Die Stadionbauer – Martin Kull, CEO Hauser Rutishauser Suter AG

von Patrick Gunti


Moneycab: Herr Kull, als General-/Totalunternehmen macht die HRS AG immer wieder durch Grossprojekte auf sich aufmerksam. Vor allem im Bereich von Sportstadien ist die HRS sehr aktiv. Was macht dieses Segment so interessant für Ihr Unternehmen?


Martin Kull: Zum einen die hohen Anforderungen, die an ein solches Projekt gestellt werden zum anderen die unterschiedlichen Interessengruppen, wie Behörden,  Politik,  Nutzer, Wirtschaft, Anwohner. Weiter bedarf ein Projekt dieser Grössenordnung einer hoch stehenden Architektur mit einer nachhaltigen Bauweise. Und nicht zuletzt erwähnen möchte ich das enorme Know-how, das bei solch komplexen Bauten zwingen ist.


Welches sind die besonderen Herausforderungen bei Stadion-Projekten?


Bei Stadion-Projekten kommt unser gutes Netzwerk, aber auch unser über Jahre erworbenes Know-how zum Tragen.


In Thun scheiterte ein erstes Projekt beim Stimmvolk, ebenso in Aarau. Am letzten Wochenende hat es nun geklappt: Die Thuner Stimmbürger sagten «Ja» zum neuen Stadion Thun Süd. Worauf führen Sie den Stimmungswandel zurück?

Einerseits überzeugte die Lösung mit einer privaten Trägerschaft, sodass keine einmaligen oder wiederkehrenden Kosten für die öffentliche Hand entstehen. Andererseits verhalf die einfachere Vorlage, die ganz klar die Verantwortlichkeiten zwischen der Stadt Thun, dem FC und dem Entwickler, sprich HRS Hauser Rutishauser Suter AG, definierte. Ich denke auch, dass wir unser Know how als Stadionbauer bestens einbringen konnten.


Warum denken Sie, dass das neue Stadion in Biel «les stades» mit über 70 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde?


Bei diesem Projekt hat sich die lange Vorbereitungszeit bezahlt gemacht. Dies ermöglichte eine optimale Integration der Bieler Bevölkerung wie auch der ansässigen Parteien. Weiter begeisterte das interessante Finanzierungskonzept, wo die öffentliche Hand Eigentümerin des Stadions bleibt.


Wie sehr hat der grosse Rummel rund um den FC Thun in den letzten Wochen vor der Abstimmung Ihre Zuversicht beeinträchtigt?


Kaum. Wir vertrauten auf die Fähigkeit der Stimmbürger, die beiden Themen zu separieren, was sich auch bewahrheitete.


«In Thun erfolgt die Baueingabe im Frühling 2008 in Biel im Frühsommer 2008. Danach beginnen wir mit der Vermarktung.» (Martin Kull, CEO HRS)


Auch in Aarau war ein erstes Projekt beim Stimmvolk gescheitert, im zweiten Anlauf klappte es aber dann. Wo lagen aus Ihrer Sicht hier die Gründe? 


Die erfolgreiche Abstimmung basiert bestimmt auf der Redimensionierung und Verkleinerung des Projektes, die unterschiedliche Sportarten zulässt. Zudem erfolgte eine bessere Einbindung der verschiedenen Sportvereine und Parteien.


Wie geht es nun mit den Projekten in Thun, Biel und Aarau weiter?


In Aarau warten wir auf die letzte Abstimmung: Finanzielle Zusage von der Stadt. Die Planung mit der Stadt läuft gut und das Projekt ist bei der Bevölkerung breit abgestützt. Wir hoffen für die Stadt Aarau, die Jugend und den Sport, dass sich auch das dieses Projekt umsetzen lässt. In Thun erfolgt die Baueingabe im Frühling 2008 in Biel im Frühsommer 2008. Danach beginnen wir mit der Vermarktung.


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Die Maladière in Neuenburg ist fertig gestellt, die Arena in St. Gallen im Bau, Thun und Biel werden folgen. Was die Projekte gemeinsam haben, ist die so genannte Mantelnutzung. Würden sich solche Projekte sonst überhaupt finanzieren lassen?


Ja, aber dann zulasten der Steuerzahlen, siehe Letzigrund. Durch die Mantelnutzung wird das Projekt nicht nur finanziert, sondern das wirtschaftliche Risiko wird ebenfalls vom Investor und den Nutzern getragen.


Die Swiss Prime Site AG ist die neue Eigentümerin der Bern-Arena. Zuvor hatte die HRS die Risikogarantie übernommen, die Arena rechtzeitig zur Eishockey-WM 2009 auf den modernsten Stand zu bringen. Wie konnten Sie die SPS überzeugen – für diese war es ja eine neue Art des Investments?


Einerseits gab das Naming PostFinance einen wirtschaftlichen Impuls, andererseits entsteht in Bern das grösste Eisstadion Europas. Das Stadion in Bern war und bleibt ein Traditionshaus für die Bevölkerung in Bern und Agglomeration und trägt zur Charakterisierung der Region bei.


Wäre in Bern ein Engagement über dasjenige des General-/Totalunternehmers möglich gewesen? In Neuenburg war HRS ja nicht nur Projektentwickler, sondern auch Mitinvestor.


Ja, das wäre durchaus möglich gewesen.


Sportstadien, der neue FIFA-Hauptsitz, die Arteplage Yverdon an der Expo.02, das Briefzentrum Ost in Zürich-Mülligen – nehmen Sie überhaupt kleinere Bauvorhaben an?


Selbstverständlich. Neben all diesen Schwerpunktprojekten zählen zahlreiche kleinere und mittlere Objekte zu unserem Kerngeschäft. 


Ab welchem Investitionsvolumen macht es Sinn, mit einem Generalunternehmer zusammenzuarbeiten?


Die Frage ist nicht nur das Investitionsvolumen, sondern auch die Komplexität des Bauvorhabens und die Option einer langfristigen Partnerschaft.


Welche Objekte sind für HRS generell von Interesse?


Projekte mit Perspektiven.


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Welches sind ausserhalb des Stadien-Bereiches die derzeit wichtigsten Projekte, in die HRS involviert ist?


Die Auswahl an Objekten ist sehr gross und bewegt sich von Spitälern, Kongresszentren, Hotels, Industriebauten, Laborgebäuden bis hin zu Mehrfamilienhäuser. Rundum die ganze Bandbreite im Hochbau. An diese Stelle erwähnen möchte ich das Spital Zug, den Stücki Park in Basel, das PMI (Philip Morris International R & D Campus) in Neuchâtel und Quartier de l’Innovation de l’EPFL in Lausanne.


«Nachhaltigkeit ist sowohl für den  Auftraggeber aber auch aus bauunternehmerischer Sicht oberstes Ziel.» (Martin Kull, CEO HRS)


Welchen Stellenwert hat bei Ihren Projekten Public Private Partnerships PPP, die Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft?


Einen sehr grossen, denn wir von HRS haben uns mit PPP-Projekten einen guten Namen gemacht. Wir arbeiten sehr erfolgreich und profitieren von dem hervorragenden Netzwerk, das wir über all die Jahre aufgebaut haben. Aber nicht nur wir profitieren. Bei all diesen Projekten entsteht eine win-win-Situation.


Der neue FIFA-Hauptsitz ist ein so genanntes «Zero Emmission»-Gebäude. Ist Nachhaltigkeit generell ein Trend im Bauen geworden und welche weiteren Trends lassen sich feststellen?


Nachhaltigkeit ist sowohl für den  Auftraggeber aber auch aus bauunternehmerischer Sicht oberstes Ziel. Nachhaltigkeit steht für Wirtschaftlichkeit, aber in erster Linie die Verantwortung gegenüber der Umwelt und den nächsten Generationen. Einen weiteren Trend sehen wir in multifunktionalen Bauten, wie zum Beispiel den Sportstadien mit Mantelnutzung, sprich Mehrfachnutzung der gleichen Grundfläche.


HRS wurde vor 45 Jahren gegründet, beschäftigt mittlerweile rund 150 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von 700 Mio. Franken. Wie sehen Sie Ihr Unternehmen in 10 Jahren positioniert?


Als CEO bin ich immer wieder gefordert nach neuen Projekten Ausschau zu halten und trage die Verantwortung für Kontinuität. HRS startete in der Ostschweiz, jetzt sind wir gesamtschweizerisch tätig und wer weiss, vielleicht eines Tages sogar im Ausland. Im Moment gibt es hierzulande noch viele interessante Aufgaben und Herausforderungen zu lösen, die wir mit Ehrgeiz und Freude anpacken. Ganz wichtig sind mir aber immer Visionen, die das gesamte Unternehmen fordern und eine gesunde Entwicklung mit sich bringen.


Herr Kull, wir bedanken uns für das Interview.





Zum Unternehmen:
HRS Hauser Rutishauser Suter AG gilt seit 45 Jahren als Garant für innovatives, wirtschaftliches Bauen. Mit einem Bauvolumen von CHF 700 Mio. p.a. und 150 Mitarbeitern gehört HRS zu den führenden Schweizer General-/Totalunternehmern. Hauptsitz ist Frauenfeld mit Niederlassungen in St. Gallen, Zürich, Bern, Basel, Fribourg, Neuchâtel, Lausanne/Crissier, Chur, FL-Vaduz. HRS konzentriert sich auf das reine Baumanagement, die Projektleitung und Projektoptimierung sowie Standort- und Projektentwicklungen und wo notwendig für die Finanzierung für eigene oder fremde Rechnung. Das Kundenspektrum umfasst zahlreiche namhafte Unternehmen, Banken, Pensionskassen, institutionelle Organisationen oder private Investoren sowie die Öffentliche Hand.


Zur Person:
Martin Kull, Jahrgang 1965, CEO und  Mitinhaber der HRS Hauser Rutishauser Suter AG in Frauenfeld. Seit 18 Jahren arbeitet der Bauingenieur bei der HRS. Akquirieren, Entwickeln, Realisieren, Verkaufen: Dahinter stehen die guten Kontakte zu Investoren, Behörden, Politik, Banken und zur Wirtschaft. Eine Chance für Bauten mit öffentlichem Nutzen sieht Martin Kull in «Public Private Partnership»-Projekten. Diese fordern nebst einem neuen Denken auch Qualitäten im Zusammenführen von Interessen und Interessengruppen.

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