Ernst Wyrsch, Hotel Steigenberger Davos: Interview zwischen WEF und Baronen
Von Tanja Hess
Moneycab: Herr Wyrsch, Sie sind ein Gastgeber der wichtigsten Leute des wichtigsten Wirtschaftstreffen der Welt. Wie sieht die Strategie der Gäste Akquisition des Grandhotel Belvédère am WEF aus? Heisst es für Sie, möglichst viele Politiker ins Haus zu bringen? Oder stehen andere Dinge im Vordergrund?
Ernst Wyrsch: In der Tat nein. Bei der Gästeakquirierung geht es nicht nur um Politiker. Ganz im Gegenteil. Wichtig ist es, dass ich die richtige Mischung von Personen im Haus habe. Wenn ich ¾ der Leute aus der Wirtschaft bei mir zu Gast habe und der verbleibende Viertel dann Politiker sind, dann habe ich mein Ziel erreicht. Das ganze WEF ist eine gewachsene Struktur, 34 Jahre Erfahrung liegen hinter uns. Das WEF, das sind «einige wenige Tage im Winter», da stellt sich natürlich die Frage nach den restlichen Tagen. Aus wirtschaftlichen Überlegungen muss ich mich auch dieser Frage stellen.
Unser Haus lebt auch zu einem grossen Teil von Incentive-Arrangements. Da ist es also von grösster Wichtigkeit, die richtigen Wirtschaftsleute von der Attraktivität des Grandhotels Belvédère und der Tourismusregion Davos zu überzeugen. Nur wenn wir das Bild vermitteln können, dass man bei uns sowohl höchsten Luxus und grösste Entspannung, gepaart mit entsprechenden Freizeit-Events haben kann, dann wird der CEO seine wertvollsten Leute zu uns schicken.
Hat es auch mit Prestige zu tun?
Sehen Sie, für die grossen Häuser in Davos geht es beim WEF um sehr differenzierte und umfassende Dinge. Sprechen wir mal zuerst vom Prestige. Von grosser Bedeutung für mich war es, dass die wichtigste Person des WEF bei uns residiert. Das bringt uns am meisten Publicity. Einerseits schaut die Ganze Welt, was Dick Cheney und die andern Politiker bei uns sagen. Andererseits sieht man, wie es im Steigenberger aussieht, wie der Gast hier bei uns residiert. Darauf bin ich dann also auch stolz, dass Dick Cheney, Nelson Mandela oder Bill Clinton jeweils bei uns residierten.
Doch das WEF lebt nicht nur von den Hotelbetten. Wie sieht denn die WEF-Woche aus?
Die Leute wollen ja nicht nur schlafen bei uns, sie wollen auch essen, Empfänge geben und miteinander Geschäftliches besprechen, Kontakte herstellen.
Wenn wir in der Hochsaison mit 125 Angestellten arbeiten, dann sind wir beim WEF auf die Mitarbeit von 245 Leuten angewiesen. Da gehen dann schon mal 500 bis 700 Frühstücke über den Tresen oder auch 1500 mehrgängige Mittagessen. Das Unvorstellbare von 2500 Nachtessen ist dann auch an der Tagesordnung. Da muss nicht nur die Küche durchorganisiert sein, auch von den Mitarbeitern wird Einiges verlangt. Viele Gäste kommen gleich mehrmals pro Tag ins Steigenberger. Dieses Jahr konnten wir auch die Räumlichkeiten des erstklassigen Kirchnermuseums dazunehmen bei den Veranstaltungen. Das war eine gute Zusammenarbeit. Die Organisation des WEFs beschäftigt uns übers ganze Jahr.
