Arthur Bolliger, CEO Maerki Baumann & Co. AG: «Unsere Analyse ergab auf dem Finanzplatz Schweiz ein potenzielles Ertragsvolumen von insgesamt rund 1.2 Milliarden Franken pro Jahr»

Arthur Bolliger, CEO Maerki Baumann & Co. AG: «Unsere Analyse ergab auf dem Finanzplatz Schweiz ein potenzielles Ertragsvolumen von insgesamt rund 1.2 Milliarden Franken pro Jahr»

Von Helmuth Fuchs


Moneycab: Herr Bolliger, aus eins mach zwei. Seit Beginn dieses Jahres haben Sie die Geschäftsfelder «Handel » und «Insourcing» in Ihr neu gegründetes Schwesterunternehmen, die InCore Bank AG, eingebracht, die eine Bewilligung als Bank und Effektenhändlerin besitzt. Ist die Summe der neuen Teile mehr als das vorherige Ganze?


Arthur Bolliger: Ja, genau so ist es. Dank der Ansiedlung unserer  Kernkompetenzen, Private Banking und Handel/Insourcing, in zwei voneinander unabhängigen Banken konnte in beiden Geschäftsfeldern eine erhebliche  Fokussierung erwirkt werden. Dadurch erhalten unsere Dienstleistungen im Markt ein noch schärferes Profil.


Durch den Wegfall der Banking Services hat sich, wie Sie gerade erwähnten, Ihre interne Fokussierung im Private Banking verändert. Welche Auswirkungen hat die Gründung der InCore Bank auf die Aktivitäten der Privatbank Maerki Baumann & Co. AG?



«Wir schätzen, dass über 200 kleine und mittelgrosse Schweizer Banken früher oder später Outsourcing-Lösungen ins Auge fassen werden.» Arthur Bolliger, Maerki Baumann & Co. AG


Maerki Baumann & Co. AG pflegt auch weiterhin ihre angestammte Kernkompetenz, das Private Banking, mit Leib und Seele! So besehen  ergibt sich aus  der erfolgreichen Lancierung der InCore Bank keine nach aussen sichtbare Auswirkung. Das gesamte Back Office und den  Handel wissen wir seit 1. Januar 2007 bei der InCore Bank in guten Händen. Der Service, den unsere Private Banker erhalten, ist nach jedem Massstab erstklassig. Administrative Aufgaben fallen demgemäss weitgehend weg, und wir haben zusätzliche Zeit und Energie, um unseren Private Banking-Service zu perfektionieren.


Die «Banking Services Bank» InCore soll Handel, Back-Office, Abrechnung und Kundenadministration nicht nur für die Maerki Baumann & Co. AG anbieten, sondern auch für weitere kleinere und mittelgrosse schweizerische Privat- und Universalbanken. Wie gross schätzen Sie das Volumen in diesem Markt, gemessen an Anzahl Banken und für Sie generierbarem Umsatz?


Wir schätzen, dass über 200 kleine und mittelgrosse Schweizer Banken früher oder später Outsourcing-Lösungen ins Auge fassen werden. Unsere Machbarkeitsstudie für die InCore Bank aus dem Jahr 2005 zeigt ein enormes Potenzial auf. So ergab eine minutiöse Marktanalyse unter Einbezug sämtlicher Banken auf dem Finanzplatz Schweiz ein potenzielles Ertragsvolumen von insgesamt rund CHF 1.2 Milliarden pro Jahr (ohne Brokerage). Die InCore Bank strebt danach, einen beachtlichen Teil dieses Marktpotentials für sich zu beanspruchen.


Welche Auswirkung wird die Gründung der InCore Bank auf die Rechnung der Privatbank Maerki Baumann & Co. AG in diesem Jahr haben?


Die Rechnung 2007 von Maerki Baumann & Co. AG wird entlastet, da wir einen schönen Teil unserer Kosten an unsere Schwestergesellschaft, InCore Bank AG, ausgelagert haben. – Für die InCore Bank rechnen wir bereits für das erste Geschäftsjahr mit einem Reingewinn.


Das letzte Jahr war vor allem auch für die Privatbanken gekennzeichnet von hohen Erträgen und Zuwächsen bei den Kundengeldern. In diesem Umfeld scheint der Druck nicht allzu gross zu sein, die Wertschöpfungskette aufzubrechen und nicht direkt bankenspezifische Prozessschritte an Dienstleister wie die InCore Bank auszulagern. Kann, was sich für Ihre Privatbank als Segen erweist, hinderlich für die InCore Bank sein?


