Avenir Suisse will AHV-Alter bis 2026 auf 67 Jahre erhöhen

«Wir kommen nicht um eine Anpassung der AHV an die demographische Entwicklung herum», sagte Avenir Suisse-Direktor Thomas Held vor den Medien. Um eine abrupte und entsprechend umstrittene Erhöhung des Rentenalters zu vermeiden, könnte das Renteneintrittsalter jedes Jahr um ein bis zwei Monate erhöht werden. Würde eine solche Anpassung im Jahr 2011 erfolgen, läge das Rentenalter dann bei 65 Jahren und 1,5 Monaten.


Rentenalter 66 im Jahre 2018
Im Jahr 2018 würden die Menschen gemäss diesen Berechnungen mit 66 Jahren pensioniert. Und ein Arbeitnehmer mit Jahrgang 1977 müsste bis zu seinem 69. Geburtstag arbeiten. Ein Stopp des kontinuierlich steigenden Rentenalters wäre gemäss Held dann denkbar, wenn die Lebenserwartung der Menschen nicht mehr steigt. Der Vorschlag entstammt einer Studie, die Avenir Suisse als Buch veröffentlichte.


Stärkere Berücksichtigung der Beitragsjahre gefordert
Die beiden Autorinnen der Publikation «Die AHV – eine Vorsorge mit Alterungsblindheit» fordern weitere AHV-Reformen, darunter eine stärkere Berücksichtigung der Beitragsjahre. So soll ein früher Eintritt ins Erwerbsleben, etwa von Lehrlingen, belohnt werden, schreiben Christina Zenker und Katja Gentinetta.


Leistungen sollen gekürzt werden
Gleichzeitig wollen die Ökonominnen Leistungen kürzen. Dazu zählen «systemfremde Leistungen» für Kinder, die Beitragsbefreiungen für Studenten oder Personen mit Kapitaleinkommen. Die schrittchenweise Erhöhung des Rentenalters alleine sei keine garantierte Rettung der AHV, präzisierte Katja Gentinetta. Vielmehr gehe es darum, «ein dauerhaftes Absacken» der Deckung des AHV-Fonds zu verhindern.


Düstere Prognosen
Die Buchautorinnen unterstrichen ihre Forderungen mit düsteren Prognosen: Bereits ab 2013 erwartet Avenir Suisse negative Umlageergebnisse. Für das Jahr 2025 prognostiziert die Denkfabrik eine Finanzierungslücke von 14 Mrd CHF. Weil die Menschen immer älter würden, steige auch die Bezugsdauer der Pensionierten: Bezog ein Rentner 1948 durchschnittlich 12 Jahre AHV, profitierte er 2007 rund 18 Jahre von einer Rente. Bei den Frauen verlängerte sich die Bezugsdauer um 9 Jahre, wie die Ökonominnen im Buch darlegen. Es gehe nun darum, die Rentenbezugsdauer einzufrieren, sagte Gentinetta.


«Geschlechterneutrale» Anpassung
Die Geschlechterfrage tasten die Autorinnen in ihrem Buch bewusst nicht an. Die vergangenen Reformversuche hätten gezeigt, dass eine entsprechende Anpassung des Rentenalters der Frauen höchst umstritten sei, begründete Gentinetta den Entscheid. Darum setzten sie darauf, die schrittchenweise Rentenanpassung «geschlechterneutral» umzusetzen.


«Pragmatischer Anstoss»
Das Buch sei als «pragmatischer Anstoss» zu verstehen, sagte Thomas Held. Avenir Suisse wolle mit den Vorschlägen den politischen Prozess in Gang setzen. Der Think-Tank richte sich damit auch gegen «Totalumbau-Fantasien» der AHV. Ob FDP-Ständerat Felix Gutzwiller (ZH), der das Buch lektoriert hatte, eine Vorstoss plant, war von Avenir Suisse nicht zu erfahren.


Arbeitgeber und Gewerkschaften geteilter Meinung
An den Vorschlägen von Avenir Suisse scheiden sich die Geister. Der Gewerkschaftsbund lehnt sie als «Kostenverlagerung» ab. Der Arbeitgeberverband begrüsst die Idee im Grundsatz.  «Die Richtung des Avenir Suisse-Vorstosses stimmt», sagte Hans Reis vom Schweizerischen Arbeitgeberverband am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Wenn er die finanzielle Perspektive der AHV betrachte, sehe er keinen anderen Ausweg. Das AHV-Alter müsse aber eine Referenzgrösse sein, forderte Reis.


«Jugendwahn» am Abklingen
«Flexibilität beim AHV-Alter ist zentral», hielt der Informationschef des Arbeitgeberverbandes fest. So wäre auch ein langsamer Ausstieg aus dem Arbeitsleben denkbar. Wenn die Leute länger arbeiten müssten, dann sei es auch nötig, dass der Arbeitsmarkt Stellen für Ältere anbiete. Der «Jugendwahn» auf dem Arbeitsmarkt sei glücklicherweise bereits wieder am Abklingen.


SGB lehnt Vorschläge ab
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) lehnt die Erhöhung des AHV-Alters gerade mit dem Bilck auf den Arbeitsmarkt ab: «Bereits Leute ab 50 Jahren haben grösste Mühe, einen Job zu finden», sagte Colette Nova vom SGB. Ein höheres AHV-Alter bewirke nur eine Kostenverlagerung in Richtung Arbeitslosenkasse und Sozialhilfe. Zudem gehe es der AHV gar nicht so schlecht. «In den letzten Jahren erwirtschaftete die AHV Überschüsse von bis zu 2 Mrd CHF pro Jahr», hielt die SGB-Verantwortliche für Sozialversicherungen fest. Gemäss Berechnungen des SGB reicht eine Beitragserhöhung von 1,1%, um bis 2030 den Bedarf an Zusatzeinnahmen zu decken. (awp/mc/pg/20)

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