Weiter hinzu kommt dann der Aspekt der Sicherheit…
Am WEF ist die Sicherheit gross geschrieben. Das ist bei uns natürlich absolut prioritär. Die Frage, ob man das gewährleisten kann, beantworte ich so: «Wir können es!» Dafür haben wir über die Jahre eine ausgefeilte und ebenso eingespielte Lösung gefunden. Unsere Personalphilosophie haben wir dahin entwickelt, dass jeder, der mal bei uns gearbeitet hat, sicher auch gern wieder zu uns kommt. Da wir den Angestellten in einer umfassenden Weise in alle Geschehen bei uns im Haus miteinbeziehen, kommen auch viele Angestellte immer wieder gerne zu uns zurück zum arbeiten. Gerade beim WEF arbeiten wir dann mit diesen Leuten, die den Vorteil haben, dass sie den Betrieb kennen. Denn auch für die Angestellten ist es ein besonderer Anlass während des Weltwirtschaftgipfels bei uns mit dabei zu sein. Auf dieser Basis also können wir einen Service auf äusserst hohem Niveau bieten.
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Ihre Gäste sind anspruchsvoll. Wie gehen Sie damit um, alle Wünsche erfüllen zu müssen?
Unser Haus lebt mit einer Philosophie, der «Ja-Philosophie». Lassen Sie mich diese erklären.
Wir haben Gäste, die auch mal anspruchsvolle Wünsche haben. Von unserer Seite erhält dann der Gast immer ein Ja. «Ja, wir machen das. Ja wir bringen Ihnen das, ja wir können das für Sie erledigen.» Damit bieten wir nicht nur dem Gast das Gefühl, dass wir alles für ihn tun, und dass wir seine Wünsche wahrnehmen. Auch das Personal kann aus dieser Situation nur profitieren. Hat der angesprochene Angestellte auch mal keinen Lösungsvorschlag, so kann er zum nächsten Angestellten gehen oder diesen um Mithilfe bitten. Im Endeffekt haben wir zwei Glückliche: Den Gast, weil sein Wunsch erfüllt werden konnte, der Angestellte, weil er die Aufgabe zur Zufriedenstellung lösen konnte.
Der Angestellte ist unsere Ressource und für das Management von entsprechender Bedeutung. Deshalb kennt das Grand Hotel Steigenberger auch keine ausschliessende Reglementierungen für das Personal. Der Angestellte darf bei uns zum Beispiel den ganzen Wellnessbereich gebrauchen, vielleicht nicht gerade zur Spitzenzeit, wenn alle relaxen und baden wollen, oder die Angestellten dürfen auch in einem der Restaurants speisen. Damit wechseln sie nicht nur die Perspektive, sie können auch sehen, dass ihre Arbeit eine hohe Perfektion hat. Und auch sie geniessen die Gediegenheit unseres Hauses.
In einem hart umkämpften Markt braucht es klare Positionen, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Wie sehen die Ausrichtungsstrategien des Steigenbergers Grandhotel Belvédère aus?
Wir richten uns immer mehr auf einen Ganzjahresbetrieb ein. Dieses Fernziel versuchen wir zu erreichen, indem wir die Zeiten nach der Herbstsaison nutzen. Gerade für Incentives ist das eine Ideale Zeit. Denn auch im November kann die Bergwelt bezaubern. Im November sieht unser Haus dann wie ein Seminarhotel aus, während es zu den beiden Hauptsaisons, im Winter und Sommer, ein Ferienhotel ist. Wir beginnen uns also auch auf das Atypische zu spezialisieren. Das Steigenberger hat in den letzten 129 Jahren von der guten Energie gelebt, wir haben noch viel davon.
Wenn es an Ihnen ist zu wünschen, was wäre Ihr Wunsch?
Dass wir Schweizer positiver, aufgeschlossener und zukunftsgläubiger werden. Grosse Herausforderungen wie WEF, aber auch EM, WM oder Olympia, bergen enorme Chancen und nicht in erster Linie Probleme.
Der Gesprächspartner
Ernst Wyrsch, *1961
1990 Dipl. Hotelier SHV/VDH
1990 übernahm er mit einer Ehefrau Sylvia die Direktion des Alpenschlosshotel Castell in Zuoz, welches sie bis 1996 leiteten. Seit 1996 dirigiert Ernst Wyrsch das Fünfsternehaus Steigenberger Belvédère in Davos.
Seit 1998 Präsident HC Davos
Wyrsch ist Vater von zwei Kindern.