 «Gut› Ding will Weile haben?» – Sie haben recht: Bedingt durch die Tatsache, dass das Schweizer Private Banking prosperiert, hat der akute Druck in Richtung Strukturanpassung abgenommen. Wir sind dennoch davon überzeugt, dass das Aufbrechen der Wertschöfpungskette im Vermögensverwaltungsgeschäft ein Megatrend ist, der unumkehrbar ist. Möglicherweise wird es länger dauern, bis die Banken die Zeichen der Zeit erkannt haben. Die anhaltende Margenerosion, zunehmende regulatorische Anforderungen sowie steigende IT-Kosten werden die Notwendigkeit zur Reduktion der Fertigungstiefen unterstreichen. Als erste unabhängige «Banking Services Bank»  der Schweiz sind wir gut positioniert, neue Insourcing-Kunden abzuholen.


Eine «Vertriebsbank» (Privatbank Maerki Baumann & Co. AG) und eine «Banking Services Bank» (InCore Bank) haben Sie schon, folgt jetzt noch eine «Produktebank» zur breiteren Entwicklung eigener Produkte?


Als unabhängige Vermögensverwaltungsbank wollen wir unserer Kundschaft die besten am Markt verfügbaren Produkte anbieten. Eigene Produkte entwickeln wir nur ausnahmsweise, wenn wir ein spezifisches Anlagekonzept verwirklichen wollen, für das kein Marktangebot vorliegt. Dies wird nächstens der Fall sein. So werden wir unserer Kundschaft im Bereich Fixed Income demnächst eine Lösung offerieren, die wir selbst entwickelt haben, und die einzigartig ist.



«Mit unserem bestehenden Stamm von Insourcing-Kunden erreichen wir, dass die InCore Bank vom ersten Jahr an profitabel arbeitet.»


In der Schweiz gehören Sie mit Ihrer klaren Fokussierung und Trennung der beiden Bereiche Private Banking (Privatbank Maerki Baumann & Co. AG) und den nachgelagerten Banking Services (InCore Bank AG) zu einer Minderheit. Sind Sie finanziell und von der Grösse her in der Lage, hier eine Vorreiterrolle zu spielen und eventuell zu warten, bis sich der Markt entwickelt und die Auslagerung für kleinere und mittlere Banken zur Norm wird?


Das ist eine unserer grossen Stärken! – Mit unserem bestehenden Stamm von Insourcing-Kunden erreichen wir, dass die InCore Bank vom ersten Jahr an profitabel arbeitet. Die Gründungs- und Entwicklungskosten im Zusammenhang mit der InCore Bank sind bereits im Jahr 2006 abgeschrieben worden, so dass wir keinen Kostenblock vor uns herstossen. Angesichts dieser komforatablen Lage stehen wir  nicht unter Druck und können in aller Ruhe weitere Kunden akquirieren, indem wir den «First Mover Advantage» nutzen.


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Die Banken der umliegenden EU-Länder stehen teilweise schon unter grösserem Rationalisierungsdruck als die Schweizer Institute. Welche Pläne haben Sie, Ihre Dienstleistungen auch im Ausland anzubieten und welche Länder bieten für Sie die besten Voraussetzungen?


Die Expansion ins Ausland ist derzeit für uns kein Thema. Wir haben genügend Potenzial in der Schweiz. Für das  Segment der Auslandbanken in der Schweiz dürfte unser Insourcing-Angebot sehr interessant sein, da die regulatorischen Rahmenbedingungen Auslagerungen ins Ausland enge Grenzen setzen. Zudem sind wir davon überzeugt, dass der Schweizer Finanzplatz der InCore Bank  ideale Voraussetzungen bietet (volkswirtschaftliche und politische Stabilität, hervorragende Finanzplatzinfrastruktur, hoher Datenschutz etc.).


RTC will Ihre Wertschriftenlösung (Legando) zusammen mit dem Frontsystem OTMS von IBM in die eigene Universalbankenlösung IBIS integrieren. Stärken Sie damit nicht ein Konkurrenzprodukt zulasten Ihres eigenen Angebotes?


Möglicherweise ist das der Fall; dennoch begrüssen wir diese Entwicklung. Denn das Marktpotential ist gross genug für mehrere Anbieter, und die Etablierung weiterer Insourcer wird der Marktdynamik Vorschub leisten. Mit  der Akquisition von RTC ist Legando der Marktdurchbruch gelungen, verfügt  doch RTC neben den beiden Grossbanken über die grösste Bankenplattform der Schweiz.



«Es scheint  offensichtlich, dass der EU und gewissen EU-Finanzplätzen die Stärke des Finanzplatzes  Schweiz ein Dorn im Auge ist. Der Druck wird nicht nachlassen.»


Während viele Privatbanken an boomenden Märkten wie China, Dubai oder Russland mit lokalen Niederlassungen partizipieren wollen, halten Sie weiter an Zürich als einzigem Standort fest. Haben Sie mit Ihrer Bank keine Expansionsgelüste?


