Business Solution Group: Software-Migration – viel mehr als ein technisches Thema

1. Warum ist Migration ein Thema?
Heutige IT-Landschaften in Unternehmen sind oftmals ein komplexes Gefüge aus PCs, Midrange-Systemen und Mainframes. Obwohl diese über Jahre gewachsenen Landschaften häufig nicht mehr dem neusten technischen Stand entsprechen, halten viele Unternehmen daran fest und arbeiten mit veralteter Software. Grundgedanke einer Migration ist, ein existierendes System auf eine neue Plattform zu überführen und die Funktionalität des alten Systems uneingeschränkt beizubehalten.



2. Software-Migration – Notfall oder strategische Neuorientierung?
Vielfach wird die Auffassung vertreten, dass Migrationsprojekte lästige Pflichtübungen sind, um veraltete Hardware und Software abzulösen. Ein breites Spektrum anderer Aspekte zeigt, weshalb ein Migrationsprojekt notwendig, sinnvoll und von strategischer Bedeutung für das Unternehmen sein kann. Nicht mehr die einzelne Anwendung, sondern die IT-Landschaft als Ganzes rückt in den Mittelpunkt der Betrachtungen des IT-Managements.

2.1 Auslöser einer Migration
Veränderungen am Markt zwingen Unternehmen kontinuierlich auf Neuerungen zu reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Erfolgreiches Business wird in Zukunft nur möglich sein, wenn es gelingt, einerseits die internen Strukturen der fusionierten Firmen effizient und flexibel an die Markteinflüsse anzupassen, andererseits die heterogenen IT-Systeme der einstmals eigenständigen Unternehmen so zu integrieren, dass die operativen Prozesse optimal ablaufen können. Nicht selten behindern unabhängig voneinander entwickelte Systeme und unterschiedliche Kommunikations-protokolle Fortschritt und Innovation. Als Ausweg aus dem Dilemma sehen viele Analysten und Berater den Einstieg in so genannte serviceorientierte Architekturen (SOA). Ein weiterer Auslöser für Migrationen ist das Auseinandergehen von zuvor fusionierten Unternehmen oder die Abspaltung von einzelnen Unternehmensteilen in eigenständige Gesellschaften.

2.2 Potentiale einer Migration
Unternehmen können durch die Ablösung veralteter Systeme Mehrwert in drei Bereichen erzielen: Produktivitätssteigerung, Kostensenkung, Zukunftssicherheit.
Produktivitätssteigerungen werden in verschiedenen Bereichen erzielt. Die Ablösung der Altsysteme beugt den Folgen eines zunehmenden Know-how-Verlustes in der IT-Abteilung vor. Reibungsverluste und Qualitätsmängel werden verhindert. Schlanke, durchgängige IT-Prozesse sind Voraussetzung für eine höhere Produktivität. Die Harmonisierung der Systemlandschaft führt zur Verringerung der System-, Daten- und Schnittstellenkomplexität und damit zu geringeren Betreuungskosten. Durch die Ablösung von Altsystemen werden Wartungs- und Pflegeaufwand reduziert. Die eingesparten Mittel im Systembetrieb können von den Unternehmen gezielt eingesetzt werden, um strategische Investitionen zu tätigen und die zukunftsorientierte Ausrichtung des Unternehmens sicherzustellen.

2.3 Was und wann sollte migriert werden?
Zur Erstellung eines Portfolios sind zunächst alle Legacy Applikationen zu inventarisieren und ihr derzeitiger und zukünftiger Wert für das Unternehmen entlang der verschiedenen Geschäftsprozesse abzuschätzen. Systeme, die eine hohe technische Qualität aufweisen und sehr wertvoll für das Unternehmen sind, sollten unbedingt erhalten und weiterentwickelt werden. Bevor eine Migration durchgeführt wird, sollten zunächst evolutionäre Ansätze weiterverfolgt werden. Kritisch sind Systeme, die eine geringe technische Qualität haben, aber gleichzeitig sehr wertvoll für das Unternehmen sind. Bei der technischen Beurteilung ist zu prüfen, ob ein System grundsätzlich für eine Migration in Frage kommt und welche Alternativsysteme zur Verfügung stehen.

