Claude Cornaz, CEO Vetropack Holding AG

von Radovan Milanovic


Im Semester Januar bis Ende Juni 2009 meldete Vetropack trotz des negativen Umfeldes nur einen Rückgang der EBIT-Marge von 16,0% auf 15,4% im Vergleich zum Vorjahr. Sie führten die gute Ertragskraft auf das straffe Kostenmanagement und gezielte Einsparungsmassnahmen zurück. Haben Sie noch weitere Kostensenkungsmassnahmen?&


Weiter gehende Kostensenkungsmassnahmen werden naturgemäss immer schwieriger. Die per 30.6.09 erreichten Kosteneinsparungen werden im zweiten Semester nicht im gleichen Ausmass anfallen. So wurden beispielsweise Unterhaltsarbeiten vom ersten ins zweite Semester verschoben, diese kosten werden jetzt anfallen. 


Negative Währungseinflüsse beeinflussten den Semesterumsatz um 8,4%. Statt -3,7% betrug dieser im Jahresvergleich -12,1%. Der Geschäftsbericht der Vetropack-Gruppe weist per 31.12.2008 keine Währungsabsicherungen vor. Haben Sie auch im vergangenen Semester keine Währungs-Hedges vorgenommen?


Die negativen Währungseinflüsse von 8.4% kommen aus der Umrechnung der lokalen Erfolgsrechnungen der Tochtergesellschaften in Schweizer Franken. Dies ist ein «Umrechnungsrisiko», dass nicht mit Währungs-Hedges absicherbar ist.


Noch 2007 haben Sie am oberen Ende der Kapazitätsauslastung produziert. Bei Revisionen erweiterten Sie jeweils Ihre Kapazitäten, indem Sie diese bei Wannenrevisionen und Wannenneubauten ausbauten. Im Vergleichszeitraum sind die Investitionen von 63,8 Mio. CHF auf 18,5 Mio. CHF, also um 71% zurück gekommen. Bedeutet dies die Einstellung der Kapazitätsausweitung, aber auch das Zurückstellen der notwendigen Erneuerungen?&


Nein, notwendige Revisionen stellen wir nicht zurück. Der Rückgang der Investitionssumme ist bedingt durch die üblichen Revisionszyklen. In diesem Jahr haben wir keine Schmelzwanne zu revidieren, im Gegensatz zu zwei Reparaturen 2008. Bezüglich des Kapazitätsausbaus ist zu vermerken, dass diese sehr wohl überlegt vorgenommen werden. Wir tun dies nur, wenn der Markt das Volumen absorbieren kann. Keinesfalls ist dies automatisch bei jeder Wannenerneuerung der Fall.


Im Glasgeschäft sind die Energiekosten wichtige Grössen. Trotz tendenziell sinkenden Energiekosten, konnten Sie noch nicht von diesen Vorteilen profitieren. Wieso nicht? Haben Sie langfristige Verträge? 


Wir haben sowohl mit unseren Kunden als auch mit unseren Lieferanten Jahresverträge, in denen die Preise lang- und mittelfristig festgelegt sind.


«Wir beeinflussen unsere Energiebilanz positiv durch permanente kleine Fortschritte. Dazu gehören beispielsweise der erhöhte Einsatz von Altglas, eine verbesserte Wärmerückgewinnung, neue Brennertechnologien oder eine optimierte Wannenführung beim Schmelzprozess.» 


In welchem Rahmen machen Sie Fortschritte in der Energiebilanz, wie bewerkstelligen Sie die Verbrauchsreduktion?


Wir beeinflussen unsere Energiebilanz positiv durch permanente kleine Fortschritte. Dazu gehören beispielsweise der erhöhte Einsatz von Altglas, eine verbesserte Wärmerückgewinnung, neue Brennertechnologien oder eine optimierte Wannenführung beim Schmelzprozess. Wir nützen jede Wannenrevisionen um ? basierend auf unseren Erfahrungen in der Praxis –  das Wannendesign zu verbessern und dadurch energiesparender zu gestalten. 


Ist für Vetropack die Eigenproduktion von Energie ein Thema, um die Abhängigkeiten zu reduzieren und die Energiekosten zu glätten?


Wir setzen als Hauptenergieträger fossile Brennstoffe ein. Eine Eigenproduktion von Strom aus der Abwärme unserer Schmelzöfen lohnt sich für uns nicht. Die Abwärme wird jedoch zur Gewinnung von Dampf und Warmwasser genutzt.


Im vergangenen Jahr hat die Vetropack Holding das Fremdkapital von 332,3 Mio. CHF auf 273,2 Mio. CHF reduziert. Andererseits konnten Sie Ihr Eigenkapital ohne Minderheiten von 542,5 Mio. CHF auf 566,3 Mio. CHF steigern. Beim aktuellen Verhältnis Fremd- zu Eigenkapital von 33% zu 67% kann normalerweise davon ausgegangen werden, dass Übernahmen bevorstehen. Im Zuge der Finanzkrise haben sich bestimmt Möglichkeiten für günstige Firmenübernahmen ergeben. Kann in nächster Zeit mit einer solchen Transaktion gerechnet werden und in welcher Region würden Sie eine Expansion sehen?


