Andreas Waespi, CEO Bank Coop

von Alexander Saheb


Im Hypothekenvergleich von Comparis hat die Bank Coop gut abgeschnitten. Zählen Sie jetzt wesentlich mehr Neukunden?

Die Bank Coop hat im ersten Halbjahr 2009 einen weiteren Anstieg des Hypothekarvolumens um 2,4% erzielt. Mit Hypothekarforderungen in Höhe von CHF 10,755 Mia. per 30. Juni 2009 wurde ein neuer Höchstwert erzielt. Sicherlich hilft uns ein Vergleich wie der von Comparis, um weitere Kunden zu gewinnen. Die Bank Coop hat sich jedoch bereits seit vielen Jahren einen guten Ruf als Partner für Finanzierungen aufgebaut. Davon profitieren wir.


Im ersten Halbjahr konnten Sie das Volumen der Hypothekarkredite bereits um 2,4 Prozent steigern. Warum ist der Erfolg aus dem Zinsgeschäft jedoch deutlich um 16 Prozent gesunken?

Dies hängt einerseits mit dem hohen Margendruck zusammen, der vor allem auf die zunehmende Konkurrenz der Banken zurückzuführen ist. Dies hat den Vorteil für den Kunden, dass die Banken attraktive Konditionen anbieten ? für die Banken bedeutet dies jedoch eine geringere Marge und somit auch weniger Gewinn. Bei der Bank Coop kommt zweitens hinzu, dass eine risikoaverse Bilanzbewirtschaftung erfolgte. So haben wir unsere überschüssige Liquidität in Höhe von rund 1 Mia. CHF zu sehr tiefen Zinsen hauptsächlich bei der Schweizerischen Nationalbank angelegt und es wurden sämtliche Zinsänderungsrisiken in der Bilanz abgesichert. Diese zuletzt genannten beiden Punkte waren zu etwa 90% für die Ertragsminderungen im Zinsengeschäft verantwortlich.


Der Hauskauf boomt dank tiefer Zinsen. Besteht die Gefahr dass sich viele Kunden jetzt finanziell übernehmen und zu teuer einkaufen, was man dann merkt wenn die Zinsen wieder steigen?

Die derzeitigen Konditionen sind für die Kundschaft tatsächlich sehr attraktiv. Wir haben das tiefste Zinsniveau seit Jahrzehnten. Bei der Berechnung der Zinsbelastung kalkulieren wir zusammen mit den Kunden jedoch auch Szenarien mit höheren Konditionen durch, um zu sehen, ob die Tragbarkeit bei höheren Zinsen immer noch gegeben ist. Schliesslich sind wir an der finanziellen Gesundheit des Kunden interessiert.


Wie hat sich die Kreditvergabe an KMUs und mittelgrosse Unternehmen im laufenden Jahr entwickelt?

Die Ausleihungsentwicklung mit einem Wachstum von 9,2% im ersten Halbjahr 2009 zeigt deutlich, dass die Bank Coop in diesem Bereich sehr aktiv ist. Wir unterstützen Neukunden gerne bei der Umsetzung ihrer Pläne und begleiten unsere bestehende Kundschaft in ihren Finanzierungsfragen. KMU und mittelgrosse Unternehmen erhalten bei uns aber auch andere Produkte und Dienstleistungen. Wir bieten ein umfassendes Angebot für diese Zielgruppe an.


«Wir haben das tiefste Zinsniveau seit Jahrzehnten. Bei der Berechnung der Zinsbelastung kalkulieren wir zusammen mit den Kunden jedoch auch Szenarien mit höheren Konditionen durch, um zu sehen, ob die Tragbarkeit bei höheren Zinsen immer noch gegeben ist.»


Welche Veränderungen haben Sie im Handelsgeschäft beobachtet? Macht Ihren Kunden der Aktienhandel schon wieder Spass?

Bei den Aktienkäufen sind die Kunden nach wie vor zurückhaltender als früher. Deutlich wird dies an den geringeren Courtageeinnahmen sowie den tieferen Erträgen aus dem Fonds- und Vermögensverwaltungsgeschäft.


Sind bestimmte Investmentprodukte jetzt beliebter als vorher?

Kunden suchen derzeit vor allem sichere Anlagen mit festen Zinserträgen und niedrigem Risiko. In erster Linie werden Sparprodukte bevorzugt. Dies hat den Vorteil, dass man sich nicht zu lange bindet und bei einer spürbaren Veränderung der Aktienmärkte wieder schneller Kapital zum Kauf von Wertschriften zur Verfügung hat.


Der im Halbjahresbericht ausgewiesene Bruttogewinn der Bank Coop hat mit einem Rückgang von 47,3 Prozent auf 31,5 Mio. Franken fast halbiert. Doch die Bank schreibt noch immer schöne schwarze Zahlen. Alles doch nur ein blaues Auge, oder?

