Artur P. Schmidt: Plädoyer für eine Relativitätstheorie der Wirtschaft

Von Artur P. Schmidt
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In der Beurteilung der weltweiten Finanzkrise haben fast alle Ökonomen völlig versagt. Die gesamte Zunft ist in einer Identitätskrise, da sie Ihre linearen Analysen auf absoluten Zahlen beruhen. Auf die wichtigsten Fragen unserer Zeit haben die Volkswirtschaftler keine Antworten mehr. Die tatsächlichen Ursachen der Weltwirtschaftskrise sowie deren Wechselwirkungen erfordern völlig neue Berechnungsverfahren (siehe www.bankingcockpit.com ).


Es kommt auf den relativen Werterhalt der Vermögen an
Inflation ist in relativer Hinsicht eine Aufblähung der Geldmenge und keine Preissteigerung, während Deflation relativ zu anderen ökonomischen Indikatoren eine Vernichtung von Geld und keine Preisreduktion ist. Während ein relativer Rückgang der Inflation eine Wirtschaft stimuliert, schwächt ein relativer Anstieg der Inflation die Ökonomie. Zu beachten ist auch, dass Teile der Wirtschaft deflationieren können, während andere Teile sich parallel inflationär aufblähen, weshalb es hier auf die Gesamtwirkung ankommt. Bei dieser kann man es so formulieren, dass ein relativer Rückgang der Deflation die Ökonomie stimuliert, während ein relativer Anstieg der Deflation die Ökonomie in die Krise führt. Ob man das Ganze mit dem Präfix «In» oder «De» beschreibt, ist unerheblich, da es bei allen wirtschaftlichen Aktivitäten um den relativen Werterhalt der Vermögen gehen muss. Was Ökonomen meinen, wenn sie von einer Phase der absoluten Deflation sprechen, ist nichts anderes als ein relativer Inflationsanstieg bei fallenden Preisen, während es sich bei einer absoluten Inflation um einen relativen Inflationsanstieg bei steigenden Preisen handelt. Nicht mehr und nicht weniger. Deshalb wurde von mir ein neuer Forschungszweig ins Leben gerufen, den ich Endonomics nenne.


Aus dem Nichts erzeugtes Geld verschwindet wieder im Nichts
Doch wie wird die Geldmenge in relativer Weise aufgebläht? Die Antwort liegt auf der Hand: Durch Drucken von Geld, sprich: durch Verschuldung. Ein relativer Rückgang der Geldmenge wird dadurch erreicht, dass Schulden durch Bankrott verschwinden und somit das aus dem Nichts erzeugte Geld wieder im Nichts verschwindet, wobei die Aktionäre und damit die Steuerzahler die Zeche zu bezahlen haben, wie das jüngste Beispiel Freddy Mac und Fannie Mae offenbart haben. Inflation und Deflation sind also rein monetäre Phänomene und keine Preisphänomene. Die relative Zunahme oder Abnahme der Geldmenge bestimmt, ob wir in absoluter Ausdrucksweise von Inflation oder Deflation sprechen können, wobei sich einzelne Sektoren der Wirtschaft deflationär (wie zum Beispiel der Immobilienmarkt) oder inflationär (wie etwa die Rohstoffmärkte) entwickeln können.


Geldmengenspiele der Zentralbanken
Murray Rothbart hat gezeigt, dass die Zentralbanken die Geldmenge ständig auf- und abblähen und damit nach Belieben unser Geld entwerten oder aufwerten. Der Vorgang des absoluten Anstiegs der Preise ist in Wahrheit nichts anderes als ein relatives Verändern der Geldmenge. Es ist deshalb ein Denkfehler, wenn man annimmt, dass Geld in der Deflation immer wertvoller wird. Es wird in Wahrheit nicht wertvoller, sondern knapper, da relativ gesehen die Geldmenge durch Konkurse und Preisrückgänge schrumpft. Für die Marktteilnehmer entsteht die Illusion, dass das verbleibende Geld absolut gesehen wertvoller wäre, wobei es in relativer Hinsicht egal ist, ob wir eine Deflation oder eine Hyperinflation haben. In beiden Fällen ist das Ergebnis eine Vernichtung des relativen Wertes von Geld. Aus diesem Grunde können Immobilien, die ihren relativen Wert behalten, sowohl bei einer Deflation als auch bei einer Inflation vor einem Wertverlust schützen, ebenso wie Gold und Silber. Wenn George Soros sagt, dass die Exzesse der Kreditexpansion jetzt nur durch eine Kreditkontraktion gestoppt werden können, so argumentiert er im Einklang mit Paul Volcker, dem engsten Finanzberater von Barack Obama und designierten Finanzminister, der es als verwerflich erachtet, wenn die Zentralbank schlecht gemanagte Banken vor dem Ruin bewahren will.


