Charlie Matter, CEO Finnova AG: «Es ist unser Ziel, zu einem wichtigen Anbieter im Privatbankensektor zu werden»

von Patrick Gunti


Herr Matter, finnova AG Bankware hat Ende 2006 mit der Anker Bank, der Privatbank-Tochter der Genfer Kantonalbank BCGE den Weg zurück ins Geschäft mit den Privatbanken gefunden und im Januar mit der Alternativen Bank ABS nachgelegt. Wie wichtig ist dieser Schritt?


Dieser Schritt ist für uns äusserst wichtig. Denn er entspricht unserer strategischen Zielsetzung in Bezug auf das Private Banking, wo wir uns mittelfristig wieder als Anbieter einer Standardlösung etablieren wollen. Unsere Lösung verfügt schon heute über die dazu nötigen Funktionalitäten, wurde sie doch in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Privatbanken entwickelt – die Wurzeln der Finnova liegen ja auch im Private Banking.

Welche Ziele haben Sie sich im Geschäft mit den Privatbanken in den kommenden Jahren gesetzt?


Wie gesagt beabsichtigen wir, unsere Erfolgsgeschichte der letzten drei Jahre auch im Private Banking fortzusetzen. Es ist unser Ziel, zu einem wichtigen Anbieter im Privatbankensektor zu werden. In Zukunft wollen wir bei den Evaluationen in diesem Bereich zu jenen Anbietern gehören, an die bei einer Ausschreibung automatisch gedacht wird. Da liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor uns. Ich zweifle jedoch nicht, dass wir das erreichen können und werden.


Kann die Gesamtbankenlösung Finnova alle von einer Privatbank benötigten Funktionen abdecken?


Finnova deckt neben allen anderen Funktionen auch das Wertschriftengeschäft als Kernelement des Private Banking umfassend ab. Dies beweisen einerseits unsere kontinuierlichen Marktbeobachtungen und Vergleiche, in denen wir gut abschneiden. Anderseits betreiben einige unserer Kunden, so die Graubündner und Schaffhauser Kantonalbank mit unserem Paket ein umfassendes Private Banking Geschäft. Und mit der Genfer Kantonalbank hat sich ein Börsenmitglied, eine A-Bank, nach einer sorgfältigen und sehr eingehenden Evaluation für unsere Wertschriften- respektive Privatbankenfunktionalität ausgesprochen – alle die genannten Fakten sprechen für Finnova.

Künftig werden wir den Privatbanken allerdings eine spezifische Lösung anbieten – die entsprechenden Details kommunizieren wir noch in diesem Jahr.


«Die Entscheidung der Genfer Kantonalbank (…) belegt die breite Funktionalität, die Flexibilität, die Effizienz und die Modularität unserer Lösung.» (Charlie Matter, CEO Finnova)


Gleichzeitig mit der BCGE und der Anker Bank wird Ihre Gesamtbankenlösung auch bei dem Vermögensverwalter Synchrony Asset Management eingeführt. Was eröffnet dies für Finnova im Bereich der Vermögensverwalter für Perspektiven?


Die Entscheidung der Genfer Kantonalbank, sowohl für den Universalbanken-, den Privatbanken- und den Vermögensverwaltungsbereich auf Finnova zu vertrauen, belegt die breite Funktionalität, die Flexibilität, die Effizienz und die Modularität unserer Lösung. So hat die Synchrony Asset Management als klassische Vermögensverwalterin kein Backoffice und entsprechend wird unsere Lösung parametrisiert und eingeführt.


Anfang Jahr hat die Graubündner Kantonalbank den Systemwechsel vollzogen. Ist das Projekt Ihren Erwartungen entsprechend verlaufen und welche Lehren können daraus für künftige Projekte gezogen werden?


Mit der Graubündner Kantonalbank haben wir Finnova erstmals in einer Bank dieser Grösse eingeführt und dies vor allem «on time». Unser System läuft absolut stabil und performant. Auch die Verantwortlichen der Graubündner Kantonalbank äussern sich sehr zufrieden. Mit diesem Erfolg hat die Finnova AG eindrücklich bewiesen, dass wir auch in einer höheren Liga mitspielen können.
 
Mit der GKB steht Ihre Software nun bei acht von 12 Kantonalbanken, die sich für die Lösung entschieden haben, im Einsatz. Wie sieht der weitere Akquisitionsplan für Kantonalbanken aus?


Unser formuliertes Ziel, die Hälfte aller Kantonalbanken mit Finnova zu bedienen, haben wir erreicht – damit könnten wir eigentlich schon sehr zufrieden sein. Aber: Es gibt noch Akquisitionspotenzial, und wir verfolgen die entsprechenden Entwicklungen sehr aufmerksam. Wir sind auf jeden Fall bereit und hätten nichts dagegen, weitere Kantonalbanken in unserer Community zu begrüssen.


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Die Kantonalbanken als Mehrheitsaktionäre und Kunden zugleich reduzieren bis Anfang 2009 ihren Aktienanteil auf 40 %. Im Gegenzug hat das deutsche IT-Beratungs- und Systemsintegrationsunternehmen msg systems ag eine Beteiligung von 20 % erworben, die bis Anfang 2009 auf knapp unter 50 % ausgebaut werden soll. Was spricht für msg als neue Grossaktionärin?


Bei dieser recht aufwändigen Evaluation stand eine marktorientierte Governance im Vordergrund. Wir wollten der Finnova ein Umfeld zur Verfügung stellen, in dem sich das Unternehmen optimal weiterentwickeln kann. Die msg systems ag als strategischer Investor ist in Deutschland unter anderem Marktführerin in Fragen der Gesamtbankensteuerung. Wir untersuchen zurzeit, wie Entwicklungen koordiniert und Funktionalitäten optimal aufeinander abgestimmt werden können – dies immer mit dem Ziel, unseren Kunden eine noch umfassendere Gesamtlösung anzubieten. In diesem Bereich erwarte ich im ersten Semester eine weitere Ankündigung. 


