Albert Wyler, CEO Titlis Rotair

von Patrick Gunti


Herr Wyler, die 2. Hälfte des Geschäftsjahres 2009/2010 hat für Titlis Rotair mit unerfreulichen Schlagzeilen begonnen: Der Chefbuchhalter der Bergbahnen Engelberg-Trübsee-Titlis AG hat mit Millionenbeträgen spekuliert und damit das Unternehmen vorübergehend in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Was ist genau passiert?


Wir sind nach wie vor an der Aufarbeitung der Vorkommnisse. Ebenfalls ist das Verhörrichteramt des Kantons Obwalden mit dem Fall beschäftigt. Fest steht, dass sehr hohe Beträge über eine längere Zeitspanne in spekulative Anlagen investiert wurden.


Haben Sie eine Erklärung wie das passieren konnte? Haben die internen Kontrollen versagt?


Auch diese Frage wird aufgearbeitet. Mit Bestimmtheit hat die Geschäftleitung dem Mitarbeiter zu viel Vertrauen geschenkt.


Wie hohe Verluste aus diesen Spekulationsgeschäften erwarten Sie und Rückstellungen in welcher Höhe haben Sie getätigt?


Wir rechnen mit Verlusten. Gegenwärtig sind wir damit beschäftigt, den Schaden zu minimieren, was sehr kompliziert und aufwändig ist. Eine Rückstellung werden wir auf Ende des Geschäftsjahres am 31. Oktober 2010 vornehmen.



«Wir rechnen mit Verlusten. Gegenwärtig sind wir damit beschäftigt, den Schaden zu minimieren, was sehr kompliziert und aufwändig ist.» Albert Wyler, CEO Titlis Rotair


Kommen wir auf erfreulichere Dinge zu sprechen: Im 1. Halbjahr 2009/2010 konnte Titlis Rotair den Umsatz um 4 % und das Ergebnis um 2 % steigern. Welches waren die Erfolgsfaktoren?


Der Erfolg basiert sicher darauf, dass wir in den letzten Jahren sehr viel in die Infrastruktur unseres Skigebietes investiert haben. Ich denke dabei an die neuen Gastronomiebetriebe auf Stand und Trübsee, den Ausbau der künstlichen Beschneiung sowie die Erneuerung und Verbesserung unserer Beschäftigungsanlagen im Skigebiet.


Hätten Sie dieses Resultat in Anbetracht der schwierigen weltwirtschaftlichen Situation erwartet?


Wir haben mit einem Rückgang von 5% budgetiert und sind sehr froh, dass wir das Rekordergebnis des Vorjahres übertreffen konnten.


Wie ist der Start in die Sommersaison geglückt?


Obwohl das Wetter im Mai und Juni sehr schlecht war, sind wir fantastisch in die neue Sommersaison gestartet. In diesen beiden Monaten stellen wir eine Zunahme der Frequenzen von über 25% fest. Dies ist vor allem auf die ausländischen Gäste aus Indien und China zurück zu führen.


Wie verteilt sich heute der Umsatz auf die Winter- resp. Sommer-Gäste?


Im letzten Geschäftsjahr betrug der Sommeranteil an den Einnahmen 40%. Wir gehen davon aus, dass dieser Anteil im laufenden Geschäftsjahr um einige Prozentpunkte steigen wird.


Was können Sie den Touristen im Sommer als Highlights bieten?


Im Sommer positionieren wir uns als Gletscherausflugsgebiet. Nebst dem einmaligen Rundum-Panorama erleben unsere Gäste den Gletscher, Eis und Schnee, eine mystische Eisgrotte, einen interessanten Gletscher-Fun Park sowie tolle Verpflegungsmöglichkeiten. Innerhalb von 45 Minuten vom sommerlich grünen Talboden in die Gletscherwelt des Titlis vorzudringen ist ein ganz besonderes Erlebnis. Die Fauna und Flore sowie die Wanderwege und Erlebnispfade am lieblichen Trübsee runden unsere Highlights ab.


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Titlis Rotair ist ein gesamtheitlicher Tourismusanbieter. Wie präsentiert sich das Gastro- und Hotellerieangebot und welchen Umsatzanteil hat es?


Wir betreiben die Gastronomiebetriebe auf Titlis, Stand, Trübsee und an der Talstation in Engelberg selbst. Zusätzlich sind wir Eigentümer des Dreisternehotels Terrace in Engelberg, in welchem wir 370 Betten anbieten. 33% des Gesamtumsatzes erzielen wir mit unseren Hotels und Gastronomiebetrieben.


