Christian Vollmer, CEO und VR-Präsident Escor AG: «Wir suchen neue Möglichkeiten im Casino-Bereich»

Von André Schäppi

 


Moneycab: Herr Vollmer, wann haben Sie zum letzten Mal an einem Rouletttisch gesessen?


 


Christitan Vollmer: Das war vor einem halben Jahr im Ausland. Ich darf ja in der Schweiz – wie übrigens alle Organe von Casinos – nicht spielen.


 


Finden Sie das schade?


 


(lacht) Nein, denn ich bin nicht gerade ein leidenschaftlicher Spieler.


 


Ende letztes Jahr hat die Admiral Casinos & Entertainment (ACE) versucht, die Escor durch eine unfreundliche Übernahme in ihren Besitz zu bringen. Was ist seither geschehen?


 


Seither haben verschiedene Gespräche auf der Ebene unserer Verwaltungsräte stattgefunden. In der Folge wurde dieser, aus der damaligen Sicht, unfreundliche Versuch fallengelassen. Es hat sich in den Gesprächen herausgestellt, dass unser Eindruck eines unfreundlichen Übernahmeversuchs eher auf einer unglücklichen Kommunikation denn auf einer wirklichen Absicht basiert hat. Und weil wir eben diesen Eindruck hatten, haben wir das auch als Übernahmeofferte gemeldet.


 


Mit ACE verbindet Escor eine Partnerschaft (zum Beispiel der Betrieb des Casinos Locarno und Beteiligungen an einem Spielbetrieb in San Marino). Daneben gibt es Pläne für gemeinsame Casinos in Zürich und Biel. Sind die Beziehungen durch den Übernahmeversuch unterkühlt?


 


Nein, jetzt, nachdem die Unklarheiten ausgeräumt sind, hat sich das Klima wesentlich verbessert.




«Wir sind immer noch ein Spiel- und Unterhaltungsunternehmen und wollen das auch in Zukunft bleiben»
Christian Vollmer, CEO und VR-Präsident Escor AG


Wie entwickelt sich das Casino Locarno. 2003 hat man das Casino eröffnet und rechnete mit Einnahmen von jährlich 31 Mio. Franken. Haben sich diese Vorstellungen realisieren lassen?


 


Dazu ein paar Zahlen: Wir haben 2005 einen Umsatz von 33.4 Mio. CHF erzielt, mit rund 216´000 Besuchern, das sind rund 600 Besucher pro Tag. Der Umsatz entspricht unseren Erwartungen und auch im Vergleich mit anderen Casinos können wir sehr zufrieden sein.


 


Eher Durchschnitt oder Spitze?


 


Spitze ist momentan ganz klar das Casino Mendrisio. Dann folgt Lugano und auf Platz drei Baden, wobei Lugano und Baden A-Konzessionen haben. Für eine B-Konzession ist Mendrisio wirklich eine Ausnahmeerscheinung. Locarno liegt mit seiner B-Konzession ebenfalls in einem sehr guten Umsatzbereich.


 


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Können Sie da noch zulegen?


 


Man muss sehen, dass Campione mit dem 140-Millionen Casino-Neubau von Botta vermutlich einen grossen Zulauf haben wird, den alle Tessiner Casinos spüren werden.


 


Letztes Jahr hat Escor einen dramatischen Aderlass erfahren. Das neue Spielbankengesetz verlangte die Ablösung der Glücksspielgeräte in Restaurants und Spielsalons. Die neuen Geräte wurden von den Spielern nicht akzeptiert. In der Folge sah sich Escor gezwungen, den Spielautomatenbetrieb einzustellen und gab das Geschäft auf. Wie sieht die weitere Zukunft der Escor aus?


 


Ja, wir haben uns von einem grossen Teil unseres oparationellen Geschäfts trennen müssen. Damit ist zwar auch ein grosser Teil unseres Umsatzes weggefallen. Aber dieser Entscheid war richtig. Jetzt suchen wir natürlich schon wieder neue Möglichkeiten.