Wird die msg zur Konkurrenz für die aktuellen Implementationspartner?


Nein, das ist nicht vorgesehen; die bestehenden Partnerschaften bleiben bestehen – das wurde auch mit msg so vereinbart.


MSG kann damit den Schweizer Markt intensiver bearbeiten – wie sieht es im umgekehrten Fall aus?


Selbstverständlich ergibt sich eine neue Ausgangslage für eine Expansion in den deutschsprachigen Raum, vor allem nach Deutschland. Da weckt eine Partnerschaft mit msg in der Tat Phantasien. Wer weiss aber schon, was in fünf Jahren alles sein wird. 


«Obwohl das Ausland insgesamt mittelfristig interessante Perspektiven bietet, hat die Schweiz für uns erste Priorität.» (Charlie Matter, CEO Finnova) 


Avaloq, ein grosser Konkurrent auf dem Schweizer Bankensoftware-Markt, hat die Internationalisierung neulich zur «Überlebensstrategie» erhoben. Wie stark kann das Ausland für finnova AG Bankware mittel – und langfristig zum Thema werden?


Für die Finnova AG ist das keine Überlebensstrategie, unsere Entwicklung ist auch ohne Auslandexpansion nachhaltig gesichert – dies in Bezug auf das Unternehmen und das Produkt. Obwohl das Ausland insgesamt mittelfristig interessante Perspektiven bietet, hat die Schweiz für uns erste Priorität.


Zurück ins Inland: Die Eröffnung einer Filiale in der Romandie im letzten Frühling hat sich mit dem Genfer Kantonalbank-Deal bereits gelohnt. Welche Perspektiven eröffnen sich langfristig mit der Präsenz im Welschland?


Zurzeit zählt die Finnova AG vier Kantonalbanken aus der Romandie zu ihren Kunden. Die Westschweiz spielt für uns eine wichtige Rolle, unsere Präsenz vor Ort ist deshalb unabdingbar und darauf basierend wollen wir unsere Kundenbasis in dieser Region weiter ausbauen.


Die Erneuerung von Bankensoftware ist seit vielen Jahren ein grosses Thema. Wo stehen wir heute und welche Entwicklungen haben Sie speziell im vergangenen Jahr feststellen können?


Wir haben den Vorteil, dass wir unsere Lösung von Grund auf neu konzipiert und entwickelt haben – und dies auf moderner Technologie mit modernen Tools. Insofern entspricht unsere Plattform den aktuellsten Anforderungen. Dennoch wird Finnova laufend weiterentwickelt, sei es im regulatorischen, sei es im technischen Bereich. Natürlich erweitern wir auch laufend die Funktionalität. So wurde unter anderem die erste Phase der integrierten Kreditberatung oder eine neue noch umfassendere Internetbanking-Version in Betrieb genommen.


Fragen Sie mich nach den wichtigen Entwicklungen des letzten Jahres, so denke ich auch an die Fragen rund um die Service Oriented Architecture: Finnova hat sich dieser Problematik der standardisierten Schnittstellen schon früh angenommen und verfügt mit Finnova OPAL®, den Open Architecture Layers, über eine sehr innovative Lösung. Ein Beispiel dafür ist, dass die Glarner Kantonalbank den Zahlungsverkehr an die PostFinance ausgelagert hat, während die drei anderen Säntis-Banken auf eine andere Lösung vertrauen – so verfügen die Kunden bei technologischen Fragen über die grösstmögliche Entscheidungsfreiheit und Flexibilität.
Insgesamt ist die Weiterentwicklung unserer Software nie abgeschlossen, die Modernisierung erfolgt kontinuierlich. Schon während der Umsetzung gilt es, den Markt laufend zu verfolgen, relevante Mainstreams zu erkennen und diese rechtzeitig in der eigenen Lösung zu integrieren.


Und in welchen Bereichen erwarten Sie künftig die grössten Herausforderungen?


Die externen Herausforderungen im Bereich der Technologie, der Regulatorien und den neuen Funktionen wurden bereits erwähnt. Für die Finnova AG geht es kurzfristig sicher auch darum, das rapide Wachstum zu verkraften und die richtigen Fachleute im Markt für unser Unternehmen und unsere innovative Lösung zu gewinnen?..und dann haben wir noch viele weitere Ideen?..


Herr Matter, besten Dank für das Interview. 





Zur Person:
Charlie Matter (Jahrgang 1956) ist seit 1999 CEO und Delegierter des Verwaltungsrates der Finnova AG. Zuvor war der Betriebsökonom HSG als Organisationsberater bei IBM (Bereich Banken und Versicherungen), als Vizedirektor der Telekurs AG sowie als Geschäftsführender Direktor und Mitglied der europäischen Geschäftsleitung der Selecta AG tätig.


Zum Unternehmen:
Die finnova AG Bankware blickt auf mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Bankensoftware zurück. Im Herbst 2003 wurde die modulare Gesamtbankenlösung namens Finnova fertig gestellt. Neben der ständigen Weiterentwicklung der Software stehen heute die Implementierung und die Vermarktung von Finnova im Zentrum. Die mehr als 150 Mitarbeitenden des Lenzburger Softwarehauses verfügen über ein profundes Know-how und eine grosse Erfahrung in der Konzipierung und in der Realisierung einer zukunftgerichteten Bankensoftware.

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