2.5 Risiken einer Migration
Neben allgemeinen Projektrisiken erscheinen auch migrationsspezifische Risiken. Eine entsprechende Untersuchung zeigte, dass in 83% aller Projekte Probleme auftraten. Als häufigstes Problem wurden unerwartete Downtimes, d.h. Zeiten, in denen das System nicht funktioniert, angegeben, gefolgt von technischen Kompatibilitätsproblemen, Datenkorruption, Performance-Problemen und Datenverlust. Wird berücksichtigt, dass sich die Kosten einer Downtime auf einige Millionen Dollar pro Stunde belaufen können, so kann eine ungeplante Downtime unter Umständen ganz erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Situation des Unternehmens haben. Vor diesem Hintergrund sollte dem Risikomanagement bei Migrationsprojekten unbedingt von Anfang an Beachtung geschenkt werden. Darüber hinaus sollten folgende Risiken im Auge behalten werden:



  • Die Komplexität der im Altsystem enthaltenen Fachlichkeit wird unterschätzt und Teile der Geschäftsregeln gehen verloren.
  • Organisatorische Risiken, da bei der Umstellung möglicherweise neue Geschäftsprozesse eingeführt werden, die noch «reifen» müssen.
  • Widerstände der Mitarbeiter und Systemeigner, da die Umstellung oder Ablösung des Systems Machtverluste für einzelne Mitarbeiter oder Organisationseinheiten bedeuten kann.

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3. Migration – mehr als nur ein technisches Thema
Ein Migrationsprojekt sollte niemals nur aus einem rein technischen Blickwinkel betrachtet werden. Je grösser das Umstellungsprojekt ist, desto wichtiger sind auch andere Einflussfaktoren.

3.1 Technische Rahmenbedingungen
Es wird nach drei Typen von Altsystemen nach ihrer Strukturierung unterschieden: voll zerlegbare Systeme, teilweise zerlegbare Systeme, nicht zerlegbare Systeme. Darüber hinaus beeinflussen folgende Rahmenbedingungen ein Migrationsprojekt:



  • Qualität der heutigen Datenbanken und die Datenintegrität
  • Anzahl und Komplexität der Schnittstellen zu anderen internen und externen Systemen
  • Umfang und Aktualität der verfügbaren Systemdokumentation

3.2 Organisatorische Rahmenbedingungen
Geeignete organisatorische Rahmenbedingungen bilden eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen eines Migrationsprojektes. Wichtig ist dabei die frühzeitige Einbindung aller betroffenen Fach- / Geschäftsbereiche. Für die Akzeptanzsicherung in den Fachbereichen und die Motivation des Migrationsteams ist eine deutlich spürbare Unterstützung durch das Management bedeutend.


4. Migrationsstrategien
Für die Migration von Systemen sind verschiedene Migrationsstrategien entwickelt worden. Im Folgenden werden zwei Migrationsstrategien – die inkrementelle Migration und die Stichtags-umstellung – vorgestellt und deren Vor- und Nachteile herausgearbeitet.

4.1 Inkrementelle Migration
Die inkrementelle Migration basiert auf einem Stufenkonzept. Sie wird in viele kleine Schritte aufgeteilt, die iterativ durchlaufen werden. Dies setzt zwingend voraus, dass das Altsystem zerlegbar ist. Die Beschreibung basiert auf entsprechenden Wissensbausteinen, wie unter www.softwarekompetenz.de beschrieben.

4.2 Big-Bang-Umstellung (auch Stichtagumstellung oder «Cold Turkey» genannt)
Unter einem «Big Bang»-Ansatz versteht man eine Vorgehensweise, bei der das komplette System auf einmal umgestellt wird. Parallel zum Betrieb des Altsystems wird das neue System entwickelt, getestet und betrieben. Die Stichtagsumstellung ist mit grossen Risiken verbunden.

4.3 Vor- und Nachteile der Migrationsstrategien
Sowohl die inkrementelle Migration als auch der Big-Bang-Ansatz haben Vor- und Nachteile. Eine generelle Aussage, welcher Ansatz besser ist, ist daher nicht möglich. Vielmehr sollten das System an sich sowie die Ausgangssituation im Unternehmen und im Projekt berücksichtigt und die passende Strategie ausgewählt werden.


4.4 Anforderungen an eine Migration
Damit eine Migration erfolgreich sein kann, sind mindestens folgende Anforderungen zu erfüllen:



  • Der ununterbrochene, sichere und zuverlässige Betrieb ist zu garantieren.
  • Nur so viele Änderungen durchführen wie notwendig, um Anforderungen abzudecken.
  • Nur so wenige Änderungen durchführen wie möglich, um Umfang und Risiko der Migration zu minimieren. Je komplexer eine Migration, desto grösser das Risiko.
  • Alten Code so wenig wie möglich abändern, um Risiken zu minimieren.
  • Alten Code soweit abändern, dass er die Migration unterstützt.
  • Möglichst grosse Flexibilität (Architektur) einbauen, um zukünftige Änderungen zu erleichtern.
  • Negative Auswirkungen der Änderungen möglichst minimieren.
  • Nutzen moderner Technologien und Methoden maximieren.

(BSG/mc/hfu)





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