EU droht wegen VW-Gesetz mit Sanktionen – Deutscher Bundesrat stimmt neuem VW-Gesetz zu

Im Kampf gegen die Sonderrechte des Bundeslandes gibt der Sportwagenbauer, der 2009 Volkswagen endgültig unter seine Kontrolle bringen will, aber nicht auf und legte Berufung ein. Die EU-Behörde trieb in Brüssel das laufende Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht weiter in Richtung einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) voran. Berlin muss innerhalb von zwei Monaten reagieren. Das höchste EU-Gericht kann hohe Zwangsgelder gegen Deutschland verhängen. Während der Autokonzern Porsche den Schritt begrüsste, hielt die Bundesregierung an der Neufassung des VW- Gesetzes mit den Extrarechten für Niedersachsen fest.


20 Prozent Sperrminorität verstossen gegen EU-Recht
Die EU-Behörde stösst sich daran, dass auch die jüngst beschlossene Neufassung des VW-Gesetzes dem Land Niedersachsen bei wichtigen Entscheidungen ein Vetorecht in der VW-Hauptversammlung gibt. «Wir beharren darauf, dass die 20 Prozent Sperrminorität (für das Land Niedersachsen) gegen EU-Recht verstossen», sagte der Sprecher von EU- Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy. Nach dem deutschen Aktienrecht ist eine Sperrminorität erst bei einem Anteil von mindestens 25 Prozent möglich. Hannover hält nur rund 20 Prozent.


Kern eines Dauerstreits zwischen Porsche und Niedersachsen
Das VW-Gesetz ist auch Kern eines Dauerstreits zwischen den beiden Grossaktionären Porsche und Niedersachsen. Die Sonderstellung Hannovers stösst auf den erbitterten Widerstand des Stuttgarter Sportwagenherstellers. Bisher hält Porsche 42,6 Prozent der VW- Anteile und hat sich weitere 31,5 Prozent über Optionen gesichert. «Wir begrüssen diese Stellungnahme der EU-Kommission», sagte ein Porsche-Sprecher in Stuttgart. Der Sportwagenhersteller will im kommenden Jahr die Mehrheit der VW-Anteile übernehmen. Vor dem Landgericht Hannover hatten die beiden grössten VW- Anteilseigner Beschlüsse der VW-Hauptversammlung vom April angefochten, in der sich beide gegenseitig blockiert hatten. Das Gericht gab Niedersachsen recht und wies eine Klage von Porsche zurück. Nachdem der Europäische Gerichtshof bestimmte Sonderrechte für unwirksam erklärt hatte, wollte Hannover diese Bestimmungen in der Satzung streichen lassen. Porsche beantragte jedoch zusätzlich, die Sperrminorität zu kippen, was Niedersachsen wiederum ausgenommen hatte, und lehnte in der Hauptversammlung den Antrag Niedersachsens ab. Dies sei unsachlich, widersprüchlich und verletze die Treuepflichten als Aktionär, befand das Gericht. Porsche habe nicht verhindern dürfen, was das Unternehmen zum Teil selbst in der Satzung streichen lassen wolle.


Positionen verhärtet
In der Sperrminorität bei VW sah das Gericht zudem kein staatliches Sonderrecht, weil es für jeden Investor gelte. Ein Porsche-Sprecher nannte die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehbar. «Wir werden in beiden Verfahren Rechtsmittel einlegen und haben in der Sache einen langen Atem», sagte er. In Brüssel machte die Kommission deutlich, dass die Positionen verhärtet sind: «Am Ende des Tages geht es darum, dass es eine rechtliche Klärung gibt. Das kann nur der EuGH», sagte der Sprecher McCreevys. Im Verfahren habe Deutschland geantwortet, «dass sie unsere Bedingungen nicht erfüllen wollen». Die möglichen Zwangsgelder des EuGH gegen Berlin können nach früheren Angaben aus Regierungskreisen bis zu 100 000 Euro pro Tag betragen. Die Kommission argumentiert, das fast 50 Jahre alte Gesetz behindere den freien Kapitalverkehr in der EU. «An unserer Rechtsauffassung hat sich definitiv nichts geändert», konterte die Sprecherin der federführenden Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), Eva Schmierer, in Berlin. Allerdings werde das Thema innerhalb der Regierung sicher noch einmal im Licht der neuen Entwicklung besprochen. Die Bundesregierung werde sich dann innerhalb der Zweimonatsfrist gegenüber der Kommission äussern.


Zustimmung der Länderkammer gilt als sicher
An diesem Freitag wird der Bundesrat abschliessend das neue VW- Gesetz beraten. Die Zustimmung der Länderkammer gilt als sicher. Der erbitterte Streit um das VW-Gesetz zieht sich seit Jahren hin. Im Oktober 2007 kippten die obersten EU-Richter zentrale Punkte des Schutz-Gesetzes für Volkswagen, nicht dagegen die Sperrminorität, die ein Anteilseigner schon mit 20 Prozent erhält. Am 13. November nahm der Bundestag mit grosser Mehrheit die Novelle an. Berlin hatte argumentiert, dass sich das Urteil der obersten EU-Richter gegen ein bestimmtes Bündel an Regelungen im früheren VW-Gesetz gewandt hatte, nicht aber für sich genommen gegen die 20-Prozent-Sperrminorität.


Angst vor Werkschliessungen und Stellenabbau
Aus Angst vor Werkschliessungen und Stellenabbau stehen die VW- Betriebsräte hinter der starken Stellung des Landes Niedersachsen. Laut VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh wird die Kommission mit ihrer Haltung zum VW-Gesetz Schiffbruch erleiden, weil das vom Bundestag vor zwei Wochen beschlossene Gesetz mit EU-Recht vereinbar sei. Die EU-Kommission mische sich in nationale Belange ein und handele gegen die Interessen von Arbeitnehmern. «Gerade in Krisenzeiten zerstört dies das Vertrauen der Menschen in Europa.»


Deutscher Bundesrat stimmt neuem VW-Gesetz zu
Der Bundesrat hat heute Freitag grünes Licht für die Neufassung des VW-Gesetzes mit der starken Position für das Land Niedersachsen gegeben. Die Länderkammer stimmte am Freitag in Berlin zu. Damit riskiert Deutschland erneut eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Nach Ansicht der EU-Kommission behindert auch das neue VW-Gesetz den freien Kapitalverkehr. awp/mc/gh/04)


 

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