Bankgeheimnis: «Schwarze Liste» existiert doch

«Es hat nie eine Schwarze Liste gegeben, es ist nur ein Instrument gewesen, um die Indianer in Angst und Schrecken zu versetzen», wurde Steinbrück von der SF-«Tagesschau» zitiert. Diese Äusserungen seien «inakzeptabel, aggressiv und beleidigend», sagte die Vorsteherin des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Micheline Calmy-Rey, am Montag im Nationalrat. Botschafter Axel Berg werde ins EDA eingeladen. «Wir werden ihm dann mitteilen, wie wir über die Sache denken.»


Steinbrück misstraut Bern und Wien
Das deutsche Finanzministerium äusserte am Montag zudem Zweifel an der Bereitschaft der Schweiz und Österreichs, tatsächlich gegen Steuerflucht angehen zu wollen. Es forderte von beiden Ländern konkrete Taten. Es habe in der Vergangenheit zu viele nicht eingehaltene Versprechen gegeben. Entgegen den Äusserungen Steinbrücks und anderer Beteiligter existiert tatsächlich eine Schwarze Liste mit Steueroasen – wenn vorderhand auch nur als ein vom 5. März datierter Entwurf. Gleichzeitig schlägt die OECD eine Reihe von Massnahmen vor, die Steuerhinterzieher und -betrüger abschrecken sollen.


Lange Liste
Kopien der Dokumente liegen Tagesanzeiger.ch/Newsnetz vor. Das Online-Newsportal gewährte der Nachrichtenagentur SDA Einblick in einen Teil der Unterlagen. Auf der Schwarzen Liste wird die Schweiz neben 45 anderen Steueroasen wie Guernsey, Andorra, Liberia oder Cayman Islands aufgeführt. Die Schweiz gehört dabei zu 29 Ländern, die bisher kein Abkommen unterzeichnet haben, das den international vereinbarten Steuer-Standards entspricht. Auch Österreich, Luxemburg und Singapur zählen zu dieser Kategorie.


«Werkzeugkasten defensiver Massnahmen»
In einem ergänzenden «Werkzeugkasten defensiver Massnahmen» werden mehrere Vorschläge aufgelistet, mit denen Steuerflucht bekämpft werden soll. So könnten Steuerzahler oder Unternehmen, die Überweisungen in Staaten der erwähnten Liste tätigen, gesetzlich zur Offenlegung dieser Geldströme verpflichtet werden. Ferner wird die Erhebung hoher Steuern zum Beispiel für Versicherungsleistungen, Dividenden, Zinsen oder Beraterhonorare vorgeschlagen, welche an Bewohner von Steueroasen geleistet werden.


OECD- und UNO-Standards für neue Steuerabkommen 
Zahlungen an Empfänger in «schwarzen» Ländern dürften nicht mehr von der Steuererklärung abgezogen werden oder höchstens dann, wenn den Steuerbehörden bestimmte Informationen geliefert würden. Des weiteren schlägt die OECD bei der Abfassung neuer Steuerabkommen die Aufnahme der OECD- und UNO-Standards vor. Bestehende Verträge seien durch entsprechende Zusätze zu aktualisieren. Gehe ein Vertragspartner darauf nicht ein, sei mit der Kündigung der Verträge zu drohen.


Sanktionen angedroht 
Als weiteres Werkzeug im Kampf gegen Steueroasen schlägt die OECD internationalen Organisationen und Entwicklungsbanken vor, in Ländern der schwarzen Liste keine Gelder mehr zu investieren. Auch bei bilateralen Hilfsabkommen seien der Steuertransparenz und dem Informationsaustausch ein besonderes Gewicht beizumessen. (awp/mc/ps/28)

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