Bank of America kauft Merrill Lynch für 50 Milliarden Dollar
Die Bank of America galt lange als möglicher Retter für die angeschlagene Nummer vier der Investmentbanken. Mit der Übernahme von Merrill erlosch ihr Interesse an einem Kauf selbst der gesunden Teile des Lehman-Geschäfts vollends.
Bank of Amerika kommt zuzr ersehnten Investment-Sparte
Die zu den grössten US-Finanzhäusern zählende Bank of Amerika profiliert sich damit noch weiter als bisheriger Profiteur der Finanzmarktkrise. Im Frühjahr hatte sie bereits beim angeschlagenen Immobilienfinanzierer Countrywide zugegriffen. Mit dem Kauf von Merrill erfüllt sich die Bank of America zudem den lange gehegten Wunsch nach einer starken eigenen Investmentbank-Sparte. Als Universalbank steht das Haus mit Firmensitz in Charlotte (North Carolina) bereits nach Einlagen an der Spitze im US-Markt. Die Börsianer trauen dem Geschäft allerdings nicht: Der Kurs der Bank of America fiel zum Börsenstart um 15,38 Prozent auf Dollar, während die gerettete Merill Lynch um 23,46 Prozent auf 21,05 Euro stieg.
Dramatische Veränderung
Als «recht risikoreich» beurteilte Martin Faust, Professor an der Frankfurt School of Finance, den Kauf. 50 Milliarden Dollar sei ein «stolzer Preis» angesichts unkalkulierbarer Risiken aus früheren Geschäften und einer sich abschwächenden Konjunktur. Andererseits stehe Merrill Lynch deutlich besser da als Lehman Brothers. Für die Wall Street ist es eine drastische Veränderung: Vor gut einem halben Jahr gab es fünf unabhängige Investmentbanken, jetzt sind es mit Goldman Sachs und Morgan Stanley nur noch zwei. Merrill Lynch war ähnlich wie Lehman wegen Milliardenverlusten und einem dramatischen Kursverfall immer stärker unter Druck geraten. Der Deal bewertet Merrill mit 29 Dollar je Aktie, während das Papier am Freitag an der Börse für lediglich gut 17 Dollar gehandelt worden war.
Jubel bei Merrill Lynch
Die Bank of Amerika hatte Medienberichten zufolge bereits im Juli vergeblich bei Merrill Lynch angeklopft. Am Samstagabend aber, als die Branche zusammen mit US-Regierung und Notenbank fieberhaft um eine Rettung von Lehman Brothers rang, soll Thain selbst auf die Bank of America zugegangen sein, wie das «Wall Street Journal» berichtete. Seine Sorge: Ein möglicher Zusammenbruch von Lehman Brothers würde branchenweit zu so grossen Kursverlusten führen, dass auch seine Bank ins Wanken kommen könnte.
Übernahme bis März 2009 unter Dach
Nun entstehe aus den beiden Unternehmen die «führende Finanzinstitution in der Welt», jubelte Thain. Bis spätestens März 2009 soll die Übernahme unter Dach und Fach sein. Dabei wird eine Merrill-Lynch-Aktie mit 0,8595 Bank-of-America-Anteilen vergütet. Durch den Zusammenschluss will der Konzern jährlich 7 Milliarden Dollar vor Steuern einsparen; die volle Summe soll 2012 erreicht werden. Ab dem Jahr 2010 rechnet die Bank of America damit, dass die neue Tochter ihren Anteil zum Gewinn beisteuert.
Schon mehrere Opfer
Die Finanzkrise hat in den USA bereits mehrere kleine Opfer unter den Banken gefordert. Lehman wäre die erste Grossbank, die bankrott ginge. Als Wackelkandidat gilt derzeit noch die grösste US-Sparkasse Washington Mutual , wo ein Verkauf vermutet wird. Beim Versicherer AIG kursieren Gerüchte, er müsse sich von Konzernteilen trennen, um zu überleben.
Paulson unnachgiebig
Staatshilfen, wie bislang reichlich vergeben, scheinen in allen genannten Fällen ausgeschlossen, denn zuletzt zeigte sich US-Finanzminister Henry Paulson in dieser Frage unnachgiebig. Die Regierung war bei dem Notverkauf der Investmentbank Bear Stearns im März und zur Rettung der Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac noch eingesprungen und hatte Milliarden an Staatsgeldern in die Unternehmen gepumpt. (awp/mc/ps/01)