Zuviel Geld kann übermütig machen. Mit einer starken Eigenkapitalbasis haben wir nur eine der vielen notwendigen Voraussetzungen geschaffen, die es braucht, um eine Übernahme tätigen zu können. Die Krise kann sicher neue Opportunitäten schaffen, wir betrachten das Umfeld wie immer permanent. Einen exakten zeitlichen Fahrplan gibt es aber nicht. Geographisch gilt unsere Strategie unverändert, wonach wir den Fokus auf Zentral- und Osteuropa legen.


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In welchem Zeithorizont sehen Sie eine Verbesserung Ihrer Geschäftsaktivitäten?


Es ist nach wie vor sehr schwierig, einen Ausblick machen zu können. Als konsumnahe Branche haben wir den Abschwung relativ spät und abgedämpft zu spüren bekommen. Umgekehrt wird eine Erholung wahrscheinlich auch eher zögerlich einsetzen. Generell bin ich der Ansicht, dass die Krise noch lange nicht vorbei ist, auch wenn man zurzeit Gegenteiliges liest. Falls in den nächsten Monaten nach der Kurzarbeit viele Unternehmen gezwungen sind, strukturell mit Stellenreduktionen zu reagieren und die prognostizierte Arbeitslosigkeit steigt, so befürchten wir, dass die damit verbundene Unsicherheit zu einem vorsichtigen und allenfalls geänderten Konsumverhalten führen kann.


Die Erdölpreise lagen im Sommer bei knapp 150 USD pro Fass betragen, korrigierten in der Folge auf rund 35 USD und stehen wieder bei 70 USD. Haben die Erdölpreise Einfluss auf das Verbrauchsverhalten der Getränkeindustrie, bzw. der Konsumenten im Hinblick auf PET- zu Glasbehältern einen Einfluss gehabt?


Weniger als man annehmen könnte, weil auch die Produktion von Dosen ? für den Schmelzprozess ? als auch von PET-Verpackungen ? im Rohmaterial ? energieintensiv sind. Zudem darf auch der Energiebedarf zur Herstellung des Inhaltes nicht vernachlässigt werden. Der Konsument entscheidet sich meiner Meinung nach nicht rein aus Energiegründen für ein anderes Produkt, zumal ja der Recycling-Kreislauf bei Glas mit über 95 % nahezu vollständig geschlossen ist.


«Als konsumnahe Branche haben wir den Abschwung relativ spät und abgedämpft zu spüren bekommen. Umgekehrt wird eine Erholung wahrscheinlich auch eher zögerlich einsetzen.»


Gibt es neue Entwicklungen, neue Trends in der Glasindustrie?


Materialtechnisch nicht. Glas hat perfekte Eigenschaften bezüglich Natürlichkeit, Gasundurchlässigkeit sowie Geschmacks- und Geruchsneutralität. Verfahrenstechnisch gibt es sehr wohl Entwicklungen, welche darauf abzielen, den Herstellungsprozess noch besser unter Kontrolle zu halten und die Effizienz zu steigern, sprich Ausschussquoten zu reduzieren.


Gehen Sie aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise von einer Konsolidierung der Glasindustrie aus?


Kurzfristig gehen wir von keiner bedeutenden Konsolidierung aus. Mittelfristig sind solche Szenarien aber denkbar.


Welches sind Ihre grössten Konkurrenten? Wie haben diese die Finanzkrise überstanden?


Basierend auf den publizieren Halbjahresberichten stellen wir fest, dass die gesamte europäische Glasindustrie ähnlich von der Krise betroffen ist und zum Teil sogar zu schärferen Massnahmen als wir gezwungen wurde.


Herr Cornaz, besten Dank für dieses Interview.





Der Gesprächspartner
Herr Claude Cornaz ist promovierter dipl. Masch.-Ing. ETH/BWI und war 1987-89 Assistent Bereichsleiter «Management Services» bei Contraves und 1989-93 Projekt-Ingenieur bei Nestec SA, Vevey, zwei Jahre davon in Thailand, Asien. Seit 1993 leitete er bei Vetropack Holding AG den Gruppenstab Unternehmensentwicklung und ab 1995 den Fachführungsbereich Technik/Produktion/Logistik. 1996 wurde er zusätzlich zum Mitglied der Gruppenleitung ernannt und wurde 1998 Stellvertreter des Vorsitzenden der Gruppenleitung. 1998 erfolgte die Wahl in den Verwaltungsrat der Vetropack Holding AG. Seit 2000 ist er Delegierter des Verwaltungsrates.


Das Unternehmen
Vetropack ist ein börsenkotiertes Familienunternehmen mit Gruppenmanagement in der Schweiz. Vetropack zählt zu den führenden Verpackungsglasherstellern in Europa. Für die Herstellung und den Vertrieb von Verpackungsglas verfügt die Vetropack über eigene Gesellschaften in der Schweiz, in Österreich, in Tschechien, in der Slowakei, in Kroatien und in der Ukraine. Die Vetropack-Gruppe beschäftigt 3100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In 7 Glaswerken steht mit insgesamt 16 Schmelzwannen eine Produktionskapazität von über 4250 Tagestonnen Verpackungsglas zur Verfügung. 2008 wurde ein Umsatz von 752.0 Mio. Franken und ein Reingewinn von 78,5 Mio. Franken erzielt. Die Aktien der Gesellschaft werden mit dem Kürzel VET an der SIX gehandelt.

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