Bernhard Bauhofer: Wettbewerbs-Strategien in der globalisierten Philanthropie

Der Wohltätigkeit dieser Menschen ist mit Blick auf die Fülle der globalen Probleme – Armut, soziale Ungleichheit, Bildung, Umweltprobleme, Krankheiten – keine Grenzen gesetzt.


Ja, aber..
In der aktuellen Finanzkrise wurden die Reichen und Superreichen besonders hart getroffen. Laut aktuellem Global Wealth Report ist die Zahl der Personen, die netto über ein Finanzvermögen von mehr als 1 Mio. $ verfügen, innert Jahresfrist um 1,5 Millionen Personen gesunken. Um fast 25% reduzierte sich die Zahl der der Ultra high net worth individuals mit einem Finanzvermögen von über 30 Mio $. Welche Auswirkungen dieser massive Einbruch der Vermögen auf das totale Spendenvolumen haben wird, ist noch nicht abzusehen. Sicherlich wird der «Financial Squeeze» den Druck auf die Effektivität der Massnahmen weiter erhöhen. Zudem wächst bei den Wohltätigen die Sorge, dass ihre Spende nicht ankommt oder zweckentfremdet eingesetzt wird. Der Tsunami hatte förmlich zu einer Gegenwelle von Spenden weltweit geführt, die grossenteils nicht bei den Opfern ankamen und bei korrupten Regimen versickerten. Aber auch Skandale wie beim Traditionsunternehmen Unicef, wo Spendengelder angeblich veruntreut wurden, wirft ein Schatten auf das Geschäft mit der Wohltätigkeit. Philanthropen verlangen aus gutem Grund  eine volle Transparenz über den Weg ihrer Spende bis zum Empfänger. 


Das 2 Millionen Dollar-Steak
Insbesondere Wohlhabende, die nicht mit einer Geldspende mal schnell ihr schlechtes Gewissen beruhigen wollen, fordern mehr Transparenz und Kontrolle. Die «Show-Philanthropen,» die für ein Mittagessen mit dem Orakel von Nebraska Warren Buffet schnell mal einen Auktionspreis von über 2 Millionen Dollar bezahlen, werden zukünftig eine Ausnahme bleiben. Eine Stiftung oder ein philanthropisches Projekt sind für reiche und berühmte Menschen eine Chance, nachhaltig zur Besserung der Welt einen Beitrag zu leisten und sich für die Nachwelt zu verewigen. Für die meisten bleibt die Gründung und Leitung einer Stiftung jedoch eine grosse Herausforderung, dessen zeitlicher Aufwand für die meist viel beschäftigten Menschen eine Belastung darstellt.


Die modernen Helfer der Geber
Parallel mit der Zahl der Vermögenden ist auch eine neue Industrie der Berater ent-standen. Vermögensberater, Treuhänder, Family Offices und Experten im Estate Planning schiessen wie Pilze aus dem Boden. «Estate Planning» umfasst die Planung der Generationen übergreifenden Gesamtvermögensnachfolge, welche vor dem Hintergrund zunehmend national und international verflochtener Vermögen, immer anspruchsvollerer Steuergesetze und häufig nicht oder nur unzureichend vorhandener Nachfolgeregelungen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Ein Fülle von Einrichtungen wie das britische «Institute for Philanthropy» führen die Reichen mit Kursen an die Philanthropie-Thematik und profitieren von deren Non-Profit-Engagements.


Die neuen Gesichter der Philanthropie
Neben den etablierten Spielern wie Bill Gates, Warren Buffett, oder Thomas Schmidheiny entsteht eine neue Generation von Philanthropen, die schon in jungen Jahren ihr Vermögen in Projekte investiert und Ihre Berühmtheit für die guten Zwecke einsetzen. Dabei entstehen neue Spielarten der Philanthropie: 


1. Philantro-Capitalism
Für den Medienstar Oprah Winfrey bietet mit der von ihr gegründeten Schule 150 von ihr selbst ausgewählten südafrikanischen Mädchen, eine Chance zum Ausbruch aus der Armut. Da die Geberin den PR-Effekt gezielt für ihre Publicity einsetzt, wird die Aktivität auch zunehmend als «Capitalistic Philanthropy» kritisiert.


2. Celantrophists
Die Berühmtheiten, auch Celebrities, im Sport und Showgeschäft kommen in jungen Jahren zu Vermögen. Gerade in den aufstrebenden Ländern setzen sie ihre Bekanntheit für die Verbesserung der Lebensumstände von Armen ein. Die beiden Kolumbianer zählen Juanes und Shakira heute weltweit zu den grössten Philanthropen. Sie verfolgen jedoch unterschiedliche Strategien. Während Shakira private Vermögende für Ihre Kinderstiftung gewinnt, nimmt Juanes gezielt Einfluss auf die Weltpolitik. Als erster Künstler überhaupt trat er im Europäischen Parlament auf und sensibilisierte die Mächtigen der Welt auf das gravierende Landminenproblem in seiner Heimat. In 2008 gewann er finanzielle Unterstützung vom deutschen Aussenminister Walter Steinmeier und dem spanischen Ministerpräsidenten. Im Konfliktgebiet zwischen Venezuela und Kolumbien gab er vom 200 000 Zuschauern ein Friedenskonzert. Im Juni dieses Jahres warb er bei der neuen US Aussenministerin Hillary Clinton um Unterstützung für seinen Kampf gegen die Landminen und für den Frieden in Kolumbien.


3. Philanthro-Tourism
Wer das Geld oder die Zeit für eine eigene Stiftung nicht hat und sich auch nicht mit dem Spenden begnügen will, kann sich über den so genannten Philanthropie-Tourismus aktiv in seiner Freizeit für gute Dinge einsetzen. Berühmtes Beispiel ist der englische Prinz William, der sich eine Auszeit in Chile gönnte und mit 100 freiwilligen Helfern 10 Wochen lang im abgelegenen Ort Tortel Hand anlegte.&


4. Virtuelle Philanthropie
In der Allokation von Spendengeldern spielt das Internet eine wachsende Rolle. Neben den zahlreichen Beratern kommen auch virtuelle Netzwerke zum Tragen. Die Plattform «The Big Give» kanalisiert Spenden zu Projekten wie  «Womankind», das Frauen in Entwicklungsländern hilft oder Ethiopaid, das die Armut in Äthopien bekämpft. Die Online Wohltätigkeitsauktionsplattform BiddingForGood.com verbindet den Spass des Bietens mit dem Geben.


Resümee: Auch trotz der massiven Auswirkungen der Finanzkrise bleibt der Wunsch der Reichen zu geben intakt. Er geht jedoch verstärkt einher mit der Forderung, die Kontrolle über ihr gespendetes Geld zu behalten und gezielt Einfluss auf die Projekte zu nehmen.





Bernhard Bauhofer
ist Gründer und Managing Partner der auf Reputation Management spezialisierten Unternehmensberatung Sparring Partners und ehrenamtlicher Vertreter der Mi Sangre Stiftung des kolumbianischen Stars und Philanthropen Juanes.

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