Reinigungsprozess der kreativen Zerstörung
Rezessionen sind etwas Natürliches, das Zentralbanken nicht bekämpfen sollten, denn letztlich führen diese Kontraktionsphasen der Wirtschaft zu Reinigungsprozessen der kreativen Zerstörung, wie es der Ökonom Josef A. Schumpeter nannte, die notwendig sind, um vorherige Exzesse wieder aufzulösen. Kreative Zerstörungsphasen sind zunächst deflationär, da die Kreditexzesse zurückgeführt werden müssen. Deflationsphasen sollten deshalb mit aller Macht bekämpft werden, da diese eine grosse Gefahr darstellen, insbesondere da diese Banken an den Ruin führen und diese in solchen Phasen Kredite an die Realwirtschaft verweigern. In Deflationsphasen ist deshalb entscheidend, dass staatliche Hilfe unter Umgehung der Banken direkt in den Wirtschaftskreislauf gelangen. Kehrt nach einer deflationären Phase die Inflation wieder zurück, wirkt sich diese viel stärker aus, da vorher sehr viel an Kaufkraft vernichtet wurde und dann Preissteigerungen wegen der Zerstörung der Kapitalbasis viel stärker durchschlagen. Dies erklärt auch den starken Anstieg der Goldaktien wie z.B. Homestake Mining von 1932 bis 1937 nach dem Abflauen der starken deflationären Bereinigung von 1929 bis 1932.



Abb. 1: Deflationäre Bereinigung bis 1932 und Aktienerholung bis 1937;
Quelle
www.bankingcockpit.com


Sicherung des Werterhaltes
Die Wirtschaft ist von einem ständigen Wechsel von inflationären zu deflationären Phasen und umgekehrt geprägt. Jede Wellenbewegung, auch wenn sie noch so groß wird, hat einen Pivotpunkt, der durch kybernetische Berechnungsverfahren sehr präzise angezeigt werden kann. Eine Welt der Blasen benötigt einen Investmentansatz, der auch in Phasen der allgemeinen Geldvernichtung zumindest den Werterhalt sichert.


Nicht der Stabilitätsillusion des Geldes unterliegen
Nachstehend eine Übersicht über die Anlagen, die in solchen Phasen getätigt werden sollten, wobei zwischen den Phasen Inflation und Deflation unterschieden wird. Da die Preise von Rohstoffen immer in Geld, etwa dem US-Dollar, ausgedrückt werden, hängt der Preis von Rohstoffen nicht nur von dessen Angebot und Nachfrage ab, sondern auch von Angebot und Nachfrage nach Geld. Wird das Geld in einer Ökonomie knapp, wie im Herbst 2008, brechen auch die Preise von Rohstoffen ein. Wer in einer Krise Cash besitzt, kann dessen Wert steigern, wenn er in Währungen investiert, die zu diesem Zeitpunkt steigen. So kann sowohl in inflationären als auch deflationären Phasen der Wert einer Cash-Position relativ zu anderen Marktteilnehmern gesteigert werden. Jeder Marktteilnehmer sollte sich deshalb stets vor Augen halten, dass die Währung seines Landes gegenüber anderen Währungen nie stabil ist. Wer dies annimmt, unterliegt einer Stabilitätsillusion des Geldes. Anleger sollten sich deshalb nicht nur um die Sicherheit ihrer Bank kümmern, sondern vor allem um die Sicherung der Kaufkraft ihrer Landeswährung. Wer dies tut, kann in volatilen Devisenmärkten, vor allem in Krisenzeiten, seine Kaufkraft nicht nur erhalten, sondern gegebenenfalls sogar steigern.


Eine andere Möglichkeit sein Geld zu erhalten ist es, bei existentiellen Finanz- oder Systemkrisen in Gold zu investieren. Dieses hat neben Cash in einer Weltwirtschaftskrise den höchsten Werterhalt.



Abbildung 2: Jede Anlagephase hat ihren optimalen Zeitpunkt;
Quelle:
www.wallstreetcockpit.com



Abbildung 3: Jede Anlagephase hat ihr optimales Produkt;
Quelle:
www.wallstreetcockpit.com





Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit  der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im Februar 2008 beim EWK-Verlag (www.ewk-verlag.de ) herauskommt, heisst  «Unter Bankstern».

Heute ist Dr.-Ing. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com , www.wallstreetcockpit.com , www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH (www.cockpit.li ). Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.

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