Drama an der Wall Street: Lehman insolvent – Merrill Lynch verkauft
Die Umbrüche lösten Angst vor Turbulenzen an den Finanzmärkten aus. Weltweit gingen die Börsen auf Talfahrt. Notenbanken und Finanzbehörden betonten ihre Bereitschaft, zur Stabilisierung der Märkte einzugreifen. Die grössten Bankkonzerne, darunter die Deutsche Bank , legten einen 70 Milliarden Dollar schweren Unterstützungfonds auf, um sich gegenseitig auszuhelfen. Damit verändert sich das Gesicht der amerikanischen Finanzbranche drastisch: An der Wall Street gibt es nun mit Goldman Sachs und Morgan Stanley nur noch zwei unabhängige Investmentbanken statt fünf vor einem halben Jahr.
Lehman Brothers: Washington winkt ab
Lehman Brothers, die viertgrösste amerikanische Investmentbank, beantragte am Montagmorgen Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US- Insolvenzrechts. In dem Verfahren kann sie zunächst einmal ihre Geschäfte weiterführen, ohne von ihren Geldgebern überrannt zu werden. Die verzweifelten Rettungsbemühungen für Lehman Brothers scheiterten letztlich daran, dass die US-Regierung in anderen Fällen geleistete Staatshilfen ausschloss und die Branche nicht bereit war, die milliardenschweren Risiken zu übernehmen. Das Problem von Lehman waren vor allem vom Ausfall bedrohte Kreditpapiere aus dem Immobiliensektor.
50 Milliarden Dollar für Merrill Lynch
Die drittgrösste Investmentbank Merrill Lynch wurde in der Nacht zum Montag von der Bank of America aufgefangen. Die Lage bei Merrill war nicht so akut wie bei Lehman Brothers, sie litt jedoch auch unter Milliardenverlusten und fallenden Aktienkursen. Die Bank of America, die lange auch als Retter für Lehman umworben wurde, zahlt für Merrill Lynch rund 50 Milliarden Dollar in Aktien.
Selbsthilfefonds
Während Notenbanken weltweit bereitstanden, um für Stabilität an den Finanzmärkten zu sorgen, legte die Branche eine Art Selbsthilfefonds auf. Zehn internationale Bankkonzerne bildeten einen Topf mit 70 Milliarden Dollar, um sich gegenseitig bei möglichen Liquiditätsengpässen zu helfen.
AIG ersucht Fed um 40 Milliarden Dollar
Unterdessen kündigt sich das nächste Drama beim amerikanischen Versicherungsriesen American International Group (AIG) an. AIG, einer der weltgrössten Versicherer, habe die US-Notenbank um einen Überbrückungskredit von 40 Milliarden Dollar gebeten, berichtete die «New York Times». Damit solle eine drohende Herabstufung des Kreditratings bereits am Montag verhindert werden. Mit der Senkung des Ratings durch die Agenturen hätten Geldgeber ihre Mittel zurückfordern können. «AIG hätte nur noch 48 bis 72 Stunden zu leben gehabt», zitierte die Zeitung einen Insider.
Weitere Mittel benötigt
Anderen Medienberichten zufolge will AIG am Montag einen drastischen Umbau ankündigen. Das «Wall Street Journal» berichtete, der Konzern wolle umfangreiche Sparten wie die weltweit führende Flugzeugleasing-Tochter ILFC verkaufen. Neue Investoren sollen zudem für eine dringend benötigte weitere Finanzspritze von mehr als zehn Milliarden Dollar (7 Mrd Euro) sorgen. AIG erlitt zuletzt Milliardenverluste und der Aktienkurs fiel um 45 Prozent. (awp/mc/ps/16)