2011/2012 soll mit dem Titlis Resort ein neues Resort die Pforten öffnen. Wie weit ist dieses Projekt fortgeschritten?


Die Baubewilligung ist rechtsgültig erteilt. Wir sind mit der Detailplanung beschäftigt und hoffen noch in diesem Herbst mit den Bauarbeiten beginnen zu können. Die Bauzeit wird 2 ½ Jahre betragen.



«Gut Ding ? braucht Zeit ! Besonders in der Schweiz.»


Die Verbindung des Skigebiets Engelberg mit jenen von Melchsee-Frutt und Meiringen-Hasliberg ist ein weiteres Zukunftsprojekt. Vor sieben Jahren präsentiert, ist dem Projekt grosse Opposition erwachsen. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?


Zuhanden der Kantone sowie der Bundesämter haben wir eine Richtprojekt, ein Verkehrskonzept sowie einen umfassenden Umweltbericht erstellt. Diese Unterlagen wurden bereits ein Mal überarbeitet und vor einigen Wochen bei den zuständigen Amtsstellen zur Prüfung eingereicht. Gut Ding ? braucht Zeit ! Besonders in der Schweiz.


Wie hoch wären die Kosten des Projekts und welchen Anteil würde Titlis Rotair übernehmen?


Die geschätzten Gesamtkosten für die Bahnanlagen liegen bei 55 Mio Franken. Die Realisierung ist in Etappen geplant, wobei Titlis-Rotair das Skigebiet am Jochpass in Richtung Engstlenalp erweitert. Diese erste Etappe ist mit 18 Mio Franken budgetiert.


Eine letzte Frage, die ich Sie bitte, in einem Satz zu beantworten: Was fasziniert Sie an Ihrem Job besonders?


Menschen am Titlis glücklich machen zu dürfen.


Herr Wyler, besten Dank für das Interview.





Zum Unternehmen:
Die Titlis Rotair ist eine der grössten Bergbahn Unternehmungen der Schweiz. Nebst den Bahnanlagen und den Restaurations- und Kioskbetrieben sowie dem Berghotel Trübsee im Titlis-Gebiet gehört auch das am Südhang von Engelberg gelegene Hotel Terrace zu Titlis Rotair. Je nach Saison sorgen 200 bis 300 Mitarbeitende (90-130 Bahn; 60-100 Gastronomiebetriebe und Berghotel Trübsee; 50-70 Hotel Terrace) für die Sicherheit, den reibungslosen Ablauf und das leibliche Wohl der Gäste.


Der Ertrag der Gesamtunternehmung Titlis Rotair lag im Winterhalbjahr 2009/2010 mit CHF 27.37 Mio. 4 % über dem Vorjahr. Der EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) betrug CHF 8.85 Mio. und das Schlussergebnis des Winterhalbjahres lag mit CHF 3.92 Mio. 2% über dem Vorjahr. In der Bilanz erhöhten sich die Sachanlagen vor allem durch die Investitionen im Berghotel Trübsee um CHF  Mio. Der Fremdkapitalanteil ist mit 49 % um 1 % höher als im Jahresabschluss vom 31. Oktober 2009.


Die heutige Form der Bergbahnen Titlis Rotair ist durch 3 Fusionen entstanden:


1982 fusionierten die Standseilbahn Engelberg-Gerschnialp AG (EG AG) mit der Luftseilbahn Gerschnialp-Trübsee AG (LGT AG) im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Projektes der Gondelbahn Engelberg-Trübsee. Die neue Gesellschaft hiess Bergbahnen Engelberg-Gerschnialp-Trübsee AG, kurz BEGT AG.


1992 stimmten die Aktionäre der BEGT und der LTKT (Luftseilbahnen Trübsee-Stand-Kleintitlis) AG der Fusion der beiden Gesellschaften zu. Seitdem nennt sich die Gesellschaft Bergbahnen Engelberg-Trübsee-Titlis AG oder kurz BET AG.


1997 fusionierten die Bergbahnen Trübsee-Jochpass-Engstlensee AG (BTJE), die Jochpass-Jochstock AG und die BET AG. Dieser zukunftsgerichtete und gemeinsame Schritt wurde im Interesse der drei Gesellschaften und ihren Aktionären verwirklicht. Dies in der festen Überzeugung, dass damit eine noch bessere Basis für die erfolgreiche Bewältigung der künftigen Herausforderungen geschaffen wird.


 

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