 


Etwa eine stärkere Ausrichtung auf das Casino-Geschäft?


 


Ja, das wird im Casino-Bereich oder artverwandten Gebieten sein. Wir sind immer noch ein Spiel- und Unterhaltungsunternehmen und wollen das auch in Zukunft bleiben.


 


Rund 100 Mitarbeiter verloren durch die Einstellung des Spielautomatengeschäfts ihre Stelle, die Restrukturierungskosten könnten bis zu 20 Mio. CHF betragen. Wie wird das Ergebnis 2005 aussehen?


 


Wir haben letztes Jahr einen Betrag von etwa 20 Mio. CHF bekannt gegeben, der das Resultat belasten wird, das ist richtig. Aber mehr kann ich Ihnen derzeit nicht sagen.


 


Ein Going private stand zur Diskussion. Ist das nach wie vor ein Thema?


 


Das ist zwar immer wieder ein Gesprächspunkt, steht aber im Moment nicht zur Diskussion.


 


Die vorhandenen Mittel dürften kaum dazu ausreichen, das Unternehmen via Zukäufe neu zu positionieren. Steht eine Kapitalerhöhung bevor?


 


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Unser Unternehmen ist sehr gesund und verfügt über genügend finanzielle Mittel, um neue Projekte anzugehen. Eine Kapitalerhöhung ist deshalb kein Thema, ausser wenn sich für uns grössere Akquisitionen aus strategischen oder beteiligungstechnischen Überlegungen ergeben würden.


 


Würden Sie denn gerne akquirieren, wenn sich die Möglichkeit bieten würde?


 


Ja.


 


Der Entscheid für ein Casino in Zürich wird für dieses Jahr erwartet. In welchem Ausmass könnte Escor von einem positiven Entscheid profitieren?


 


Wir rechnen für dieses Jahr mit einem Grundsatzentscheid des Bundesrates, ob überhaupt über weitere Casinos diskutiert wird oder nicht. Der Entscheid, ob Zürich ein möglicher Standort werden kann und ob das Projekt von Escor zum Zug kommt, ist wohl erst im ersten Halbjahr 2007 zu erwarten.


 






Zur Person
Christian Vollmer wurde 1951 in Basel geboren. Er absolvierte die Handelsschule und gründete nach einigen Ausbildungsjahren in verschiedenen Unternehmen zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder 1973 die Escor in Fribourg. Seit 1985 ist er CEO und seit  1989 Verwaltungsrats-Präsident des Unternehmens.



Das Unternehmen
Escor ist Wegbegleiterin und Spielmacherin in der modernen Unterhaltungsspielbranche. Mit Aufbau und Betrieb von Casinos in Lugano, St. Moritz und Luzern gehörte Escor bereits in den frühen neunziger Jahren zu den Pionieren im neuen Schweizer Casinogeschäft. Dieses Know-how gehört heute zu den Kernkompetenzen des Unternehmens und wird aktiv und erfolgreich in mehreren Casinos in der Schweiz und im Ausland eingesetzt. Der Hauptsitz liegt in Düdingen (Fribourg, Schweiz), wo das Unternehmen 1973 gegründet wurde. Den Schweizer Casinobetreibern bietet Escor Service- und Supportleistungen im Betrieb und Unterhalt der Geräte an. Escor ist selber mit 36,5 Prozent am Casino in Locarno beteiligt, das im Sommer 2003 eröffnet wurde. Zudem ist Escor zusammen mit Austrian Gaming Industries AGI massgeblich am Casino San Marino mitbeteiligt. Als erstes Schweizer Unternehmen der Unterhaltungsspiel-Branche entschied sich Escor bereits 1987 dazu, sich gegenüber aussenstehenden Investoren zu öffnen. Escor Aktien werden heute an der elektronischen Börse der Schweiz gehandelt.

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