Dr. Thomas Villiger, CEO Mepha Gruppe: «In der Schweiz fehlen bisher echte Anreizsysteme»

von Patrick Gunti


Moneycab: Herr Villiger, die Mepha-Gruppe hat ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr hinter sich. Der Umsatz konnte um 20 % gesteigert werden, in der Schweiz wurde sogar ein Umsatzplus von 40 % erzielt. Wo liegen die Hauptgründe für dieses Wachstum?


Thomas Villiger: Der Erfolg von Mepha beruht auf qualitativ hochwertigen Produkten mit innovativem Zusatznutzen, günstigen Preisen, einem sehr breiten Sortiment und attraktiven Dienstleistungen für Ärzte, Apotheker und Patienten. Unser Wachstum in der Schweiz lässt sich vor allem auf die gestiegenen Bekanntheit und Akzeptanz von Generika und die Einführung von 16 umsatzstarken Generika zurückführen.


Seit dem 1. Januar 2006 profitieren die Konsumenten von einem tieferen Selbstbehalt für Generika. Wird damit das Wachstum im laufenden Jahr die Werte des Vorjahres übersteigen?


Wir sind überzeugt, dass sich der tiefere Selbstbehalt für Generika positiv auf die Generika-Marktentwicklung auswirken wird. Denn diese Massnahme ist ein geeignetes Mittel, um das Sparpotenzial von Generika besser zu nutzen. Kostenbewusste Patienten sparen im eigenen Portemonnaie, da sie mit Generika wesentlich weniger Selbstbehalt bezahlen. Das Wachstum des Generika-Marktes wird jedoch durch die verordneten Preissenkungen gebremst werden.


Sehr erfolgreich ist Mepha auch in Portugal und Ekuador tätig. Wie ist die Situation in diesen beiden Ländern, die einen solchen Erfolg mit Generika zulassen?


Portugal hat schon vor Jahren einen tieferen Selbstbehalt auf Generika eingeführt. Die Massnahme der portugiesischen Regierung hat sich positiv auf unser Geschäft ausgewirkt. In Ekuador waren wir so erfolgreich, weil wir dort in Fernsehwerbung investiert haben.



«Das Wachstum des Generika-Marktes wird jedoch durch die verordneten Preissenkungen gebremst werden.» Dr. Thomas Villiger, CEO Mepha Gruppe


Mepha erwirtschaftet 54 % des Umsatzes im Ausland. Welche Chancen rechnen Sie sich langfristig im hartumkämpften internationalen Markt aus?


Wir sind bestrebt, auch im Ausland weiter zu wachsen.


Im Schweizer Generika-Markt ist Mepha die Nr.1. Verlassen Sie sich beim weiteren Wachstum der Mepha-Gruppe auf die prognostizierten Wachstumsraten im Generika-Markt oder fassen Sie auch Akquisitionen ins Auge?


Wir wollen aus eigener Kraft wachsen und planen im Moment keine Akquisitionen.


Mepha will nicht einfach Kopien von Medikamenten, sondern auch Generika mit einem Zusatznutzen für den Patienten lancieren. Deshalb investieren Sie viel Geld in Forschung und Entwicklung. Als besondere Innovationen hebt Mepha den Nasenspray Xylo-Mepha und das Malaria-Medikament Artequin Paediatric hervor. Was sind die herausragenden Eigenschaften dieser Produkte?


Xylo-Mepha® ist ein Nasenspray zur Behandlung von Schnupfen, der dank eines innovativen Sprühsystems ohne Konservierungsmittel auskommt. Konservierungsmittel können Allergien auslösen und die Nasenschleimhaut schädigen. Mepha hat bewusst darauf verzichtet. Mit Artequin Paediatric lanciert Mepha demnächst die erste hochwirksame Kombinationstherapie (d.h. Kombination aus zwei Wirkstoffen) zur Behandlung von Malaria bei Kleinkindern. Das Artequin Paediatric Pulver bietet erhebliche Vorteile, da es Kleinkindern ohne Wasser verabreicht werden kann. Schon nach einer Behandlungsdauer von nur drei Tagen sind bis zu 100% der Kinder geheilt.


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Sie planen für das laufende Jahr die Einführung von 12 neuen Produkten. Um was für Generika handelt es sich dabei?


Im Januar haben wir unser erstes Generikum gegen Krebs eingeführt. Weitere Generika im Onkologie-Bereich werden noch in diesem Jahr folgen. Auch Produkte gegen andere Krankheiten sind geplant.


Sind Generika mittlerweile in allen wichtigen medizinischen Fachgebieten erhältlich?


