Antimo Perretta, Leiter Distribution AXA Winterthur

von Patrick Gunti


Herr Perretta, wie umschreiben Sie die heutige Vertriebsphilosophie der AXA Winterthur?


Die Ambition der AXA Winterthur ist es, mit dem leistungsfähigsten und dichtesten Vertriebsnetz in der Schweiz der führende Anbieter finanzieller Sicherheit zu sein. Dazu haben wir die Zahl der Aussendienstmitarbeiter in unseren 300 Generalagenturen und Agenturen seit anfangs 2008 um rund 500 auf über 1900 erhöht. Und mit den neuen Spezialagenturen «Vorsorge & Vermögen» forcieren wir die spezifische Vorsorgekompetenz laufend.


Wie hat sich die Wirtschafts- und Finanzkrise auf das Geschäft der AXA Winterthur ausgewirkt?


Im BVG-Geschäft hat die Nachfrage nach unserem Vollversicherungsmodell zwar weiter zugenommen, aber wir profitieren trotzdem nur beschränkt davon. Der Grund sind die «rostigen Fesseln». Viele Vorsorgeeinrichtungen, die jetzt zur AXA Winterthur wechseln möchten, sind bei Pensionskassen angeschlossen, die noch immer in Unterdeckung sind. Konkret heisst das: Diese Vorsorgeeinrichtungen müssten zusätzliches Kapital einschiessen, um wechseln zu können. Grund zum Wechsel hätten sie, da die finanzielle Stabilität der AXA Winterthur trotz der Finanzmarktlage ausgezeichnet geblieben ist. Im Leben-Bereich sind die Verpflichtungen gegenüber den Versicherten zu 184 Prozent durch Eigenmittel gedeckt (Solvenz I).


«Im Gegensatz zur beruflichen Vorsorge nahm das Neugeschäft im Einzelleben deutlich zu. Verantwortlich für diesen Anstieg war die Lancierung der neuen TwinStar Income-Produkte.»


Wie reagiert AXA Winterthur auf die in der Krise zunehmende Wertschätzung von Versicherungslösungen, die Sicherheit bieten und Risiken limitieren?


Im Gegensatz zur beruflichen Vorsorge nahm das Neugeschäft im Einzelleben deutlich zu. Verantwortlich für diesen Anstieg war die Lancierung der neuen TwinStar Income-Produkte. Ihr Erfolg beweist, dass wir mit dieser Innovation den Nerv der Zeit getroffen haben und unseren Kunden genau das bieten können, was sie heute suchen, nämlich die Kombination von Renditepotential und Sicherheit durch garantierte Auszahlungen.


Welchen Einfluss haben die neuen Technologien auf den Vertrieb, zum Beispiel im Prozess-Management oder aber auch hinsichtlich der Anbindung von Technik-affinen Kunden?


Mit unserer Mehrkanal-Strategie geben wir unseren Kunden jederzeit die Möglichkeit, einfache Produkte sowohl über den Direktkanal abzuschliessen, sprich das Internet, als auch Beratungskompetenz über den Aussendienst ins Haus zu holen. Unser neues Kundeninformationssystem stellt auch Kampagnen- und Leadmanagement zur Verfügung, was für die individuelle Kundenansprache wichtig ist. In Kürze starten wir zudem das Pilotprojekt «Digital Insurance» mit der Swisscom. Diese Lösung soll in Zukunft Kunden vor Datenverlust schützen. Versicherte können dabei ihre digitalen Daten mittels Software auf einer virtuellen Festplatte im Swisscom-Netz speichern. Sie sind damit geschützt vor Diebstahl, Feuer- und Wasserschäden und dem Defekt des eigenen Computers.


Mit Online-Vergleichsdiensten wie comparis.ch oder bonus.ch können potenzielle Kunden heute viele Versicherungsleistungen vergleichen. Welchen Einfluss haben die Vergleichsdienste auf das Geschäft?


Vergleichsdienste schaffen wohl punktuell mehr Markttransparenz. Ihre reinen Preisvergleiche führen jedoch nicht immer zu korrekten Leistungsvergleichen. Kunden, die nicht nur am Preis sondern auch am richtigen Leistungsumfang interessiert sind, kommen auch heute noch nicht an einer persönlichen, kompetenten und ausführlichen Beratung vorbei.


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Welche Konsequenzen haben demografische Veränderungen wie die «Überalterung» auf die Versicherungswirtschaft, welche Versicherungslösungen rücken ins Zentrum?


Langlebigkeit ist etwas Positives. Diesem Umstand muss mit entsprechenden Massnahmen und Lösungen Sorge getragen werden. Für die zweite Säule ist es wichtig, den korrekten Umwandlungssatz für die spätere Rente zu berücksichtigen, um einer Subventionierung der Älteren durch die Jungen vorzubeugen. Ganz generell dürfte der Druck auf die Leistungsfähigkeit der Sozialwerke zunehmen, wodurch die Selbstvorsorge weiter an Bedeutung gewinnen wird. Deshalb bieten wir vermehrt flexible, massgeschneiderte Lösungen an, die zum Beispiel einen sukzessiven Ausstieg aus dem Berufsleben ermöglichen.


Wie reagiert AXA Winterthur auf gesellschaftliche Entwicklungen wie Ehen ohne Trauschein, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Patchwork-Familien oder Haushalte mit immer weniger Kindern?


