Deutschland: Defizit im laufenden Jahr geringer als befürchtet

Zuvor hatte bereits ein führender Vertreter des Berliner Finanzministeriums die Defizitprognose auf 4,0 Prozent gesenkt. Das Bundesfinanzministerium hatte im Juli für das laufende Jahr offiziell eine Defizitquote von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Aussicht gestellt. Erst 2011 sollte nach dieser Prognose das Defizit auf rund 4,0 Prozent zurückfallen. Der Staatssekretär im Finanzministerium Jörg Asmussen hat die Defizit-Prognose allerdings beim Ministertreffens in Brüssel für 2010 auf 4,0 Prozent gesetzt. Damit würde Deutschland aber weiterhin deutlich über der Defizitgrenze des Vertrags von Maastricht von 3,0 Prozent liegen.


Konjunkturelle Erholung verringert deutsches Defizit
Unter dem Eindruck der Folgen der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise hatten Experten für das laufende Jahr zeitweise Defizit-Raten von bis zu 6,0 Prozent befürchtet. Neben Axel Weber sagte auch der Staatssekretär im Finanzministerium Jörg Asmussen, dass eine unerwartet starke konjunkturelle Erholung das deutsche Defizit stärker nach unten drückt als bisher erwartet. Asmussen vertritt auf dem informellen Treffen der europäischen Finanzminister den erkrankten Amtsinhaber Wolfgang Schäuble, der sich für mehrere Wochen im Krankenhaus befindet.


Deutschland ist ‹Wachstumslokomotive im Euroraum›
Deutschland ist die treibende Kraft für die wirtschaftliche Erholung in Europa. «Deutschland ist die Wachstumslokomotive im Euroraum», sagte Bundesbankpräsident Axel Weber am Freitag nach einem zweitägigen Treffen der EU-Finanzminister und -Zentralbankchefs in Brüssel. «Wir sehen das als Dividende früherer Reformen.» Allerdings hat sich die grösste europäische Volkswirtschaft noch längst nicht von der schärfsten Rezession der Nachkriegszeit erholt. «Wir haben in Deutschland gerade mal die Hälfte des Einbruchs im Bruttoinlandsprodukt wieder aufgeholt», sagte Weber. «Wir sind nicht im Jahr eins nach der Krise, sondern mit der Bewältigung der Krise beschäftigt.»


Mit Defizit von 4,0 Prozent des BIP gerechnet
Von der noch vor einigen Monaten so nicht erwarteten Erholung der deutschen Wirtschaft profitiert auch der Staatshaushalt, dessen Defizit nun weniger stark ausufert als vorhergesehen. Für 2010 rechnet das Bundesfinanzministerium mit einem Fehlbetrag von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen von 4,0 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), nach zuletzt 4,5 Prozent.


Maximal 3 Prozent erlaubt
«Wir konnten das nach unten korrigieren aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung», sagte Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen am Freitag in Brüssel am Rande des EU-Ministertreffens. Erlaubt sind nach den Spielregeln der Europäischen Währungsunion jedoch nur maximal 3 Prozent. Bundesbankpräsident Weber mahnte Berlin: «Unser Eindruck ist, dass man die Spielräume für die Konsolidierung nutzen muss.»


Schwächere Wachstumsdynamik «persönlich als positiv» gewertet
Grössere Risiken für einen erneuten Einbruch sieht Weber trotz der immer noch brüchigen US-Konjunktur nicht. «Der Aufschwung weltweit ist intakt». Allerdings gebe es im 2. Halbjahr 2010 global eine schwächere Wachstumsdynamik. Der Bundesbankpräsident wertet dies «persönlich als positiv», weil es zuvor in einigen Schwellenländern Anzeichen für eine Überhitzung gegeben habe. (awp/mc/ss/22)

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