Das Schwarze Quadrat in Vaduz

Neben bekannten Werken wie dem Schwarzen Quadrat werden auch viele Arbeiten seiner Zeitgenossen präsentiert, welche zum Grossteil aus russischen Museen stammen und erstmals in Westeuropa gezeigt werden.


«Ich hab den blauen Lampenschirm der Farbbegrenzungen durchbrochen und bin zum Weiß weitergegangen. Schwebt mir nach, Genossen Aviatoren, ins Unergründliche! Ich habe die Signalmasten des Suprematismus aufgestellt. Ich habe die Unterlage des farbi-gen Himmels besiegt, die Farben abgerissen, in den entstandenen Sack gesteckt und zu-geknotet. Schwebt! Die freie weiße Unergründlichkeit, die Unendlichkeit liegt vor euch …»

Die Kunst der reinen Form
Kasimir Malewitsch (1879-1935) zählt zu den prägendsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts und gilt als Begründer des «Suprematismus» – die Kunst der reinen Form. Die Ausstellung «Malewitsch und sein Einfluss» stellt diesen herausragenden Künstler mit zentralen Werken aus allen Phasen seines Schaffens zwischen 1915, der offiziellen Ge-burtsstunde des Suprematismus, und dem Tod des Künstlers zwanzig Jahre später vor. Zugleich dokumentiert sie jenen Einfluss, den Malewitsch zu seinen Lebzeiten auf die Künstlerinnen und Künstler seiner Zeit hatte und wie diese den Suprematismus in die eige-ne Arbeit einbezogen, auch wenn sie ihre ganz eigenen Wege gingen.

«In der Gegenstandslosigkeit kann also nicht mehr von Kunst im althergebrachten Sinne gesprochen werden, weil man in ihr die Wirklichkeit nicht mit dem Dargestellten vergleichen kann. Die Allgemeinheit aber bewertet die Kunstwerke nach der Genauigkeit der Wieder-gabe vertrauter Gegenstände und Erscheinungen und will nicht wahrhaben, dass Kunst, die diese Bezeichnung verdient, nichts mit der genauen Wiedergabe von Tatsachen zu tun hat.»

Malewitschs Einfluss
Darüber hinaus, und dies ist erstmals in dieser Form der Fall, spürt die Ausstellung der Wirkung Malewitschs zu seinen Lebzeiten auf Künstler ausserhalb der Sowjetunion nach. 1927 unternahm Malewitsch eine Reise in den Westen, die ihn nach Polen und Deutschland führte, wo er in Dessau das Bauhaus besuchte. In Deutschland fand in dieser Zeit auch die einzige Einzelausstellung Malewitschs ausserhalb der Sowjetunion vor dem Zweiten Weltkrieg statt. Weil Malewitsch noch vor seiner Weiterreise nach Paris in die Sowjetunion zurückgerufen worden war, ist sein Einfluss allerdings bereits früh zum Erliegen gekommen.

«Die gesamte bisherige und heutige Malerei vor dem Suprematismus, die Skulptur, das Wort und die Musik, waren Sklaven der Naturformen; sie warten auf ihre Befreiung, um ihre eigene Sprache sprechen zu können und nicht mehr abhängig zu sein vom Verstand, vom Sinn, von der Logik, Philosophie, Psychologie …»

Die ungestüme Kraft des Aufbruchs
Das Kunstmuseum Liechtenstein zeigt in dieser Ausstellung Werke fast ausschliesslich aus den 1920er Jahren und dokumentiert somit, mit welcher Intensität es Malewitsch verstand, seine Ideen zu vermitteln und als substanziellen Beitrag zur Gestaltung einer neuen Welt durchzusetzen. Zugleich scheint darin die besondere Aufbruchsstimmung auf, die dieses Jahrzehnt kennzeichnet. Zu sehen sind neben bekannten Werken von Malewitsch, wie dem Schwarzen Quadrat, unter anderen Arbeiten von Gustav Klucis, El Lissitzky, Liubov Popova, Alexander Rodtschenko und Warwara Stepanowa. Ein Grossteil der ausgestellten Werke stammt aus russischen Museen und viele werden zum ersten Mal in Westeuropa gezeigt.(kml/mc/th)

Kasimir Malewitsch







«Die Welt als Empfindung der Idee, unabhängig vom Bild – das ist der wesentliche Inhalt der Kunst. Das Quadrat ist nicht das Bild. So, wie der Schalter und der Stecker auch nicht der Strom sind.» KASIMIR MALEWITSCH (1879-1935)
1895-1896 Studium an der Zeichenschule in Kiew.
1905-1910 Besuch des Ateliers von F. Rerberg in Moskau. Mitgliedschaft in Künstlervereinigungen und Teilnahme an deren Ausstellungen: Moskauer Künstlergenossenschaft (1907), »Ka-ro-Bube« (1910, 1914, 1917), »Eselsschwanz« (1912), »Union der Jugend« (seit 1913), »0,10« (1915-1916), »Zielscheibe« (1913), »Tramway W« (1915), »Magazin« (1915), »Welt der Kunst« (1917).
1915-1916 Organisation der Gruppe »Supremus«.
1917-1918 Kommissar für den Schutz der Denkmäler im Kreml.
1918-1919 Mitarbeit in der Abteilung ISO NARKOMPROS und Lehrer an den GSChM in Petrograd.
1919-1922 Lehrer an der Kunstschule in Witebsk, Gründer der Vereinigung UNOWIS (1920).
1923 Leiter des Museums für Künstlerische Kultur in Petrograd.
1924-1926 Direktor und Leiter der formal-theoretischen Abteilung am GIN-ChUK.
1927 Ausstellungen in Warschau und Berlin.
1929 persönliche Übersichtsausstellung in der Tretjakow Galerie in Moskau.
1930 Festnahme als vermeintlicher deutscher Spion und zweiwöchige Inhaftierung bei der Leningrader OGPU.
1932-1933 Leiter des Experimentallabors im Staatlichen Russischen Muse-um in Leningrad.

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