Generika sind gegen die meisten wichtigen Krankheiten vorhanden. Mepha führt mit rund 100 Produkten eine der breitesten Generika-Produktpaletten. Mepha-Generika gibt es beispielsweise gegen:


· Schmerzen, Gicht, Rheuma
· Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems
· Infektionen, Pilzerkrankungen, Akne
· Depressionen und Parkinson
· Malaria
· Magenübersäuerung und Durchfall
· Diabetes
· Nierenprobleme
· Halsschmerzen, Husten, Schnupfen
· Vitaminmangel
· Epilepsie
· Krebs



«Praxisärzte verschreiben Patienten nach der Spitalentlassung meist dasselbe Medikament, das sie schon im Spital erhalten haben.» Dr. Thomas Villiger, CEO Mepha Gruppe


Trotz des Wachstums von Mepha in den letzten Jahren und obwohl der Schweizer Generika-Markt aufgeholt hat, fällt die Schweiz im europäischen Vergleich noch immer ab. Der Marktanteil beträgt 8,3 %, im Vergleich mit z.B. 23 % in Deutschland. Was läuft schief?


In der Schweiz fehlen bisher echte Anreizsysteme. Durch die Einführung eines tieferen Selbstbehalts für Generika per 1. Januar 2006 wird das Sparpotenzial von Generika in Zukunft besser genutzt.


Ein wichtiger Faktor ist der, ob die Ärzte und Apotheken ihren Patienten und Kunden Originalpräparate oder eben Generika verschreiben. Was für Erwartungen haben Sie an Ärzte und Spitäler?


Das Engagement von Fachpersonen für Generika hat in den letzten Jahren gesamthaft stark zugenommen. Seit der Ankündigung der neuen Selbstbehalt-Regelung erhalten wir täglich zahlreiche Anrufe von Fachpersonen, die sich für unsere Produkte interessieren und ihre Patienten besser aufklären möchten. Spitäler nutzen die Vorteile von Generika bisher wenig. Dieses Verhalten beeinflusst die Medikamentenwahl langfristig. Dies ist mit ein Grund dafür, weshalb das Sparpotenzial von Generika in der Schweiz noch nicht so starkt ausgeschöpft wird. Denn Praxisärzte verschreiben Patienten nach der Spitalentlassung meist dasselbe Medikament, das sie schon im Spital erhalten haben.


Der Konsument hat ja das Recht, Generika zu verlangen. Laut einer Marktforschungsstudie, die Mepha in Auftrag gegeben hat, sind 88 % der Befragten bereit, ein Generika zu akzeptieren. In der Praxis sieht es aber anders aus. Nur gerade 36 % haben ihren Arzt oder Apotheker je nach einem Generika gefragt. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?


Vor der Einführung des tieferen Selbstbehalts auf Generika bestand für Patienten kein grosser Anreiz, Generika zu verlangen. Deshalb haben wahrscheinlich viele Patienten einfach das Medikament akzeptiert, das ihnen der Arzt oder Apotheker abgegeben hat.




Zur Person:
seit 2002: Verwaltungsrat der Sigvaris / Ganzoni Gruppe
seit 2001: Verwaltungsrat der Dolder AG
seit 1997: CEO der Mepha Gruppe / Delegierter im Verwaltungsrat der Mepha Holding AG
1990-1997: Mepha Aesch, Technischer Direktor
1986-1990: Mepha Aesch, Betriebsleiter 
1980-1986: SANDOZ Basel
– Projektleiter in der pharmazeutischen Verfahrenstechnik
– 2 Jahre Betriebsleiter der pharmazeutischen Produktion in Japan
– Sektorenleiter flüssige Arzneiformen
1976-1979: ETH Zürich, Assistentenstelle parallel zur Dissertation
1973-1976: ETH Zürich, Pharmazie-Studium


Zum Unternehmen
2005 steigerte auch die Mepha Gruppe ihren Umsatz um 20% von 218 auf 261 Mio. Franken. Zu den erfolgreichsten Märkten der Gruppe gehörten neben der Schweiz Portugal und Ekuador. Insgesamt hat die Mepha Gruppe im vergangenen Jahr über 22 Mio. Franken in die Forschung und Entwicklung investiert. Zu den Schwerpunkten zählen die Weiterentwicklung von Generika und die Forschung im Bereich Malaria. Noch in diesem Jahr wird das Unternehmen das weltweit erste Malaria-Kombipräparat für Kleinkinder lancieren, das ernorme Vorteile in der Anwendung aufweist und zu sehr guten Heilungserfolgen führt. Die Mepha Gruppe rechnet im laufenden Jahr mit einem Umsatzwachstum von rund 17%. Am stärksten wird das Unternehmen in der Schweiz, Portugal und Saudiarabien wachsen. In der Schweiz wird Mepha voraussichtlich über 30 neue Stellen schaffen.

Als Tochterunternehmen der weltweit tätigen Mepha konzentriert sich die Mepha Pharma AG auf den Schweizer Markt. Die Firma, deren Unternehmenssitz sich wie auch jener der Mepha Gruppe in Aesch / BL bei Basel befindet, ist der führende Anbieter von Generika in der Schweiz. Rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen in den Abteilungen Verkauf, Marketing, Scientific Affairs, Kundendienst sowie Logistik und Versand entscheidend zum Unternehmenserfolg bei.

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