Als Vorsorgespezialisten beobachten wir die gesellschaftlichen Entwicklungen genau, wir versuchen sie sogar möglichst vorwegzunehmen. Ein Beispiel dafür ist die Partner- oder Witwerrente für gleichgeschlechtliche Paare in unseren beruflichen Vorsorgelösungen. Wo immer möglich setzen wir neue gesellschaftliche Strömungen flexibel um, wobei das steuerliche Korsett dabei leider allzu oft sehr behindernd wirkt.


«Die Marke «AXA» ist weltweit in über 50 Ländern präsent; (…) Wir sehen deshalb Einwanderungstendenzen als Chance, weil uns viele Einwanderer bereits kennen.»


Wie sieht es hinsichtlich der Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur durch zunehmende Einwanderung aus?


Die Marke «AXA» ist weltweit in über 50 Ländern präsent; sie wurde erst kürzlich von Interbrand als wertvollste Marke der Versicherungswirtschaft ausgezeichnet. Wir sehen deshalb Einwanderungstendenzen als Chance, weil uns viele Einwanderer bereits kennen. Unsere Aussendienstmitarbeiter sind zudem seit jeher ein Abbild der Gesellschaftsstruktur. Dies ermöglicht uns Beratungen von Landsmann zu Landsfrau in der jeweiligen Sprache, die auch die  jeweiligen kulturellen Besonderheiten berücksichtigt. 

Gesellschaftliche Veränderungen, neue Technologien oder auch Vergleichsdienste führen zu einer anspruchsvolleren und vielleicht auch selbstbewussteren Kundschaft. Welche Produkte und Dienstleistungen wird diese in Zukunft fordern?


Die Entwicklung geht hin zu einfacheren, transparenteren und kundenbezogenen Lösungen. Dabei steht das gemeinsame Erarbeiten einer sinnvollen Vorsorgelösung unter Einbezug des Lebenspartners im Vordergrund. Unsere Kunden wünschen sich, in die Lösungsfindung einbezogen zu werden. Kommt dazu, dass in Zukunft nach einem Abschluss jederzeit die Möglichkeit vorhanden sein muss, eine bestehende Lösung flexibel zu gestalten, wenn sich die Rahmenbedingungen der Familie verändern.


Und welche neuen Anforderungen ergeben sich dadurch für das Vertriebspersonal?


An das Berufsbild des Versicherungsberaters werden in Zukunft noch höhere Anforderungen gestellt als bisher. Dies gilt auch für die Aus- und Weiterbildung ? intern wie extern ? damit er thematisch immer à jour bleibt. Entscheidend wird sein, wie sensibel der Berater auf die Wünsche des Kunden eingehen kann.

Jeder erfolgreiche Vertrieb benötigt heute und morgen wettbewerbsfähige Produkte. Wie beurteilen Sie die Innovationskraft Ihres Unternehmens?


Innovationskraft gehört zu den Stärken der AXA-Gruppe. Als internationales Unternehmen haben wir sehr schnell die Möglichkeit, von lokal erfolgreichen Produkten und Lösungen zu profitieren und diese in anderen Ländern einzuführen. Dies verkürzt die Entwicklungszeiten neuer Produkte, was unseren Kunden zu Gute kommt. Innovation ist wichtig. Schliesslich ist aber entscheidend, dass wir in den Beratungsprozessen die Kundenbedürfnisse jederzeit umfassend abdecken können.


Herr Perretta, besten Dank für das Interview.






Der Interviewpartner
Antimo Perretta (Jahrgang 1962) ist Mitglied der Geschäftsleitung von AXA Winterthur und Leiter Distribution.


Berufliche Erfahrung

seit 09/2008

Mitglied der Geschäftsleitung der AXA Winterthur Leiter Distribution
2008
Mitglied der Geschäftsleitung der AXA Winterthur Leiter Kollektivleben
2000 ? 2007
Geschäftsbereichsleiter Unternehmen, Mitglied der Geschäftsleitung Schweiz Swiss Life AG
1995 ? 1999
Abteilung Verkauf und Beratung von Vorsorgelösungen der 2. Säule La Suisse Lebensversicherungsgesellschaft, Lausanne
1990 ? 1995
Abteilung Verwaltung und Verkauf von Vorsorgelösungen innerhalb der 2. Säule Elvia Lebensversicherungsgesellschaft, Genf
1989
Angehender Pensionskassenversicherungsexperte Libera Pensionskassen Beratung AG
1985 ? 1989
Abteilung Verkauf und Beratung innerhalb der 2. Säule Allianz Continentale Versicherungsgesellschaft, Zürich
1982 ? 1985
Abteilung Mathematik Kollektivversicherung Schweizerische Renten- und Lebensversicherung, Zürich

Ausbildung

2006 ? 2008
Executive MBA Universität Zürich
1989 + 1992
Pensionversicherungsexperte Teil A und B
1987
Eidg. Dipl. Versicherungsfachmann


Das Unternehmen
Die zur AXA Gruppe gehörende AXA Winterthur ist mit einem Marktanteil von 21,4 Prozent der führende Allbranchenversicherer der Schweiz. Im Rahmen der finanziellen Sicherheit bietet die AXA Winterthur eine breite Palette von Personen-, Sach- und Haftpflichtversicherungslösungen, massgeschneiderte Lebensversicherungs- und Pensionskassenlösungen sowie Anlage- und Sparprodukte für Privat- und Unternehmenskunden. Die AXA Winterthur beschäftigt rund 4’300 Mitarbeitende. Das Vertriebsnetz umfasst zudem über 300 selbständige Generalagenturen und Agenturen mit rund 2’900 Mitarbeitern, welche exklusiv für die AXA Winterthur tätig sind. Im Jahr 2008 erzielte die AXA Winterthur ein Geschäftsvolumen von CHF 10,344 Milliarden.

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