. Seit 1993 ist er CEO der Espace Media Groupe. Nach einer kaufmännischen Lehre holte er sich sein Rüstzeug in Betriebswirtschaft, Marketing und Management am SAWI in Biel, am Schweizerischen Institut für Betriebsökonomie in Zürich, an der HSG in St. Gallen und am INSEAD in Fontainebleau.


Zum Unternehmen:
Die Espace Media Groupe ist das führende, unabhängige Medien- und Druckunternehmen im Raum Bern ? Espace Mittelland. Unternehmen und Aktionariat sind hier verwurzelt. Die Medien umfassen alle gängigen Formen: Print, Radio, Fernsehen und Internet. Mit Ihrer Medienarbeit konzentriert sich die Gruppe insbesondere auf die lokalen und regionalen Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse und betreibt in ausgewählten Themenbereichen nationale Fachtitel. Im Druckbereich bietet die Espace Media Groupe hochmoderne Lösungen für den Zeitungs- und Akzidenzdruck an.



Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert