Die Unwillensnation

Von Helmuth Fuchs


Die Annahme der Initiative zur Festschreibung des Verbots von Minaretten in der Bundesverfassung lässt eigentlich nur Verlierer zurück. Reale Probleme wie die Beschneidung von Mädchen, die Zwangsverheiratung, das Fehlen von demokratischen Werten in islamischen Staaten wurden hier auf unsägliche Weise vermischt mit einer Vorschrift zur Verhinderung der baulichen Repräsentanz islamischer Werte. Die Schweizer Bürger, sonst sehr oft eine Stimme der Vernunft, haben hier die geringe intellektuelle Leistung, die nötig gewesen wäre um die Unsinnigkeit dieser Initiative zu durchschauen, verweigert und der Aufnahme des Bauverbots in die Bundesverfassung zugestimmt.


Ein Hauch von Absurdistan
In diesem für die politische aber auch mentale Verfassung eines Volkes so bedeutenden Dokument standen bis jetzt folgende Verbote: Verbot der Todesstrafe, Verbot der Folter, Verbot der Zensur, Verbot des Organhandels oder das Instruktionsverbot bei Abstimmungen für Mitglieder der Bundesversammlung. Und jetzt das Verbot zum Bau von Minaretten. Willkommen in Absurdistan.


Wenn selbst ein Kloster nicht bauen darf
Wie unnötig das Verbot ist, zeigt ein reales Beispiel eines katholischen Bauvorhabens. Seit Jahren bemüht sich das Kloster Einsiedeln darum, auf der zu ihrem Besitz gehörenden Insel Ufnau im Zürichsee ein baufälliges Restaurant durch einen volumenmässig kleineren Bau des weltweit ausgezeichneten Architekten Peter Zumthor zu ersetzen. Einzelne Interessensgruppen und ein Verband blockieren das Projekt seit Jahren und ohne absehbares Ende. Wenn es also einem Kloster nicht gelingt, auf dem eigenen Grund «dank» Bauvorschriften und Zonenverordnungen ein Restaurant zu bauen, wie sollen wohl islamistische Gemeinschaften die Schweiz mit Minaretten überziehen?


Regierung im Blindflug nach unten
Die Abstimmung ist ein weiteres Armutszeugnis unserer Regierung. Ihr ist es nicht gelungen, dem Stimmvolk den Unsinn der Initiative aufzudecken. Bis zuletzt glaubten die Bundesräte den Prognosen Claude Longchamps vom gfs.bern und betrachteten das Wahlkampftreiben präsidial gelassen. In der letzten Zeit wurde von den zuständigen Bundesräten die Wirtschaftskrise bis zum bitteren Ende verneint und verniedlicht, dafür die im Vergleich zur normalen Wintergrippe harmloser verlaufende Schweinegrippe zum Untergangsszenario hochgeredet. Wenn planmässig die realen Probleme verschlafen oder falsch eingeschätzt werden und diffuse Ängste das Denken verdrängen, wird aus der einstigen Willensnation Schweiz die Unwillensnation im Herzen Europas.


Zustimmung, Ablehnung, andere Meinnung?
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Die Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» ist am 8. Juli 2008 eingereicht worden. Sie verlangt eine Ergänzung von Artikel 72 der Bundesverfassung mit einem dritten Absatz, der die Errichtung neuer Minarette in der Schweiz umfassend und ausnahmslos verbietet.


Art. 72 Kirche und Staat
1 Für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat sind die Kantone zuständig.

2 Bund und Kantone können im Rahmen ihrer Zuständigkeit Massnahmen treffen zur Wahrung des öffentlichen Friedens zwischen den Angehörigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften.

3 (neu) Der Bau von Minaretten ist verboten.


Text der Bundesverfassung…


Botschaft des Bunderates zur Initiative…

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