Der um die Kosten der IT-Migration bereinigte Bruttogewinn der Bank Coop nach True and Fair View ist gegenüber dem Vorjahr um 20,7% tiefer ausgefallen. Die Bank Coop spürt, wie andere Finanzinstitute auch, die Folgen der Wirtschaftskrise. Dies führt zu geringeren Zinserträgen und zu einem Rückgang der Einnahmen im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft. Erfreulich ist hingegen, dass wir Dank erhöhter Kostendisziplin den Geschäftsaufwand um 4,2% reduzieren konnten und tiefere Abschreibungen und Wertberichtigungen zu verzeichnen hatten. Unser Ziel ist es, nachhaltig zu wachsen und unsere Strategie konsequent weiterzuverfolgen. Die Bank Coop ist auf dem Weg zur Vertriebsbank und konzentriert sich verstärkt auf die Schnittstelle zur Kundschaft. Wir nutzen bereits heute Synergien mit unserer Muttergesellschaft Basler Kantonalbank z.B. durch die Bildung diverser Competence Center und der gemeinsamen IT-Migration auf Avaloq. In wenigen Worten zusammengefasst: Die Bank Coop steht auf einem soliden Fundament.


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Derzeit steigt die Bank auf ein neues IT-System um. Wie läuft das Projekt und bis wann dürfte es mit welchen Gesamtkosten abgeschlossen sein?

Die IT-Migration ist ein Konzernprojekt. Anfang Oktober 2009 migriert die Basler Kantonalbank auf das neue IT-System, Anfang 2011 folgt die Bank Coop. Die Kosten können noch nicht genau beziffert werden. Sie werden voraussichtlich etwas über den ursprünglich geplanten CHF 50 Mio. liegen.


Wagen Sie eine Jahresprognose für 2009?

Wir gehen davon aus, dass das schwierige Marktumfeld in der zweiten Jahreshälfte weiter anhält. Trotz des bereits erwähnten spürbaren Einflusses des Wirtschaftsumfeldes, rechnet die Bank Coop mit einem im Vergleich zum Vorjahr höheren Jahresgewinn für das Geschäftsjahr 2009.


«Wir orientieren uns an einem langfristigen und nachhaltigen Gewinnwachstum und nicht an der kurzfristigen KGV-Optimierung.»


Die Aktien  der Bank Coop sind laut «Finanz und Wirtschaft» mit einem KGV für 2009 von 26 recht teuer. Wie wirkt das KGV auf Sie?

Das KGV muss man relativieren und vor dem Hintergrund der aktuellen Gewinnentwicklung, welche durch die einmaligen Kosten der IT-Migration beeinflusst wird, bewerten. Wir orientieren uns an einem langfristigen und nachhaltigen Gewinnwachstum und nicht an der kurzfristigen KGV-Optimierung. Ausserdem ist die Bank Coop-Aktie bezogen auf die Dividendenrendite mit 2,5% sehr attraktiv im Vergleich zu den aktuellen Obligationenrenditen. Unsere langfristigen Wachstumschancen sind jedenfalls intakt, was sich auch in einer höheren Bewertung widerspiegeln darf.


Welche Lehre haben Sie für sich persönlich aus der Finanzkrise gezogen?

Für mich hat sich wieder einmal gezeigt, dass diejenigen Unternehmen langfristig erfolgreich sind, welche sich konsequent weiterentwickeln und verbessern. Es sind Unternehmen mit einer klar definierten Strategie, in welcher die Interessen der Anspruchsgruppen berücksichtigt sind und die sicherstellt, dass keine kurzfristige Gewinnmaximierung angestrebt wird. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, dann profitieren alle: Aktionäre, Kunden, Mitarbeitende und Gesellschaft. Deshalb führt nachhaltiges Wachstum langfristig zum grössten Erfolg.





Zum Unternehmen
Die Bank Coop AG ist eine gesamtschweizerisch tätige Bank. Sie offeriert alle wesentlichen Bankprodukte und Dienstleistungen für Privatkunden und KMU. Als kundennahe Bank legt die Bank Coop Wert auf faire Konditionen. Sie differenziert sich durch ein umfassendes Angebot an nachhaltigen Bankprodukten und Engagements. Mit der Dienstleistung «eva» bietet die Bank Coop zudem ein spezielles Angebot für Frauen. Seit 2000 hält die Basler Kantonalbank eine Mehrheitsbeteiligung an der Bank Coop. Die Bank Coop hat 33 Geschäftsstellen in der Schweiz und beschäftigt rund 740 Mitarbeitende. Der Hauptsitz befindet sich in Basel. Als Aktiengesellschaft ist die Bank Coop an der SIX Swiss Exchange kotiert (BC / Valor 1811647).

Zur Person:
Andreas Waespi (Jg. 1961) ist seit 2005 CEO der Bank Coop. Zuvor war er Mitglied der Geschäftsleitung der Basler Kantonalbank und leitete dort das Privatkundengeschäft. Zudem übt er zahlreiche Verwaltungsratsmandate im Finanzdienstleistungsbereich aus. Er ist eidg. dipl. Bankfachmann, Absolvent der Swiss Banking School und hat diverse internationale Management Ausbildungen abgeschlossen.

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