Wir wollen nicht ins Ausland expandieren. Viele unserer Kunden schätzen die Tatsache, dass wir keine Niederlassungen ausserhalb der Schweiz haben. Die Standortvorteile des Finanzplatzes Schweiz und von Zürich im Speziellen bestärken uns in diesem Bestreben.


Etwa 60 Prozent der verwalteten Gelder bei Maerki Baumann & Co. AG stammen aus dem Ausland. Die EU versucht mit immer härteren Massnahmen, den Abfluss der Gelder an Finanzplätze wie die Schweiz zu verhindern. Wie sehen Sie die kommende Entwicklung in der EU und wie soll die Schweiz sich gegenüber der EU positionieren?


Es scheint  offensichtlich, dass der EU und gewissen EU-Finanzplätzen die Stärke des Finanzplatzes  Schweiz ein Dorn im Auge ist. Der Druck wird nicht nachlassen. Aber ich vertraue darauf, dass das Schweizer Volk, die Behörden und die Schweizer Banken den Willen haben, für den künftigen Erfolg unseres Finanzplatzes zu kämpfen. Die Schweiz hat in jüngster Vergangenheit bewiesen, dass sie berechtigten Anliegen der EU entgegen kommt. Ebenso hat sie bewiesen, dass sie unzumutbaren Forderungen die Stirne bietet.

Zum Schluss des Interviews haben Sie noch zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?


Erstens wünsche ich mir, dass das Schweizer Volk auch künftig erkennt, dass der Finanzplatz Schweiz einen wesentlich Teil zum Wohlergehen unseres Landes beiträgt und zweitens, dass die Schweizer Politik auch künftig im Verkehr mit der EU die richtige Mischung zwischen Konzilianz und Härte an den Tag legt.





Der Gesprächspartner
Arthur Bolliger, geboren 1948, lebt mit seiner Familie in seiner Heimatgemeinde Teufen im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Er ist verheiratet mit Renate Bolliger, mit der er zwei erwachsene Töchter hat.
Arthur Bolliger ist seit 1989 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Maerki Baumann & Co. AG, einer unabhängigen Zürcher Privatbank im Besitz der Familie Syz-Abegg. Zudem ist er Mitglied des Verwaltungsrates der Schweizerischen Bankiervereinigung sowie des Verwaltungsrates der Telekurs Finanz AG. Politisch setzt sich Arthur Bolliger seit vielen Jahren aktiv für die FDP der Schweiz und seines Heimatkantons ein, für die er auch im Kantonsparlament von Appenzell Ausserrhoden sass.


Maerki Baumann Holding AG
umfasst die drei operativen Gesellschaften Maerki Baumann & Co. AG, InCore Bank AG und Legando AG mit zusammen 150 Beschäftigten. Hauptaktionäre sind Frau Rymonde Syz-Abegg mit 51,5 Prozent sowie ihr Sohn, Hans G. Syz-Witmer, und ihre Tochter, Dr. Carole Schmied-Syz, welche über die gemeinsame CHSZ-Holding AG 41,9 Prozent der Aktien halten. Die Eigenmittel belaufen sich auf CHF 136 Millionen.

Maerki Baumann & Co. AG wurde 1932 in Zürich als unabhängige Privatbank gegründet.  Die Bank konzentriert sich auf die zwei Geschäftsfelder Anlageberatung und Vermögensverwaltung für Pirvat- und Firmenkunden. Auf weitere Arten des Bankgeschäftes wie zum Beispiel das kommerzielle Kreditgeschäft verzichtet die Bank bewusst.&Der Heimmarkt der Bank, die Schweiz, ist zugleich ihr wichtigster Markt. Ungefähr 35 Prozent aller Geschäftsbeziehungen haben ihr Domizil in der Schweiz. Aus den Ländern der EU bzw. des EWR stammen 48 Prozent. Der Jahresgewinn 2006 betrug 23,39 Millionen Franken. Die Eigenmittel belaufen sich auf 80 Millionen Franken, die Kundenvermögen auf 7’444 Millionen Franken. Die Bank beschäftigt 67 Mitarbeitende und erfreut sich einer sehr tiefen Fluktuation.


InCore Bank AG umasst das strategische Geschäftsfeld «Handel und Insorucing» für andere Finanzdienstleister. Die Bank verfügt über eine Bank- und Effektenhändlerbewilligung und beschäftigt 50 Mitarbeitende. Sie ist seit dem 1. Januar 2007 aktiv. Die Eigenmittel betragen CHF 50 Millionen.

Legando AG ist ein Softwareunternehmen. Ihr Angebot ist eine Software-Bankenlösung und richtet sich an Universal- und Privatbanken. Es werden 28 Personen beschäftigt.

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